Wie sinnvoll sind alte Erziehungsmethoden eigentlich noch?

Mutter küsst ihren kleinen Sohn im Regen auf den Mund
©Unsplash/Noah Hinton

Unsere Autorin glaubt nicht daran, dass man Babys und Kinder verwöhnen kann

„Du musst sie auch einmal schreien lassen, sonst verwöhnst du sie!“, „Also wenn du nachts nicht hart bleibst, wird sie auch mit zehn noch bei dir im Bett schlafen!“ oder „Da muss sie halt jetzt durch.“ Das sind alles Sätze, die ich seit Krawallis Geburt von verschiedenen, meist älteren Leuten, zu hören bekommen habe. Und sie entsprechen absolut nicht meinem Erziehungsstil.

Diese Sprüche kommen von einer Generation, in der anders erzogen wurde. Wo man dachte, man könne kleine Kinder, Babys, verwöhnen. Kann man meiner Meinung nach nicht, und auch viele Experten sind hier mit mir konform.

„Ich höre bei der Erziehung auf mein Herz.“

Nora Imlau zum Beispiel, sie erklärt in ihrem Buch „Das Geheimnis zufriedener Babys“ wundervoll, wieso man sein Baby gar nicht verwöhnen kann. Attachement Parenting heißt eines der neuen Stichworte. Kurz und knapp erklärt bedeutet AP, wie es gerne abgekürzt wird: Ich höre bei der Erziehung auf mein Herz. Und ich gehe davon aus, dass mein Kind als guter Mensch auf die Welt gekommen ist.

Ganz besonders wichtig: Ich orientiere mich an den Bedürfnissen meines Kindes, ich erteile ihm keine Lektionen fürs Leben – dass das Leben nicht nur eitel Sonnenschein ist, das lernt es von alleine. Ich unterstütze mein Kind. Auch Alfie Kohn zum Beispiel erklärt sehr gut, welche Fehler die alten Erziehungsmuster seiner Meinung nach haben. Strafe und Belohnung, „brave“ Kinder, all das sind Dinge, die hinterfragt werden. Und denen ich absolut zustimmen kann.

Sind denn dann alte Erziehungsmodelle noch aktuell? In manchen Punkten vielleicht, zum Beispiel, dass Kinder Regeln brauchen. Ich spreche hier nämlich nicht von „Laissez fair“, die Kinder also tun und machen zu lassen wie sie wollen. Ich spreche von einem liebevolleren und verständnisvolleren Umgang mit unseren Kindern. Sie nicht wie früher so oft als unfertige Menschen anzusehen, die wir erst formen und erziehen müssen.

„Sie muss nicht lernen alleine zu sein.“

Unsere Kinder sind perfekt wie sie sind, und wir müssen ihnen nur helfen, sich in dieser Welt zurecht zu finden. Und wenn mein Kind nachts Angst im Dunkeln hat, dann muss es nicht alleine durch diese Angst, das würde ich auch nicht wollen. Wenn mein Kind mich braucht, bin ich für es da. Wenn meine Tochter meine Nähe braucht, und nicht im Kinderwagen liegen möchte, dann nehme ich sie heraus. Sie muss nicht lernen alleine zu sein.

Sie soll wissen, dass Mama immer auf sie achtet, ihr immer die Nähe und Geborgenheit und Liebe geben wird, die sie gerade braucht. Und wer schon einmal schlimmes im Leben durchmachen musste, der weiß, dass Nichts einen auf so etwas vorbereiten kann. Und Schöner ist es allemal, wenn bis dahin wenigstens alles toll war. Und wer denkt, sie wird dadurch verwöhnt, nicht abgehärtet oder lernt nicht fürs Leben, der hat vielleicht selbst nicht genug dieser Liebe bekommen. Denn ich bin überzeugt: Gerade, weil ich immer für sie da bin und sie nie alleine mit Kummer, Angst oder Sorgen lasse, ist sie schon jetzt zu einem kleinen selbstbewussten Menschen geworden.

Interview: Was hattest du über das Muttersein gerne vorher gewusst?