Frühgeburt – Risiko, Überlebenschancen und Spätfolgen

Frühchen liegt nach der Frühgeburt in einem Inkubator
Wodurch kann eine Frühgeburt ausgelöst werden? Kann man vorbeugen? Ab wann ist mein Baby kein Frühchen mehr?
© Bigstock/ Ondrooo

In Deutschland kommen rund 50.000 Kinder im Jahr durch eine Frühgeburt zur Welt. Die gute Nachricht: Die Überlebenschancen von Frühchen steigen dank medizinischer Fortschritte immer weiter an.

Wodurch eine Frühgeburt ausgelöst werden kann und wie du vorbeugen kannst, liest du hier. Außerdem beantworten wir dir deine Fragen zu Risiken und Spätfolgen für dein Frühchen.

Ab wann ist mein Baby kein Frühchen mehr?

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gilt ein Kind dann als frühgeboren „wenn es früher als drei Wochen vor dem errechneten Termin – also vor dem Ende der 37. Schwangerschaftswoche – zur Welt kommt“ oder, wenn das Kind bei der Geburt weniger als 2500g wiegt.

Es gibt verschiedene Gruppen von Frühchen:

  1. extreme Frühchen werden bis zur 28. SSW geboren – Überlebenschance rund 67%
  2. sehr frühe Frühgeburten passieren zwischen SSW 28 und 31 – Überlebenschance rund 95%
  3. mäßig früh Geborene kommen zwischen der 32. und der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt – Überlebenschance rund 98%

So sieht die Lage in Deutschland aus

Die Frühgeborenen-Rate in Deutschland ist eine der höheren in Europa. Ungefähr jedes achte Kind (rund 8,64 Prozent) kommen als Frühchen zur Welt. 2016 waren das laut dem Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ e.V. 66.851 Frühgeburten.

Rund sechs Prozent der Frühchen kamen 2016 mit einem Gewicht von weniger als 1.500 Gramm auf die Welt. 4.579 der Frühgeborenen waren Extremfrühchen – knapp 60 Prozent verstarben während der ersten Lebenswoche.

Frühgeburt: Überlebenschance von Frühgeborenen

Dank medizinischem Fortschritt haben Frühgeborene heute eine weitaus höhere Überlebenschance haben als noch vor ein paar Jahren. Eine Frühgeburt kann heute rechtzeitig erkannt, herausgezögert oder sogar verhindert werden. Dadurch können die Ungeborenen noch weiter reifen – und mit jedem Tag steigen die Überlebenschancen des Babys..

Das Erreichen der 24. SSW gilt als Grenze der Lebensfähigkeit. Das heißt, dass ein Frühchen ab diesem Zeitpunkt theoretisch (mit medizinischer Hilfe) überleben kann. Ab erreichen der 28. Woche liegen die Überlebenschancen laut der BZgA schon bei 95 Prozent.

Auch Extremfrühchen können es schaffen

Dass Kinder auch als extreme Frühgeborene überleben können, zeigt die Geschichte der kleinen Frieda. Sie am Ende der 21. SSW geboren und hat überlebt. Heute ist die Kleine acht Jahre alt.

Hier kannst du auch die Geschichte vom Extremfrühchen Elias lesen. Er wurde in der 25. SSW geboren – mit einem Gewicht von 730 Gramm.

Mögliche Auslöser für eine Frühgeburt

Bestimmte Verhaltensweisen, sowieso körperliche und psychische Ursachen gelten laut der Stiftung Kindergesundheit als Risikofaktoren für eine vorzeitige Geburt.

Die bekannten Risikofaktoren wie Alkohol, Rauchen und Drogen in der Schwangerschaft kennst du wahrscheinlich selbst schon. Starkes Übergewicht, eine Schwangerschaft im hohen Alter, Stress oder eine vorherige Frühgeburt können auch Einfluss auf den Geburtszeitpunkt nehmen.

Es gibt außerdem noch ein paar weniger bekannte Faktoren, die das Risiko erhöhen können:

  • Assistierte Reproduktion: Bei einer künstlichen Befruchtung werden meisten mehrere Eizellen in den Uterus eingesetzt. Dadurch steigt das Risiko für Mehrlingsschwangerschaften. Eine Studie von italienischen Forschern kam 2017 zu dem Ergebnis, dass dadurch auch das Risiko für eine Frühgeburt deutlich steigt.
  • Infektionen: Infektionen während der Schwangerschaft – vor allem Harnwegsinfektionen können vorzeitige Wehen begünstigen. Eine rechtzeitige Behandlung kann das Risiko um 40 Prozent reduzieren.
  • Migrationsintergrund: Daten aus der Kindergesundheitsstudie KiGGS lassen darauf schließen, dass Schwangere aus Krisenländern ein höheres Risiko für eine Frühgeburt haben – auch noch nach jahrelangem Aufenthalt in Deutschland.
  • Infektionen im Mundbereich: Entzündungen vom Zahnfleisch und Zahnbett können das Risiko für eine Frühlingsgeburt laut der Stiftung Kindergesundheit um das Vierfache erhöhen.

Gibt es Mittel, mit denen ich eine Frühgeburt vorbeugen kann?

Die effektivste Vorbeugung gegen eine zu frühe Entbindung ist die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung während der Schwangerschaft. Hier können Unregelmäßigkeiten und Probleme schnell diagnostiziert und behandelt werden. Dein Arzt verschreibt dir dann zum Beispiel einen Wehenhemmer (Tokolytika), verordnet Bettruhe oder gibt dir eine wehenhemmende Infusion.

Eine gesunde Lebensweise in der Schwangerschaft mit einer ausgewogenen Ernährung und genug Ruhe kann das Risiko einer Frühgeburt auch senken. Vor allem solltest du drauf achten, genug Fisch zu essen: Die Stiftung Kindergesundheit betont nämlich, dass langkettige Omega-3 Fettsäuren das Risiko einer Geburt vor der 34. SSW um etwa die Hälfte verringern.

Sollte eine Frühgeburt gar nicht mehr aufzuhalten sein, kann der Arzt laut dem Berufsverband der Frauenärzte e.V. auch ein Medikament geben, das Lungenreife beschleunigt – so hat das Baby eine höhere Überlebenschance.

Wenn du schonmal eine Frühgeburt hattest, oder dein Arzt ein erhöhtes Risiko feststellt, solltest du dir vorsorglich ein Pränatalzentrum mit einer speziellen Frühchen-Station suchen. Hier können Frühgeborene bestens versorgt werden!

Dein Baby kommt zu früh – darauf musst du dich einstellen

Der erste Blick auf ihr frühgeborenes Kind ist für viele Eltern ein Schock. Das Baby ist meistens klitzeklein. Extreme Frühchen haben dazu ein greisenhaftes Aussehen, ihre Haut dünn wir Papier und durchsichtig, ihre Augen meist noch geschlossen. Ohren- und Nasenknorpel sind oft noch nicht unausgebildet.

Die Schläuche und Kabel, an die ihr Kind angeschlossen ist, machen vielen Eltern Angst. Du musst aber keine Angst haben, denn in der Frühgeborenenstation kümmern sich Ärzte und Krankenschwestern intensiv um dein Kind.

Solange keine Komplikationen auftreten, werden die meisten Frühchen um den errechneten Geburtstermin aus dem Krankenhaus entlassen.

Die Geschichte einer Mama, die eine Frühgeburt hatte, kannst du hier nachlesen.

Das können Eltern für ihr Frühchen tun

Auch wenn Eltern medizinisch nicht viel für ihr Frühchen tun können, gibt es dennoch einige Dinge, die dein Baby unterstützen – und dir Sicherheit geben. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ) empfiehlt zum Beispiel:

  1. Einen Hörtest machen lassen: So können Hörstörungen, die spätere Sprach- und Sozialdefizite auslösen können, frühzeitig entdeckt werden.
  2. Musiktherapie: Instrumente spielen sowie „das Anhören gesundheitlich geeigneter Musik kann eine ausgleichende, heilende Wirkung haben.“
  3. Sich informieren: Bei Kindern einer Frühgeburt verläuft die Entwicklung meist anders – Fragen zu Erziehung und Entwicklung können dir Experten der Frühförderung beantworten. Informiere dich also rechtzeitig und habe keine Scheu, dir Hilfe zu holen.
  4. Kind impfen lassen: „Das Robert Koch-Institut empfiehlt, Frühgeborene gegen Pneumokokken und Influenza impfen zu lassen“, schreibt der BVKJ. Außerdem sollte das Kind im Winter die monatlichen Passivimpfungen gegen das RS-Virus, das eine Bronchitis auslösen kann, bekommen.

Frühchen: Spätfolgen einer Frühgeburt

Eltern von Frühlingen befürchten oft, dass die Geburt im unreifen Zustand dem Kind im späteren Leben schaden kann. Und das kann tatsächlich passieren.

Es gilt: Je später geboren, desto geringer das Risiko für Spätschäden.

#1 Frühchen sind ängstlicher

Eine Frühgeburt auf die Persönlichkeit des Kindes auswirken. Eine Langzeitstudie der Universität Warwick kam zu dem Ergebnis, dass viele Frühchen als Erwachsene ängstlich, unsicher und introvertiert sind. Je früher die Geburt war, desto stärker ausgeprägt waren die Merkmale.

Das kann sich natürlich auf soziale Kontakte und Beziehungen auswirken. Aber: Die Frühchen in der Studie hatten auch eine besonders enge Beziehung zu ihren Eltern.

#2 kognitive Schwächen kommen häufiger vor

Eine weitere Studie hat sich mit den kognitiven Fähigkeiten von Frühgeborenen beschäftigt. Das Ergebnis: Die durchschnittlichen schulischen Leistungen von Frühchen sind schlechter – vor allem im Bereich Mathematik. Der BVKJ erwähnt auch, dass Frühgeborene manchmal Schwächen in der motorischen Entwicklung, Sprachentwicklung und ein geringeres Wachstum aufweisen – den Rückstand haben die meisten Frühchen aber im Alter von acht Jahres aufgeholt.

Es müssen aber keine Spätfolgen auftreten!

Nur, weil es diese Studien und Untersuchungen gibt, heißt das natürlich nicht, dass dein Frühchen auch Entwicklungsdefizite haben muss. Wenn Kinderärzte, sozialpädagogische Zentren und Eltern eng zusammenarbeiten, können Entwicklungsverzögerungen schnell bemerkt und gezielt behandelt werden.

Informationen, Rat und Hilfe für betroffene Familien

Ausführliche Informationen und Hilfe kannst du zum Beispiel auf der Seite vom Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ e.V. unter www.fruehgeborene.de finden. Auf sozialen Netzwerken und Foren kannst du dich auch mit anderen Frühchen-Eltern austauschen.

Quellen