Fetales Alkoholsyndrom – Alkohol während der Schwangerschaft

Eine Schwangere hält ein Glas Rotwein
Alkohol in der Schwangerschaft kann ein Fetales Alkoholsyndrom zur Folge haben.
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Ein fetales Alkoholsyndrom entsteht durch Alkohol in der Schwangerschaft – die Folgen für das Ungeborene sind nicht heilbar. Lies hier alle Informationen zu körperlichen und psychischen Symptomen, Folgen, Therapie und Ansprechpartnern.

Fetales Alkoholsyndrom: Was versteht man darunter?

Ein fetales Alkoholsyndrom (FAS), auch Alkoholembryopathie (AE) genannt, bezeichnet eine Reihe von bleibenden körperlichen und geistigen Schäden, die bei einem Neugeborenen auftreten können, wenn die Mutter während der Schwangerschaft Alkohol getrunken hat. Die Folgen können unter anderem ein kleiner Kopf, Herzfehler und körperliche und geistige Behinderungen sein. Je nachdem, in welchem Entwicklungsstadium das Kind dem Alkohol ausgesetzt war, gibt es unterschiedliche Schweregrade von FAS.

Fetales Alkoholsyndrom: Häufigkeit

Laut Zahlen des FASD-Fachzentrums sind in Deutschland insgesamt fast 10.000 Babys von FASD (Fetalen Alkoholspektrumstörungen) betroffen, davon etwa 3.000 mit schwerem fetalem Alkoholsyndrom (FAS) und etwa 7.000 mit Folgeerscheinungen des sogenannten partiellen fetalen Alkoholsyndroms. Weltweit wird etwa jedes 15. von 10.000 Kindern mit FAS geboren – also rund 1,5 Prozent aller Babys.

Fetales Alkoholsyndrom: Symptome

Kinder, die unter dem fetalen Alkoholsyndrom leiden, sind in ihrer Entwicklung eingeschränkt. Sie hängen ihren Altersgenossen körperlich und geistig um einiges hinterher. Optisch zeigen sich die Auswirkungen der Krankheit besonders im Gesicht- und Kopfbereich.

FAS-Syndrom: Körperliche Symptome

  • Wachstumsstörungen
  • Gesicht mit schmalen Augen und schmaler Oberlippe
  • kurze, flache Nase
  • Herzprobleme
  • Gaumenspalte
  • Skoliose
  • kleine Zähne mit großem Abstand

Fetales Alkoholsyndrom: Gesicht als deutlichstes Merkmal

An welchen Körperregionen erkennt man ein fetales Alkoholsyndrom? Gesicht und Kopfform sind die deutlichsten Anzeichen. Die Schädelform ist meist wesentlich kleiner als bei Altersgenossen, die Augenlider sind schmal und nach oben geneigt. Weitere typische Formen im Gesichts beim Fetalen Alkoholsyndrom sind ein sehr breiter Augenabstand, eine flache, kurze Nase und eine schmale Oberlippe. Viele Betroffene haben außerdem einen stark unterentwickelten Unterkiefer.

Trotz der recht deutlichen Anzeichen im Gesicht beim Fetalen Alkoholsyndrom wird dieses häufig nicht (richtig) diagnostiziert. Die Gründe sind laut Studien der Medizinischen Fakultät Münster vielfältig: Ärzte scheuen sich oft, der Mutter “Unterstellungen” zu machen. Außerdem werden Kinder mit FAS und FASD häufig mit ADHS oder ADS fehldiagnostiziert.

FAS-Syndrom: Psychische Symptome

  • Lernschwierigkeiten
  • Hyperaktivität
  • epileptische Anfälle
  • Schwierigkeiten beim Verstehen abstrakter Dinge und logischer Zusammenhänge

Wie verhalten sich Kinder mit FAS-Syndrom?

Kinder mit FAS- und FASD-Syndrom sind häufig verhaltensauffällig. Allerdings zeigt sich das nicht bei allen Betroffenen gleich. Manche Kinder mit FAS sind äußerst zurückgezogen und ängstlich, andere haben eine niedrige Frustrationstoleranz und reagieren mit aggressivem Verhalten (gegenüber sich selbst und anderen).

Die meisten Kinder haben Schwierigkeiten im Umgang mit anderen, können Körpersprache und Mimik anderer nicht deuten und reagieren sehr stark auf äußere Reize. Weitere häufige Verhaltensweisen sind starke Wutausbrüche, Konzentrationsschwierigkeiten und Hyperaktivität, weswegen sie häufig fälschlicherweise mit ADS diagnostiziert werden.

Fetales Alkoholsyndrom: Ursachen

Es gibt nur eine Ursache für diese Entwicklungsstörungen bei Kindern: Der Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft. Der Alkohol gelangt über die Nabelschnur bis zum Kind. Innerhalb kurzer Zeit hat das Ungeborene genau so viel Promille wie seine Mutter. Das Fatale: Die Mutter baut den Alkohol im Blut zehnmal schneller ab als ihr Kind.

Fetales Alkoholsyndrom: Folgen

Abhängig davon, wie viel Alkohol die werdende Mutter während ihrer Schwangerschaft konsumiert hat, unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Schweregraden des fetalen Alkoholsyndroms:

AS-Syndrom: Grad 1

Das Kind hat Untergewicht und leidet an einem verminderten Wachstum. Die geistige Entwicklung hängt im Vergleich zu den Altersgenossen etwas zurück.

AS-Syndrom: Grad 2

Das Kind hat ein auffälliges Aussehen, wie zum Beispiel einen besonders kleinen Kopf, eine enge Lidspalte oder eine flache Nasenwurzel. Auch unwillkürliche, unkontrollierbare Bewegungen (Hyperkinese) sind möglich.

AS-Syndrom: Grad 3

Erst jetzt spricht man von einer eindeutigen körperlichen und geistigen Entwicklungsverzögerung. Das Kind leidet unter besonderen Herzfehlbildungen, wie Scheidewanddefekten und Herzmuskelschädigungen. Außerdem sind die Überlebenschancen sehr gering.

Fetales Alkoholsyndrom: Risikofaktoren

Der größte Risikofaktor für ein Fetales Alkoholsyndrom ist natürlich der Genuss von Alkohol in der Schwangerschaft. Laut dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. kommen aber noch einige Risikofaktoren in Kombination mit Alkoholkonsum dazu:

  • Alter der Mutter über 30
  • Drogenkonsum
  • Stress
  • Hoher Alkoholkonsum des Vaters
  • Erbliche Veranlagung
  • Mangelernährung

Fetale Alkoholspektrumstörungen: Wann ist das Risiko am höchsten?

Die Autoren Dr. med. Mirjam N. Landgraf und Prof. Dr. med. Florian Heinen haben sich in den S3-Leitlinie Diagnose der Fetalen Alkoholspektrumstörungen damit auseinandergesetzt, in welchem Trimester das Risiko für eine Fetale Alkoholspektrumstörung am höchsten ist:

#1 Alkohol im ersten Trimester

Viele Frauen wissen die ersten Wochen noch nicht, dass sie schwanger sind und trinken wie gewohnt. Selbst wenn sie nach einem positiven Schwangerschaftstest das Trinken einstellen, kann der Schaden schon passiert sein. Die ersten drei Monate sind ganz besonders kritisch für die Entwicklung, da in dieser Zeit die Organe angelegt werden. Wird das Kind im ersten Trimester mit Alkohol in Kontakt gebracht, ist es besonders häufig von Organ- und Gehirnschäden betroffen. In dieser Zeit tritt das Fetale Alkoholsyndrom am häufigsten auf.

Ist mein Kind betroffen?

#2 Alkohol im zweiten Trimester

Die häufigste Folge von Alkohol nach der 12. SSW ist eine Fehlgeburt. Babys, die im zweiten Trimester durch die Mutter Alkohol aufnehmen, sind oft von Wachstumsverzögerungen betroffen.

#3 Alkohol im dritten Trimester

Ab der 28. SSW ist das Risiko für ein Fetales Alkoholsyndrom am geringsten. Allerdings kann Alkohol in dieser Zeit zu Schäden am zentralen Nervensystem führen.

Fetales Alkoholsyndrom: Therapie

Die Schäden, die der Alkohol in der Schwangerschaft beim Kind verursacht hat, lassen sich nachträglich nicht rückgängig machen. Geistige Beeinträchtigungen, Gesichtsanomalien und Minderwuchs lassen sich nicht beheben. Auch sind die Schäden nicht bei allen Betroffenen gleich – eine Therapie des Fetalen Alkoholsyndroms muss also immer individuell angepasst werden. Das Fachzentrum für Pflegekinder mit FASD empfiehlt eine oder mehrere der folgenden Therapiemöglichkeiten

  • Physiotherapie
  • Frühförderung
  • Ergotherapie
  • Logopädie
  • Verhaltenstherapie zur besseren Selbstregulation

Medikamente zur Therapie des Fetalen Alkoholsyndroms gibt es nicht. Allerdings kann es in vielen Fällen sinnvoll sein, mit einem Therapeuten eine individuelle medikamentös-unterstützte Psychotherapie zu erarbeiten.

Diagnostik, Wirksamkeit & Kosten

Wie kann man dem Fetalen Alkoholsyndrom vorbeugen?

So eindeutig wie die Ursache ist auch die Prävention: Verzichte während deiner Schwangerschaft komplett auf Alkohol. Kein Alkohol in der Schwangerschaft senkt die Chance auf ein Kind mit fetalem Alkoholsyndrom auf null Prozent – es gibt keine andere Ursache für FAS und FASD.

Fetales Alkoholsyndrom bei Erwachsenen

Ein Fetales Alkoholsyndrom kann ganz unterschiedliche Folgen im Erwachsenenleben haben. Die geistigen Beeinträchtigungen schwanken je nach Schweregrad der Behinderung. Laut Studien des Deutschen Ärzteblattes tuen sich Betroffene schwer, Informationen und Wahrnehmungen (richtig) zu verarbeiten.

Im Erwachsenenalter zeigen sich dann zwei verschiedene Arten von FAS-Patienten: Gibt es eine Reizüberflutung, reagiert eine Gruppe mit “Angst und Rückzug”, die andere mit “Weglauftendenz und Umtriebigkeit”.

Beides haben Betroffene laut dem Ärzteblatt aber gemeinsam: “​​(…) dass die Betroffenen aufgrund ihrer hirnorganisch bedingten Suggestibilität [Beeinflussbarkeit, Anm. d. Red.] jedem folgen, der nett zu ihnen ist. Deshalb sind sie stark gefährdet, ausgenutzt zu werden.”

Hilfe bei FAS und FASD

Es gibt viele Organisationen, die helfen können, wenn du oder dein Kind von FAS oder FASD betroffen sind. Wichtig ist, sich nicht zu schämen und Ansprechpartner zu finden, die zusammen mit dir die richtige Therapie erarbeiten können. Bei folgenden Stellen kannst du Hilfe suchen:

  • FASD Sprechstunde des FASD-Fachzentrums
    Telefonisch unter 030-367 50 933 (Mittwochs von 17.00 bis 18.00) oder Email an fasd-sprechstunde@ev-sonnenhof.de
  • FASD Beratung Nordbayern e.V.
    Telefonisch unter 0179 – 947 152 42
  • Fachzentrum für Pflegekinder mit FASD Köln
    Telefonisch unter 0221-720 262 0
  • Diakonische Kinder-, Jugend- und Familienhilfe e.V.
    Telefonisch unter 05924 – 781-0

Quellen