Ein Helm fürs Baby – Fahrradhelme für den Rest

vonMichaela Brehm | Redaktionsleitung
Baby mit pinkem Helm
Bei einer Plagiozephalie müssen Babys Kunststoffhelme tragen
©photog2112 via Bigstock

Dürfen wir vorstellen, das ist die Familie Gutierrez. Sie alle tragen Helme, sogar beim Kochen und Essen. Das hört sich komisch an und sieht auch ungewöhnlich aus. Doch dahinter steckt ganz großer Familienzusammenhalt.

Wie so oft beginnt auch diese Geschichte im Internet, genauer gesagt auf Facebook. Die Mama Shayna Gutierrez aus Texas in den USA postet die ungewöhnlichen Familienbilder. Dazu schreibt sie: „Solidarität bei den Gutierrez“. Aber was hat es nun mit den Fahrradhelmen auf sich? Bei dem jüngsten Familienzuwachs Jonas, vier Monate alt, wurde eine Plagiozephalie festgestellt. Das ist eine asymmetrische Abflachung des Hinterkopfes und kommt bei Säuglingen häufiger vor. Mehr Infos über Ursachen und Therapieformen findest du auch weiter unten im Text.

Um der Verformung des Schädels entgegenzuwirken, müssen Babys dauerhaft einen Kunststoffhelm tragen. Und diese Dinger sind alles andere als unauffällig. Um ehrlich zu sein, sehen die Kleinen damit aus, wie kleine Astronauten, weshalb sie viele neugierige Blicke auf sich ziehen. Davor hatte auch Mama Shayna Angst. Ihr Sohn sollte nicht ständig unter Beobachtung stehen.

„Ich steh das mit dir durch“

Zum Glück hat Baby Jonas eine tolle große Schwester. Camilla ist vier Jahre alt und hat auf die Diagnose auf ihre ganz eigene Weise reagiert. Das Mädchen sei schnurstracks in ihr Kinderzimmer gelaufen und habe ihren Fahrradhelm herausgesucht, erklärt Shayna CBS News.

Um ihren Bruder in seiner besonderen Situation zu unterstützen, setzt sich Camilla so oft es geht auch einen Helm auf. Shayna zu CBS News: „Ich finde das sehr süß (von ihr). Es hat mich dazu gebracht innezuhalten und zu realisieren, was für eine große Kunst es ist, Dinge anders zu sehen und zu sagen ‚hey, ich steh das mit dir durch.“

Auch Shayna und ihr Mann sind Camillas Beispiel gefolgt. Seitdem sind die Gutierrez die Familie mit den Helmen. Und zwar so lange, bis Jonas Schädelverformung zurückgegangen ist und er den Helm für immer abnehmen kann. Dass sie damit überall auffallen, stört die Familie nicht. Im Gegenteil, sie sind von dem vielen positiven Feedback, welches sie bekommen, begeistert. Die Leute seien wirklich interessiert an ihrer Geschichte und an Jonas Diagnose, meint Shayna. Das macht es natürlich möglich, ganz anders darüber zu sprechen und mit der Situation umzugehen. Wir sind uns sicher, die ungewöhnlichen Fotos bekommen einen besonderen Platz im Familienalbum.

Mehr Infos zur Plagiozephalie

Bei einer Plagiozephalie handelt es sich um eine Verformung des Schädels beim Säugling. Manchmal ist diese bereits angeboren und wurde durch eine ungünstige Lage im Mutterleib verursacht. Doch meist bildet sich eine Plagiozephalie erst nach der Geburt. Nämlich dann, wenn das Kind in der immergleichen Position schläft. Das Gewicht des Babykopfes drückt so stets auf die gleiche Stelle des Schädels. Da dieser wegen der Fontanellen noch verformbar ist, kann die Plagiozephalie leicht entstehen. Seit die allgemeine Empfehlung gilt, seine Kinder auf dem Rücken schlafen zu lassen, um dem plötzlichen Kindstod vorzubeugen, sind die Schädelverformungen häufiger geworden.

Mit einer Helmtherapie können die Verformungen wieder ausgeglichen werden. Dafür wird dem Kind ein maßgeschneiderter Helm aus weichem Kunststoff gefertigt. Diesen muss das Baby 23 Stunden am Tag tragen. Bis die Verformung zurück geht, dauert es meist mehrere Monate – manchmal sogar bis zu einem Jahr. Doch die Geduld zahlt sich aus: Die erzielten Erfolge sind in der Regel dauerhaft.

Aber nicht immer sind sie Verformungen so stark ausgeprägt, dass eine Helmtherapie überhaupt notwendig wird. Oft hilft es schon, die Schlafposition des Babys zu variieren: Den Kopf trotz Rückenlage abwechselnd nach rechts bzw. nach links drehen. Tagsüber kannst du das Baby immer wieder auf dem Bauch liegen lassen. Mit diesen Tipps kannst du einer Plagiozephalie übrigens auch gut vorbeugen.