Warum ist der Impfschutz für Kinder so wichtig?
Virale und bakterielle Infektionskrankheiten wie beispielsweise Diphterie, Kinderlähmung, und Keuchhusten, die schwer und zum Teil sogar tödlich verlaufen können, sind in unseren Breitengraden zwar selten geworden, dennoch sind die Krankheitserreger noch immer existent. Durch Reisende können sie weiterhin nach Deutschland gelangen und ungeimpfte Personen anstecken.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut gibt deshalb – basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen – alljährlich einen Impfkalender heraus, welche Impfungen für Kinder in welchem Alter empfehlenswert sind. Diese richten sich ausschließlich gegen Erkrankungen, die einen schweren Verlauf nehmen können und nicht immer ohne ernsthafte Folgeschäden ausheilen.
Gerade ist der Impfkalender für 2023 erschienen. Wesentliche Neuerungen für Baby und Kinder gibt es nicht. Allerdings weist das Robert Koch-Institut neue FSME-Risikogebiete aus. In Sachsen-Anhalt kommt mit dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld ein zweites Risikogebiet hinzu. In Bayern gehören nun auch der Landkreis Fürstenfeldbruck und der Stadtkreis München zu den gefährdeten Gebieten.
Wie wirken die Kinderimpfungen?
Das Immunsystem von Kindern, insbesondere von Neugeborenen, ist noch nicht in der Lage, krankheitserregende Keime zuverlässig abzuwehren. Durch die Verabreichung von Impfstoffen werden Antikörper gegen bestimmte Erreger gebildet. So kann das Immunsystem im Falle einer Infektion die Viren und Bakterien als Bedrohung erkennen und angemessen auf die Eindringlinge reagieren. Die Erkrankung tritt dadurch gar nicht oder allenfalls in abgeschwächter Form auf.
Welche ist die erste Impfung bei Babys?
Nach dem Impfplan der STIKO ist die erste Impfung bei Babys die gegen Rotaviren. Sie sollte bereits nach der 6. Lebenswoche, spätestens aber bis zur vollendeten 12. Woche erfolgen. Rotaviren zählen zu den häufigsten Erregern für Durchfall und Erbrechen. Aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr sind nahezu alle Säuglinge und Kleinkinder in den ersten fünf Lebensjahren von Rotaviren betroffen, die meisten bis zum zweiten Lebensjahr.
Je nach Impfstoff werden zwei bis drei Impfdosen im Abstand von mindestens vier Wochen verabreicht. Die Impfserie sollte bis zur vollendeten 16. bzw. 22. Lebenswoche des Babys abgeschlossen sein.
Grundimmunisierung: Welche Impfungen für Babys sind wirklich notwendig?
Die STIKO empfiehlt für alle Babys und Kleinkinder eine Grundimmunisierung mit einem 6-fach-Impfstoff gegen
- Diphterie
- Tetanus (Wundstarrkrampf)
- Keuchhusten (Pertussis)
- Kinderlähmung (Polio)
- HiB (Haemophilus influenzae Typ B)
- Hepatitis B
Aufgrund des Kombinationsimpfstoffs ist pro Impfung nur ein Pieks notwendig, um das Kind gegen die sechs genannten Krankheiten zu schützen. Während für den vollständigen Schutz früher vier Teilimpfungen erforderlich waren, kommt seit 2020 ein 2+1-Impfschema zur Anwendung:
- Erste Impfung: Im Alter von 2 Monaten (ab der 8. Lebenswoche)
- Zweite Impfung: Im Alter von 4 Monaten, zwischen den beiden Impfungen sollten 8 Wochen liegen
- Dritte Impfung: Im Alter von 11 Monaten, Abstand zur zweiten Impfung: mindestens 6 Monate
Frühgeborene Babys werden weiterhin nach dem früheren 3+1-Schema im Alter von 2,3,4 und 11 Monaten geimpft.
Die Grundimmunisierung sollte bei allen Kindern – und auch im Erwachsenenalter – mehrfach aufgefrischt werden: Das erste Mal im Alter von 5 bis 6 Jahren, ein zweites Mal zwischen 9 und 17 Jahren und anschließend alle 10 Jahre.
Impfempfehlung: Welche Kinderimpfungen sind noch empfehlenswert?
Zeitgleich mit der Grundimmunisierung wird für Babys die Schutzimpfung gegen Pneumokokken empfohlen. Die können schwerwiegende Erkrankungen wie Lungen- oder Hirnhautentzündung hervorrufen. Die Pneumokokken-Impfdosen werden nach dem gleichen Schema wie die Grundimmunisierung verabreicht.
Zusätzlich raten STIKO und Kinderärzte zu folgenden Schutzimpfungen:
- Kombinationsimpfung gegen Mumps, Masern, Röteln (eventuell auch Windpocken). Die erste Impfdosis sollte zwischen dem 11. und 14. Monat erfolgen, die zweite Impfung mit einem Abstand von mindestens vier Wochen zwischen dem 16. und 23. Lebensmonat.
- Zeitgleich kann im Rahmen der U6 auch einmalig die Meningokokken-Impfung verabreicht werden. Die Infektion mit den Bakterien vom Typ Neisseria meningitidis kann unter anderem eine gefährliche Hirnhautentzündung oder Blutvergiftung auslösen, Kinder unter fünf Jahren sind am häufigsten betroffen.
- Für Mädchen und Jungen im Alter zwischen neun und 14 Jahren ist die Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) angeraten. Die Viren zählen zu den häufigsten Erregern sexuell übertragbarer Krankheiten, die verschiedene Krebserkrankungen verursachen können.
Eine jährliche Grippeschutzimpfung empfiehlt die STIKO nur für Kinder, bei denen aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für Komplikationen besteht.
Ob es notwendig ist, Kinder gegen Zecken zu impfen, hängt davon ab, ob man in einem FSME-Risikogebiet lebt oder dorthin verreisen möchte.
Werden die Kosten für Kinderimpfungen von der Krankenkasse übernommen?
Alle genannten Impfungen, die von der STIKO für Kinder und Jugendliche empfohlen werden, werden in voller Höhe von der Krankenkasse bezahlt. Das gilt auch, wenn wegen bestimmter Grunderkrankungen sogenannte Indikationsimpfungen angeraten sind.
Gibt es in Deutschland eine Impfpflicht?
Im Gegensatz zu etlichen anderen europäischen Ländern besteht in Deutschland keine Impfpflicht. Die Kinderimpfungen sind freiwillig – mit einer Ausnahme: Die Masern-Impfung ist seit 2020 für alle Kinder, die eine KiTa oder Schule besuchen, verpflichtend. Grund für die gesetzliche Impfpflicht ist der deutliche Anstieg von Krankheitsfällen. Gerade für kleine Kinder besteht bei Masern ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Komplikationen wie Lungenentzündung oder Enzephalitis.
Was ist beim Impfen von Kindern zu beachten?
Um einen optimalen Impfschutz für das Kind zu gewährleisten, sollte der empfohlene Impfplan nach Möglichkeit eingehalten und unnötige Terminverschiebungen vermieden werden.
Wichtig ist allerdings, dass das Kind beim Impftermin gesund ist.
Verschieben sollte man eine Impfung
- bei hohem Fieber oder schweren Infektionen
- wenn das Kind Medikamente bekommt, die die Immunabwehr schwächen
- eine Operation bevorsteht oder kürzlich stattgefunden hat
Im Falle von Erkältung und Schnupfen sollte anhand einer ärztlichen Untersuchung abgeklärt werden, ob die Impfung stattfinden kann.
Welche Nebenwirkungen können bei Kinderimpfungen auftreten?
Einige Eltern haben Bedenken, dass die verabreichten Impfstoffe ernsthafte Folgeschäden hervorrufen können. Diese Sorge ist unbegründet. Zugelassen sind nur Impfstoffe, deren Wirksamkeit und Sicherheit in klinischen Studien ausführlich geprüft und nachgewiesen wurde.
Fieber nach der Impfung: auch bei Babys normal
Auf eine Impfung reagiert das Immunsystem ähnlich wie auf eine tatsächliche Infektion. Es kann deshalb zu milden Symptomen wie leichten Schwellungen oder Rötungen an der Einstichstelle kommen. Zudem können Nebenwirkungen wie Müdigkeit, typische Erkältungssymptome und Fieber auftreten. Dabei handelt es sich nicht um Komplikationen – die Beschwerden sind vielmehr ein Anzeichen dafür, dass der Körper auf den Impfstoff anspricht.
Die Hauterscheinungen lassen sich schnell durch Kühlung der betreffenden Stelle lindern. Gegen Fieber helfen Wadenwickel, nach ärztlicher Absprache kann auch ein fiebersenkendes Mittel verabreicht werden. Die Nebenwirkungen verschwinden nach zwei bis drei Tagen von selbst. Wer dennoch unsicher ist, sollte sich mit dem Kinderarzt in Verbindung setzen.