Plötzlicher Kindstod: Mögliche Ursachen und Vorsichtsmaßnahmen

vonConnie Gräf-Adams | freie Autorin
Rückenlage verhindert plötzlichen Kindstod
So schützt du dein Baby vor dem plötzlichen Kindstod
© Bigstock / Eight8

Vom plötzlichen Kindstod oder Sudden Infant Death Syndrome (SIDS) sprechen Mediziner, wenn ein gesundes Baby völlig unerwartet ohne erkennbare Anzeichen stirbt. Die genauen Ursachen für den nächtlichen Atemstillstand konnten zwar bislang noch nicht hinlänglich geklärt werden, es sind jedoch einige Risikofaktoren bekannt. Dank daraus abgeleiteter Vorsichtsmaßnahmen sind die Fallzahlen in Deutschland mittlerweile stark rückläufig.

Statistik: Wie viele Babys sterben am Plötzlichen Kindstod?

Während Anfang der 1990er Jahre jährlich noch an die 1.300 Fälle von plötzlichem Kindstod verzeichnet wurden, ist diese Zahl in Deutschland laut amtlichen Informationen bis 2019 kontinuierlich auf 75 gesunken.

Jungen sind etwas häufiger als Mädchen betroffen. Statistisch ist das Risiko für plötzlichen Kindstod im Alter von zwei bis vier Monaten am höchsten. Vereinzelt sind unerwartete Todesfälle bereits in den ersten Stunden nach der Geburt sowie jenseits des ersten Lebensjahres eingetreten.

Ursachen des Plötzlichen Kindstods: Neue wissenschaftliche Erkenntnisse

Warum ein völlig gesundes Kind ganz plötzlich verstirbt, gibt der Wissenschaft viele Rätsel auf. Als mögliche Ursache wird beispielsweise ein unausgereiftes Atemzentrum im Gehirn diskutiert. Andere Ansätze gehen von der Beteiligung unerkannter Infektionen oder von Gendefekten aus.

Eine aktuelle Studie aus Australien könnte Licht ins Dunkel bringen. Das Forscher-Team um Carmel Therese Harrington hat Blutproben von rund 600 Neugeborenen auf Unterschiede im Blut gesunder Säuglinge und später an SIDS verstorbener Babys analysiert. Harringtons Sohn Damien verstarb 1993 ebenfalls am Plötzlichen Kindstod.

Das Team um Harrington fand heraus, dass das Enzym Butyrylcholinesterase (BChE) bei den verstorbenen Säuglingen eine niedrigere Aktivität aufwies als bei gesunden Kindern. BChE spielt eine Rolle bei der Übertragung von Nervensignalen im Gehirn. Eine zu geringere Aktivität des Enzyms könnte die Regulierung der Atemfunktion im Schlaf beeinträchtigen. Das Baby würde dann nicht – wie normalerweise üblich – aufwachen und schreien, wenn es in Luftnot gerät.

Von dem in einigen Fachmagazinen gefeierten Durchbruch in der SIDS-Forschung wollen internationale Experten jedoch nicht sprechen. Die Studie gebe zwar neue Hinweise, die es sich weiterzuverfolgen lohne. Ob BChE aber tatsächlich ein geeigneter Biomarker ist und entsprechende Screening-Tests eine sinnvolle Maßnahme darstellen, könne allenfalls auf Basis weiterer Studien mit größeren Fallzahlen erwogen werden.

Rückenlage – Rauchfrei – Richtig gebettet: Die 3-R-Faustregel zur Vorbeugung von SIDS

Auf Basis umfangreicher Analyse-Daten wurden Empfehlungen entwickelt, die zu einem signifikanten Rückgang von SIDS bei Babys geführt haben.

Die drei wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen werden unter dem Begriff der 3-R-Faustregel zusammengefasst:

  1. Rückenlage

    Säuglinge zum Schlafen immer auf den Rücken legen, nicht auf die Seite oder den Bauch. Eltern sind oft in Sorge, dass sich das Baby selbstständig auf den Bauch drehen könnte. Das schaffen die Kleinen aber erst ab etwa dem 7. Lebensmonat. In diesem Alter sind sie bereits kräftig genug, um sich auch auf dem Bauch liegend ausreichend Luft zu verschaffen.

  2. Rauchfreie Umgebung

    Wird im Haushalt geraucht, ist das SIDS-Risiko deutlich höher. Das gilt auch, wenn die Mutter in Schwangerschaft und Stillzeit raucht sowie für den Konsum von E-Zigaretten.

  3. Richtig betten

    Zur Vermeidung einer Überhitzung ist die Verwendung eines Schlafsacks statt einer Bettdecke angeraten. Die Matratze mit einem passenden Laken überziehen, das keine Falten wirft. Kissen, Nestchen oder Spielsachen gehören nicht ins Babybettchen. Ideal ist, wenn der Säugling während der ersten 12 Monate – im eigenen Bett – im Elternschlafzimmer schläft.

Kinderärzte empfehlen zudem, das Baby im ersten Lebensjahr so lange wie möglich zu stillen und schon früh einen Schnuller einzuführen. Beides kann das SIDS-Risiko deutlich senken. Der Stillerfolg wird durch den Schnullergebrauch nicht beeinträchtigt.

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Zum Arzt bei potenziellen Warnzeichen

Zwar lässt sich der Plötzliche Kindstod nicht vorhersagen, dennoch sollte man alle Vorsorgeuntersuchungen und Impftermine bei Kinderarzt oder Kinderärztin gewissenhaft wahrnehmen. Sie sind auch der richtige Ansprechpartner für alle Fragen, die sich rund um SIDS ergeben.

Treten bei Babys plötzlich Fieber, Atembeschwerden und Schnupfen auf, sollte ebenfalls der Kinderarzt konsultiert werden. Ein unverzüglicher Arztbesuch ist auch erforderlich, wenn im Schlaf längere Atempausen (mehr als 15 Sekunden) beobachtet werden oder das Kind

  • im Mundbereich oder Gesicht blau anläuft
  • beim Schlafen so extrem schwitzt, dass die Kleidung stark durchnässt ist
  • auffallend blass ist
  • sich schwer wecken lässt
  • sich oft erbricht und verschluckt
  • Probleme beim Trinken hat oder die Nahrung verweigert
  • schrille Schreie ausstößt und nicht zu beruhigen ist.

Plötzlicher Kindstod: Hilfe für betroffene Eltern

Der Tod des eigenen Kindes ist der schwerste Schicksalsschlag, der Eltern treffen kann. Im Falle von SIDS belasten betroffene Mütter und Väter neben der Trauer zudem oftmals noch große Schuldgefühle und Ängste, dass ein später geborenes Kind ebenfalls unerwartet sterben könnte.

Unterstützung und Begleitung in dieser schwierigen Situation findet man beim Verein Gemeinsame Elterninitiative Plötzlicher Säuglingstod (GEPS) Deutschland e.V., der von betroffenen Eltern ins Leben gerufen wurde. Hilfe und Austausch auf regionaler Ebene oder im Online-Forum bietet auch der VEID, Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland e.V.

Quellen