Erster Impfstoff gegen RS-Virus soll Babys ab Geburt schützen

vonConnie Gräf-Adams | freie Autorin
Spritze und Tupfer
Die Kosten für den Impfstoff sind hoch.
© Unsplash / Mat Napo

Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist ein Virus, das Atemwegserkrankungen auslösen kann und besonders bei Babys häufig schwere Infektionen verursacht. Nach der heftigen RSV-Welle im vergangenen Winter rechnen Fachleute in diesem Jahr mit einer Normalisierung der Fallzahlen. Grund dafür ist unter anderem, dass in der EU erstmals zwei Impfstoffe sowie ein Prophylaxe-Medikament gegen das RS-Virus zugelassen sind.

RSV-Infektionswelle im Winter 2023/24? Experten geben Entwarnung

Die RSV-Saison geht in Deutschland meist von November bis April. Wegen des fehlenden Kontakts mit dem Krankheitserreger aufgrund der Corona-Pandemie kam es im letzten Herbst und Winter zu einer enormen Infektionswelle, die nicht nur bei Säuglingen, sondern auch bei vielen Kleinkindern zu schweren Krankheitsverläufen führte.

In der Folge waren Kinderarztpraxen, Notaufnahmen und Klinken stark überlastet. Für die bevorstehende Wintersaison gehen Experten davon aus, dass die sogenannten nachgeholten Infektionen nicht mehr so gehäuft auftreten wie im Vorjahr.

EMA-Zulassung für Impfstoffe gegen RS-Virus

Eine RSV-Infektion ruft bei den meisten Betroffenen lediglich leichte Erkältungssymptome hervor. Bei älteren Personen, Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sowie Säuglingen in den ersten Lebensmonaten kann das Atemwegsvirus, das leicht über eine Tröpfcheninfektion übertragen wird, jedoch schwerwiegende Erkrankungen wie eine Bronchiolitis oder Lungenentzündung hervorrufen.

Um Risikogruppen besser zu schützen, hat die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) in diesem Jahr grünes Licht für zwei Impfstoffe gegen RSV in der EU gegeben.

Das Vakzin Arexvy des britischen Pharmaherstellers GlaxoSmithKline ist nur für Menschen ab 60 Jahren zugelassen. Damit können sich Großeltern nicht nur selbst schützen, sondern indirekt auch ihre Enkel. Das empfehlen Ärzte zum Beispiel auch für Keuchhusten.

Auch der Impfstoff Abrysvo soll bei Säuglingen schwere Verläufe einer RSV-Infektion verhindern – allerdings nicht durch eine aktive, sondern eine passive Immunisierung.

Besonderheit der RSV-Impfung zum Schutz von Säuglingen

Mit Abrysvo wird nicht das Baby geimpft, sondern die Mutter während der Schwangerschaft. Das Immunsystem der Mutter bildet dadurch spezifische Antikörper gegen das RS-Virus aus, die über die Plazenta an das ungeborene Kind weitergegeben werden.

Mit dieser als passive Immunisierung bezeichneten Methode wird ein Nestschutz des Säuglings bis zum Alter von etwa sechs Monaten erreicht.

Abrysvo wurde vom US-Pharmakonzern Pfizer entwickelt, es handelt sich dabei um einen Protein-Impfstoff. Dieser soll gegen die beiden RSV-Stämme A und B schützen und eine große Bandbreite verschiedener Varianten des Virus abdecken können.

Neues Prophylaxe-Medikament gegen RSV für Babys

Zusätzlich zu den beiden genannten Impfstoffen wurde kürzlich ein Medikament zur RSV-Prophylaxe von der EMA zugelassen. Zwar gab es bislang mit Palivizumab bereits einen prophylaktischen Wirkstoff, jedoch nur für Frühgeborene und Kinder unter 2 Jahren mit bestimmten Erkrankungen.

Das neue Medikament Beyfortus®, das gemeinsam von Sanofi und AstraZeneca entwickelt wurde, ist für alle Säuglinge in ihrer ersten RSV-Saison zugelassen und muss einmal injiziert werden.

Es enthält den Wirkstoff Nirsevimab, einen monoklonalen Antikörper. Im Unterschied zu Impfstoffen, die das Immunsystem stimulieren, um eine spezifische Immunantwort gegen einen Krankheitserreger hervorzurufen, wird der Erreger durch biomedizinisch hergestellte Antikörper direkt blockiert.

: Wenn alle krank sind

Das Präparat ist in zwei Dosierungen verfügbar:

  • 50 mg für Säuglinge unter 5 kg, die während der RSV-Saison geboren werden,
  • und 100 mg für ältere Säuglinge, die außerhalb der RSV-Saison zur Welt kamen.  Ihnen soll Beyfortus® vor Beginn ihrer ersten RSV-Saison verabreicht werden.

Voraussichtlich keine STIKO-Empfehlung für Winter 2023/24

Obwohl der Impfstoff Abrysvo in Europa zugelassen ist, zögert die Ständige Impfkommission (STIKO) noch mit einer Empfehlung. Grund dafür ist, dass in einigen Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit des Vakzins eine leicht erhöhte Anzahl von Frühgeburten im Vergleich zu Kontrollgruppen beobachtet wurde.

Da bislang noch nicht klar ist, wie es zu dieser Nebenwirkung kam, will die STIKO den Impfstoff derzeit noch nicht für alle Schwangeren empfehlen, sondern weitere wissenschaftliche Untersuchungen abwarten. Experten gehen davon aus, dass es deshalb für die kommende RSV-Saison noch keine generelle Impfempfehlung geben wird.

Keine Kostenübernahme durch die Krankenkasse

Dass die STIKO bislang noch keine Empfehlung ausgesprochen hat, bedeutet auch, dass die Kosten der Impfung derzeit noch nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Gleiches gilt auch für die Prophylaxe mit Beyfortus®. Das Medikament ist zwar in Deutschland verfügbar, muss aber von Eltern aktuell komplett selbst bezahlt werden. Nach Informationen der Redaktion von Tagesspiegel Background liegt der Verkaufspreis für die Einmalgabe in Apotheken bei rund 1.350 Euro.

Informationen über die aktuelle Zirkulation von RSV in Deutschland

Die Arbeitsgemeinschaft Influenza des RKI veröffentlicht kontinuierlich Reports zur Aktivität akuter respiratorischer Erkrankungen (ARE), darunter auch zur aktuellen Zirkulation des RS-Virus in Deutschland. Die Wochenberichte der AGI können hier eingesehen werden.

Quellen

Alle Informationen in diesem Artikel stammen aus öffentlichen und zuverlässigen Fachquellen wie dem Robert Koch-Institut, dem Paul-Ehrlich-Institut oder der European Medicines Agency. Die hier gegebenen Ratschläge und Informationen ersetzen in keinem Fall die medizinische Betreuung durch qualifiziertes Fachpersonal. Bitte kontaktiere immer deinen Kinderarzt oder deine Kinderärztin für eine professionelle Diagnose und Behandlung.