So kannst du Allergien bei deinem Kind vorbeugen

Kind, das nach Erdbeeren greift
Eltern können Allergien bei ihren Kindern vorbeugen
© Unsplash/ Kelly Sikkema

Nüsse, Milch, Weizen – immer öfter entwickeln Kinder verschiedenste Allergien. Es gibt Möglichkeiten, Allergien bei ihren Kindern vorzubeugen. Lange galt es als besonders wirksam, Allergene möglichst zu vermeiden. Doch inzwischen gilt dieser Weg als „Sackgasse“. Ärzte, Ernährungs- und Stoffwechselexperten fordern ein Umdenken.

Das Allergierisiko steigt bei vorbelasteter Familie

Laut der Deutschen Haut- und Allergiehilfe e.V. (DHA) sind Neurodermitis, Heuschnupfen und Asthma die allergischen Krankheiten, die am häufigsten bei Säuglingen und Kindern auftreten. Laut der Stiftung Kindergesundheit leiden in Deutschland mehr als zwei Millionen Kinder unter Heuschnupfen, allergischem Asthma, Neurodermitis oder einer Allergie gegen Nahrungsmittel.

Wie die Allergien entstehen, ist von der Forschung noch nicht geklärt. Jedoch haben mehrere Studien bestätigt, was (werdende) Eltern tun können, um Allergien zumindest teilweise vorbeugen zu können.

Diese Tipps können vor allem für sogenannte Risikokinder hilfreich sein. Ein Risikokind ist ein Kind, bei dem mindestens ein Familienmitglied schon an Neurodermitis, Heuschnupfen oder allergischem Asthma leidet.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind aus einer vorbelasteten Familie eine Allergie entwickelt, liegt laut der DHA bei rund 80 Prozent. Ansonsten liegt diese Zahl nur zwischen 25 und 30 Prozent.

Wie du Allergien bei deinem Kind vorbeugen kannst

Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) erklärt in der Leitlinie zur Allergieprävention, was Eltern beachten können:

Natürliche Geburt statt Kaiserschnitt (falls möglich)

In Deutschland kommt mittlerweile rund jedes dritte Kind durch Kaiserschnitt auf die Welt. Was viele Mütter jedoch nicht wissen: Kinder, die durch Kaiserschnitt auf die Welt kommen, haben ein höheres Risiko für Allergien – vor allem für Asthma. Es wird angenommen, dass ein Kind bei einer natürlichen Geburt im Geburtskanal mit bestimmten Mikroorganismen in Kontakt kommt. Diese Organismen sollen das Immunsystem stärken und so das Allergierisiko senken.

In Fällen, in denen ein Kaiserschnitt also medizinisch nicht notwendig ist, kann diese Tatsache berücksichtigt werden.

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Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit

Früher wurde oft angenommen, dass werdende Mütter bestimmte Allergene vermeiden sollen, um das Allergierisiko zu senken – zum Beispiel Hühnereier, Nüsse oder Kuhmilch. Mittlerweile gehen Forscher sogar davon aus, dass ein möglichst früher Kontakt mit solchen Lebensmitteln das Baby an sie gewöhnt und sensibilisiert. Also sollten werdende Mütter auf eine möglichst ausgewogene und regelmäßige Ernährung achten – dabei aber eigene Lebensmittelallergien nicht ignorieren.

Stillen – Muttermilch ist #1 der Allergieprävention

Muttermilch enthält Stoffe, die allgemein viele Vorteile für Mutter und Kind haben. Sie beugen beispielsweise Entzündungen vor und stärken das Immunsystem des Babys. Gestillte Kinder haben ein geringeres Risiko für Infektionen wie zum Beispiel Mittelohrentzündungen. Außerdem sinkt bei gestillten Kindern das Risiko für Übergewicht im Erwachsenenalter. Auch zur Allergieprävention ist Stillen immer noch das beste Mittel.

Deshalb empfiehlt die AWMF, dass Kinder in den ersten vier bis sechs Monaten ausschließlich gestillt werden – also auch keine Tees und Säfte bekommen. Wenn die Mutter nicht stillen darf oder kann, können Risikokinder in dieser Zeit Hydrolysatnahrung (HA-Nahrung) bekommen. Dadurch kann laut DHA das Allergierisiko bei gefährdeten Säuglingen um 50 Prozent reduziert werden.

Aber: Babys ohne Allergierisiko brauchen keine HA-Nahrung!

Beikost zur richtigen Zeit einführen

Hier schreibt die Stiftung Kindergesundheit:

„Ein Beginn der Beikostfütterung auch mit Gabe von Lebensmitteln mit hohem allergenen Potenzial im Alterszeitraum zwischen etwa vier und sechs Monaten reduziert das Allergierisiko im Vergleich zu einem späteren Beikostbeginn mit sechs Monaten.“

Allergene wie Eier, Weizen und Nüsse dürfen und sollen schrittweise eingeführt werden. Denn so können Babys eine Sensibilität dafür aufbauen. Ganz neu auf dem Beikostplan: Fisch! Früher wurde geraten, Fisch eher zu meiden, aber laut AWMF gibt es Hinweise darauf, dass Fischkonsum im ersten Lebensjahr vor Allergien schützen kann. Vor allem schadenstoffarme Arten wie Lachs, Regenbogenforelle und Makrele eignen sich dafür gut.

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Alle wichtigen Impfungen geben

Es ist nicht belegt, dass Impfungen das Allergierisiko erhöhen können. Mehrere Studien geben sogar Hinweise darauf, dass Impfungen das Allergierisiko vielleicht sogar senken könnten. Deshalb wird empfohlen, dass alle Babys und Kinder nach den Richtlinien der Ständigen Impfkommission (STIKO) geimpft werden sollen. Dafür gibt es von der STIKO auch einen Impfkalender.

Tabakrauch vermeiden

Dass Rauch schädlich für die Gesundheit ist, ist schon lange bekannt. Egal ob aktiv oder passiv: Rauchen erhöht das Risiko für eine Allergie – vor allem für Asthma. Schwangere, Babys und Kinder sollten sich also in einer möglichst rauchfreien Umgebung aufhalten.

Haustiere – für die meisten Kinder unbedenklich

Bei Nicht-Risikokindern gibt es in Bezug auf Haustiere nichts zu beachten. Tatsächlich gibt es sogar Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass Kinder, die mit Hunden aufwachsen, seltener Allergien und Asthma bekommen als Kinder ohne Hunde.

Laut der AWMF gibt es allerdings Einzelstudien, die ein erhöhtes Allergierisiko bei Risikokindern mit Katzen andeuten. Auch die Stiftung Kindergesundheit schreibt: „Wenn in einer Familie hohes Allergierisiko besteht oder das Kind bereits unter einem atopischen Ekzem (Neurodermitis) leidet, sollte keine Katze neu angeschafft werden.“

Katzen, die schon im Haushalt leben, sollten deswegen aber keinesfalls abgeschafft werden.

Wohnräume sauber halten

Bei Renovierungen können Eltern darauf achten, dass Farben und Lacke lösungsmittelarm sind. Außerdem ist es wichtig, feuchte Wände und Schimmel sofort zu beseitigen, da sie allergiefördernd wirken können. Auch Schwangere sollten sich von Schimmel und lösungsmittelreichen Lacken fernhalten. Auch die Dünste von Duftkerzen und Raumsprays sollten nicht durchgehend um das Kind sein.

Häufiges Durchlüften ist hier positiv. Bei Fenstern, die Hauptverkehrsstraßen zugewandt sind, eignen sich verkehrsarme Zeiten zum Durchlüften.

Körpergewicht: Übergewicht vermeiden

Das Gewicht eines Kindes kann auch Einfluss darauf haben, ob es irgendwann einmal Allergien entwickeln wird. Vor allem Asthma wird oft auf Übergewicht zurückgeführt. Wichtig ist es also, Übergewicht schon im frühen Kindesalter zu vermeiden.

Psychologische Faktoren können einen Einfluss haben

Laut AWMF gibt es immer mehr Studien, die belegen, dass psychosoziale Einflüsse das Allergierisiko erhöhen können. Erlebt eine Frau in der Schwangerschaft oder ein Kind in der frühen Kindheit ein schwerwiegendes Lebensereignis (Trennung, Tod, etc.) kann dies das Risiko für eine spätere Allergie erhöhen. In solchen Situationen wird vermutet, dass frühzeitige Therapie dem entgegenwirken könnte.

Ausreichend Hygiene

Der deutsche Allergie- und Asthmabund empfiehlt außerdem, Baby-Pflegeprodukte zu benutzen, die frei von Duft- sowie Farbstoffen sind. Zudem raten sie vom frühen Ohrlochstechen und vom Tragen von Modeschmuck ab.

„Die Verwendung milbenallergendichter Matratzenüberzüge (Encasings) ist nur dann nützlich, wenn jemand in der Familie bereits unter einer nachgewiesenen Allergie gegen Hausstaubmilben leidet“, schreibt die Stiftung Kindergesundheit.

Übrigens: Mittlerweile wird vermutet, dass zu viel Hygiene tatsächlich auch zu einem erhöhten Risiko für Allergien führen kann. Also gilt hier: sauber und hygienisch – aber nicht steril.

Keine Vermeidung – sondern Gewöhnung

Von dem Prinzip der Allergenmeidung, das früher als DER Weg zur Allergieprävention galt, entfernen sich neue Theorien immer mehr.

„Es wurde immer deutlicher, dass Verzögern und Vermeiden von Lebensmitteln mit allergenem Potential das Immunsystem von Kindern in eine falsche Richtung programmieren kann“, erklärt Professor Dr. Dr. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der Universitätskinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Gesundheit.

Im aktuellen Newsletter der Stiftung Kindergesundheit spricht er von einem Immunsystem, das sich „langweilt“ und unterbeschäftigt ist. „[Es] sucht sich seine Feinde selbst, um sie dann mit unerwünschten, allergischen Immunantworten zu bekämpfen“.

Heute wird also nicht mehr zu einer Vermeidung geraten – sondern zu einer Gewöhnung. Es gilt:

Je früher und vielfältiger ein Kontakt mit potenziell Allergie auslösenden Stoffen entsteht, desto leichter lernt das Immunsystem den Umgang mit ihnen.

Quellen