Wickeln mit Stoff – früher ganz normal!
Meine Mutter hat schon mit Stoffwindeln gewickelt. Damals waren es noch Wollhosen oder umständliche Bindewindeln. Etwas skeptisch war sie also, als ich verkündete, dass ich unseren Neuankömmling mit Stoff wickeln werde.
Doch seit ich vor über 30 Jahren ein Baby war, hat sich eben viel getan. Neben Wollwindeln gibt es…
- Windeln aus atmungsaktivem, aber wasserdichten PUL
- farbige Woll-Überhosen
- Pockets
- All-in-Ones
- unzählige Einlagen aus Baumwolle, Bambusfasern & Co.
- Snap-Ins und Prefolds
- …und, und, und
Die große Auswahl ist vor allem für Anfänger erschlagend. Mich faszinierten aber die knuffigen Windeln mit den süßen Mustern. Und so wickelten ich und mein Mann unseren Sohn nach ein paar Wochen fast ausschließlich mit Stoff.
Mittlerweile verwenden wir beides – Stoffis und Wegwerfwindeln. In diesen sechs Situationen würde ich Stoffwindeln jedoch immer vorziehen:
1. Baby mit Milchstuhl:
Es ist der Albtraum aller frischgebackenen Eltern: Statt den Muttermilchstuhl aufzuhalten, schießt dieser den ganzen Rücken, manchmal bis zum Hals hoch.
Mh. Lecker.
Meistens auch noch in den ungünstigsten Situationen. Beispielsweise im Landeanflug im Flugzeug, wo im Nachhinein nicht nur das Baby einen Kleiderwechsel braucht, sondern auch noch die Mama. Fast alle Eltern kennen diese Situation.
Außer die, die ausschließlich mit Stoff wickeln. Denn während die Wegwerfwindeln mit Muttermilchstuhl innerhalb von 15 Minuten undicht waren und einen kompletten Kleidungswechsel voraussetzten, hielten die Stoffwindeln immer Bombe.
2. Zu Hause am liebsten mit Stoffi:
Zu Hause finde ich Stoffwindeln einfach praktisch. Da kann ich sie bei Bedarf direkt auswaschen oder in die Wäschetonne werfen und die nächste Windel entspannt ans Kind legen.
Wickeln
Gleichzeitig freue ich mich weniger Müll zu produzieren, weniger schleppen zu müssen und den Po meines Sohnes in einer atmungsaktiven, aber dennoch wasserdichten Windel zu betten.
3. Als Back-up bei Windelfrei:
Windelfrei-Mamas und Papas sollten sich unbedingt ein paar Stoffwindeln als Back-Up zulegen. Denn ständig die Kleidung zu wechseln, wenn etwas daneben geht, ist aufwendig. Vor allem unterwegs. Stoffwindeln sind der perfekte Kompromiss für Windelfrei-Eltern, die in manchen Situationen nicht auf eine Windel verzichten möchten oder können.
4. Bei sensiblen Babypopos:
Manche Babys vertragen keine Wegwerfwindeln. Zwischen wundem Po und Windeldermatitis sind Stoffwindeln dann oft die einzige Lösung. Es soll aber auch Babys geben, die sehr sensibel auf Stoffwindeln reagieren und bei Wegwerfwindeln keinerlei Probleme haben. Wir hatten glücklicherweise nie Probleme – weder mit Stoffwindeln, noch mit Wegwerfwindeln.
5. Entspannung bei der Babywäsche:
Diesen Punkt teilt vielleicht nicht jeder und jede. Aber ich kann bei der Windelwäsche sehr gut entspannen. Unsere Einlagen bestehen überwiegend aus Mullwindeln, die gefaltet werden müssen.
Mir macht es Spaß, die getrockneten Mullwindeln zu falten und in die hübschen Stoffwindeln zu legen. Das mache ich entspannt nebenbei – beim Fernsehen oder wenn mein Sohn fröhlich um mich herumwatschelt und mir immer wieder bei der Wäsche „hilft“.
6. Praktisch bei Windel-Schönheitswettbewerben:
Ich weiß nicht, ob es irgendwo einen Windel-Schönheitswettbewerb gibt. Aber wenn, dann werden die Sieger ganz klar Stoffwindeln tragen. Stoffwindeln sind die schönsten Windeln, die es gibt. Punkt.
Es gibt Windeln mit knuffigem Aufdruck aus Bärchen und Fröschchen, es gibt Stoffwindeln mit coolem Superhelden-Aufdruck und es gibt welche mit künstlerischen, abstrakten Motiven. Für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Und mit solch schönen Windeln zu wickeln macht einfach Spaß. Und Spaß, in eine Tätigkeit wie Wickeln zu bringen, das ist für mich ein ganz großer Pluspunkt!
Es gibt aber auch Situationen, in denen ich Stoffwindeln weniger praktisch finde. Da greifen wir mittlerweile auch auf die ein oder andere Wegwerfwindeln zurück.
In diesen drei Situationen bevorzugen wir Wegwerfwindeln:
1. Unterwegs:
Es gibt sehr viele Eltern, die unterwegs Stoffis benutzen und gut damit klarkommen. Für mich war das allerdings eher umständlich. Vor allem, als unser Sohn noch kleiner war und deutlich mehr Windeln brauchte. Da meine Windeltasche sowieso schon mit allerlei Dingen gefüllt war, waren vier große Stoffwindeln bzw. Einlagen und der Wetbag einfach zu viel Geschleppe.
Die Angst im Nacken, dass der Muttermilchstuhl übers Ziel hinausschießen könnte, nahm ich in Kauf. Auf meinem zweiten Flug mit dem Baby zog ich vorsichtshalber eine PUL-Überhose über die Wegwerfwindel.
2. Urlaub ohne Waschmaschine:
In einem längeren Urlaub ohne Waschmaschine ist es wirklich schwierig mit Stoffwindeln. Nach spätestens drei Tagen fangen sie ja doch an zu müffeln. Ganz abgesehen davon, dass Windeln für einen zweiwöchigen Urlaub ganz schön viel Platz im Koffer wegnehmen.
Für ein verlängertes Wochenende nehme ich oft genügend Stoffwindeln mit. Bei einem längeren Urlaub nur dann, wenn auch eine Waschmaschine vor Ort vorhanden ist. Nach zwei Wochen ganz ohne Stoffis vermisse ich sie aber schon richtig.
3. Nachts:
Ich verwende Stoffwindeln gerne nachts. Es kommt sehr selten vor, dass uns eine Windel ausläuft. Mein Mann greift nachts – und auch sonst – generell lieber auf Wegwerfwindeln zurück. Ihm gefällt die Vorstellung nicht, dass unser Sohn länger im Feuchten liegt.
Unseren Sohn stört das übrigens gar nicht. Aber jeder darf so wickeln, wie er oder sie möchte. Also verwenden wir, je nachdem wer zuletzt wickelt, nachts mal Wegwerfwindeln, mal Stoffis.
Mittlerweile gehe ich viel entspannter mit dem Thema Stoffwindeln um. Ich verwende sie, wo es für mich praktisch ist, greife in stressigen Zeiten aber auch auf Wegwerfwindeln zurück. Jede gesparte Wegwerfwindel entlastet die Umwelt, aber es nützt der Familie wenig, wenn Stoffwindeln nur Stress und Druck bringen. So muss jede Familie einen Weg finden, der für sie passt.