Stürze vom Wickeltisch sind immer noch die häufigste Verletzungsursache von Säuglingen. Das zeigt eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes (Unfälle, Gewalt, Selbstverletzung bei Kindern und Jugendlichen – 2017). Und das kann leichter passieren als du denkst. In den ersten Lebensmonaten machen Babys sprunghafte Entwicklungs- und Wachstumsschübe. Nach jedem Schub überraschen uns die Kleinen plötzlich mit neuen Fähigkeiten und drehen sich z.B. ganz alleine auf den Bauch. Das kann auf dem Wickeltisch natürlich gefährlich werden.
Während wir also überzeugt sind, dass das Baby wie sonst auch ruhig auf dem Rücken liegen bleibt, hat es eigene Pläne und dreht sich. Dass der Wickeltisch für diese Turnübungen nicht ausgelegt ist, weiß das Kleine natürlich nicht. Nur wenige Sekunden können ausreichen und das Baby rollt vom Tisch, etwa wenn du dich kurz umdrehst, um eine neue Windel zu holen. Eltern machen sich dann große Sorgen und Selbstvorwürfe. Allerdings sind solche Unfälle unglückliche Zufälle und können passieren. Wichtig ist jetzt, dass du Anzeichen einer Gehirnerschütterung oder anderer schwererer Kopfverletzungen richtig deutest.
Diese Fragen solltest du zur Beurteilung durchgehen:
- Sind äußerliche Verletzungen sichtbar?
- War dein Kind nach dem Sturz bewusstlos?
- Blutet es aus den Ohren? oder
- Kommt anhaltender klarer, wässriger Ausfluss aus der Nase?
- Kann es Arme, Beine, Hände, Kopf etc. nicht wie gewohnt koordiniert bewegen?
- Wirkt es benommen oder schläfrig, obwohl keine Schlafenszeit ist?
- Ist es besonders blass oder muss sich sogar erbrechen?
- Reagieren die Pupillen unterschiedlich oder untypisch auf Licht?
- Ist eine Beule sichtbar und ist sie weich wie ein Gelkissen?
- Ist dein Baby weinerlich und lässt sich nicht beruhigen?
Was einen Sturz vom Wickeltisch so problematisch macht, ist die Höhe. „Weil der Kopf kleiner Kinder relativ groß und schwer ist im Vergleich zu den anderen Körperteilen, trifft er meist als Erstes auf“, sagt Tobias Schuster, Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg und Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Die weichen Schädelknochen mit der großen Fontanelle machen den Kopf des Babys anfällig für Erschütterungen. Zudem können die zarten Blutgefäße im Bereich der Hirnhäute bei heftigen Stößen leicht einreißen und Blutungen verursachen.
Wenn du also eine oder sogar mehrere der obigen Fragen mit „Ja“ beantworten kannst, solltest du unbedingt einen Arzt aufsuchen bzw. direkt ins Krankenhaus fahren. Dort wird dein Kind dann genau untersucht und über 24 bis 48 Stunden beobachtet, um mögliche Hirnblutungen ausschließen zu können. Diese treten typischerweise erst einige Zeit nach dem Unfall auf und sind auch auf Röntgenaufnahmen nicht sichtbar.
So kannst du den Unfällen vorbeugen
Beruhigend ist, laut DGKCH können Ärzte solche Unfälle am Ende in mehr als 90 Prozent als leichte Gehirnerschütterungen einstufen. Ein Sturz vom Wickeltisch endet also doch meist glimpflich. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass alles „halb so schlimm ist“. Du solltest unbedingt versuchen, solche Unfälle zu vermeiden.
Hohe Seitenwände am Wickeltisch sind auf jeden Fall von Vorteil. Auch solltest du nach Möglichkeit immer einer Hand auf dem Baby haben. Vor allem ab dem fünften Lebensmonat ist das wichtig. Die meisten Babys beginnen dann, sich zu drehen. Du wirst merken, dass dein Baby mit einem halben Jahr einen immer stärkeren Bewegungsdrang entwickelt. Es kann also durchaus Sinn machen, dass Wickeln zur Sicherheit gleich auf den Boden zu verlagern.