Seit sich unser kleiner Mann drehen kann, mag er nicht mehr still liegen. Generell ist das kein Problem, außer eben beim Windelwechseln. Da ich Stoffwindeln verwende und diese mit Druckknöpfen gekauft habe, fallen Höschenwindeln raus.
Die richtige Windel
Die Windel kann ich ihm zwar auch im Stehen abziehen, aber um die frische Windel anzuziehen, muss er kurz auf dem Rücken liegen.
Und da schreit er, als würde ich ihm sonst was antun.
Also bleiben mir zwei Möglichkeiten: Das Kind nackig lassen oder die Windel unter Gebrüll drankämpfen. Dachte ich zumindest, bis ich unsere Lösung zum entspannteren Windelwechseln fand.
Unsere Lösung zum entspannten Windelwechseln
Es war mal wieder soweit und ich versuchte völlig gestresst und genervt die frische Windel so schnell wie möglich meinem Sohn anzuziehen. Er windete und drehte sich und protestierte mit all der Kraft, die sein kleiner Körper so hergab.
Dann warf ich das Handtuch. In Ordnung, Oskar, lauf herum, nackig und froh. Pinkel auf meinen Teppich. Verteile deine Hinterlassenschaften auf dem Sofa. Du hast gewonnen.
Oskar drehte ein paar Runden, fast, als wolle er mich ärgern. Dann kam er zurück, umarmte mich und quietschte „Da“. Was das bedeutet? Keine Ahnung.
„Wollen wir es noch einmal versuchen?“ seufzte ich und hob die Augenbrauen.
Oskar blieb bei mir. Also nahm ich ihn, legte ihn auf den Rücken und zog ihn – ohne Gebrüll und Drama – die frische Windel an. Er kooperierte, mit knapp über einem Jahr. Nach diesem Erlebnis änderte ich meine Windelstrategie grundlegend.
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Körperliche Autonomie ist wichtig – das hatte ich vergessen
Körperliche Autonomie ist wichtig, in jedem Alter. Babys lernen schnell, dass sie selbstständig und unabhängig sind. Sobald sie greifen, sich drehen und krabbeln können, merken Babys, sie sind autonom. Und diese Freiheit wollen sie auch auskosten.
Das Drama ist groß, wenn ein Objekt der Begierde weggenommen oder eine spannende Tätigkeit unterbrochen wird. Natürlich gibt es auch andere Gründe, warum Babys und Kleinkinder ihre Windel nicht wechseln möchten.
Beispielsweise möchten viele Kleinkinder ihren Stuhlgang nicht abgeben, denn sie sehen ihn als Teil ihres Körpers. Auch körperliche Gründe wie eine Windeldermatitis, ein Windelpilz oder einfach ein wunder Po können das Wickeln zu einer Tortur machen, die das Kind vermeiden möchte.
Bei uns war aber ganz klar der Eingriff in seine Autonomie der Grund für das Drama. Jedes Mal.
Und obwohl ich sonst sehr darauf bedacht bin, ihm Freiheiten zu lassen und ihn in einer Ja-Umgebung ungehindert herumwursteln zu lassen, hatte ich es beim Windelnwechseln irgendwie vergessen.
Die Lösung lag so nah
Im Nachhinein weiß ich gar nicht, warum so lange gekämpft hatte. Denn die Lösung mit meinem Kleinkind war so einfach: Ich gestehe ihm zu, selbst zu entscheiden, wann die neue Windel dran darf. Meist kooperiert er dann doch, aber eben zu seinen Konditionen.
Natürlich habe ich nicht immer diese Engelsgeduld. Manchmal muss es schnell gehen. Wir haben Termine, die Kackiwindel stinkt zum Himmel, der Hund will Gassi … dann müssen wir beide durch.
Aber die meisten Termine können fünf Minuten warten. Wenn es also möglich ist, lasse ich Oskar entscheiden. Es ist ja schließlich sein Körper.
Das ist unser Weg – und der klappt nicht in jeder Familie
Es wäre doch zu einfach, oder? Das Kind einfach ein paar Minuten machen lassen und schon verläuft der Alltag ohne Geschrei. Mehrfachmamas werden an dieser Stelle nur müde lächeln. Denn während Mama wartet, dass Kind Nummer eins zum Windelwechsel bereit ist, klettert Kind Nummer zwei am Regal hoch und Kind Nummer drei entscheidet heute selbst zu kochen.
Es gibt auch Kinder, die sofort einen wunden Popo bekommen. Da dürfen Mama und Papa bei aller Liebe zur kindlichen Autonomie nicht zu lange warten. Und Kacki. Da ist ja auch noch Kacki. Da warte ich auch nicht, bis Oskar bereit ist, sein Spiel zu unterbrechen.
Ein Blick in die Windel
Ich glaube aber, für jede Familie gibt es Lösungen, mit denen ungeliebte Abläufe entspannter gestaltet werden können. Beim großen Geschäft stelle ich Oskar schnell unter die Dusche, denn Wasser ist für ihn immer toll.
Bei anderen Kindern funktionieren feste Rituale vielleicht gut. Jedes Mal der gleiche Ablauf. Oder das Kind akzeptiert eine spielerische Herangehensweise. Dann wird es Zeit, ein Windelwechsel-Lied zu dichten und sich eine lustige Choreografie dazu auszudenken.
Seit ich gemerkt habe, dass Oskar sehr wohl mit seinem zarten Alter von knapp über einem Jahr kooperieren kann, übergehe ich ihn nach Möglichkeit nicht mehr. Das heißt, nicht nur er kooperiert, auch ich habe gelernt mich auf ihn einzustimmen und mit ihm zu kooperieren. Das klappt zwar nicht immer, aber überraschenderweise doch sehr oft.