Bis zu welchem Alter gilt Einnässen bei Kindern als normal?
Üblicherweise erlangen Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren die Kontrolle über ihre Blase. Jedes Kind hat sein eigenes Tempo, wann es keine Windel mehr braucht und selbstständig zur Toilette geht.
Von Einnässproblemen oder einer primären Enuresis spricht man erst, wenn im Alter von mindestens fünf Jahren noch regelmäßig am Tag oder nachts eingenässt wird. Als „trocken“ gilt das Kind, wenn es länger als sechs Monate nicht mehr eingenässt hat.
Wie äußert sich die sekundäre Enuresis?
Bei manchen Kindern kommt es nach einer Trockenphase von einem halben Jahr oder länger erneut zum Einnässen. Mediziner nennen das sekundäre Enuresis. Meistens tritt sie in der Nacht (mehrmals pro Woche) ein, seltener haben betroffene Kinder zusätzlich auch tagsüber keine Kontrolle über die Blase. Dabei handelt es sich übrigens nicht um Einzelfälle. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge sind etwa 10% der Siebenjährigen noch nicht trocken, bei etwa einem Viertel davon handelt es sich um eine sekundäre Enuresis.
Wie verhält man sich richtig, wenn das Kind wieder einnässt?
Macht das Kind nachts wieder ins Bett, sind Vorwürfe komplett fehl am Platz. Die Situation ist an sich schon belastend genug. Einige Kinder versuchen sogar aus Scham, den nassen Schlafanzug und das Laken zu verstecken. Statt zu schimpfen, sollte man das Kind respektvoll behandeln und ruhig mit ihm sprechen, ohne ein Riesenproblem aus der Sache zu machen. Manchmal kann es schon helfen, wenn sich das Kind seinen Kummer von der Seele reden kann und man gemeinsam nach Lösungen sucht.
Hält das Bettnässen weiter an, sollte man nach etwa vier Wochen den Kinderarzt aufsuchen und sich zu möglichen Therapien beraten lassen. Merkt ein Kind auch tagsüber wiederholt nicht rechtzeitig, dass es zur Toilette muss, sollte man bereits nach einigen Tagen beim Arzt abklären lassen, ob eventuell körperliche Beschwerden für das Einnässen verantwortlich sind, die behandelt werden müssen.
Hilfreich für die Beurteilung des Arztes ist, das Geschehen zu protokollieren: Wann kam zum Einnässen, wie war das Trinkverhalten etc. Im Internet stehen Vorlagen für ein solches Blasentagebuch zum kostenlosen Download oder als App bereit.
Welche psychischen Ursachen können hinter dem erneuten Einnässen stecken?
Macht ein Kind im Vorschul- oder Grundschulalter wieder ins Bett, stecken häufig seelische Probleme dahinter. Typische Situationen, die Kinder dieser Altersklasse stark belasten können, sind z.B.
- Trennung der Eltern oder häufiger Streit in der Familie
- Geburt eines Geschwisterkindes
- Umzug und der damit einhergehende Verlust des gewohnten Umfeldes und der Spielkameraden
- Einschulung, Schulwechsel oder Probleme mit Lehrern und Mitschülern (Mobbing)
- Tod eines nahen Familienmitglieds oder liebgewordenen Haustiers
Oftmals geht das auch mit Einschlafproblemen, häufigen Alpträumen oder Ängsten einher.
Was sind organische Ursachen für eine sekundäre Enuresis?
Sie sind zwar seltener, dennoch kann der ungewollte Urinverlust auch auf einen Harnwegsinfekt, Störungen der Blasen- oder Nierenfunktion sowie bestimmte organische Grunderkrankungen zurückzuführen sein. Bei einem entsprechenden Verdacht führt der Arzt einen Urintest und verschiedene körperliche Untersuchungen durch, die für das Kind völlig schmerzfrei ablaufen.
Wie wird eine sekundäre Enuresis behandelt?
Eine medikamentöse Behandlung ist nur notwendig, wenn dem Harnverlust körperliche Ursachen zugrunde liegen.
Wichtig ist, das Kind mit seinen Sorgen und Nöten ernstzunehmen und diese mit klärenden Gesprächen möglichst aus der Welt zu schaffen bzw. entsprechende Maßnahmen (z.B. bei Schulproblemen) zu ergreifen. Bei tiefgehenden seelischen Problemen kann auch der Besuch eines erfahrenen Kindertherapeuten angeraten sein.
Weitere hilfreiche Alltags-Tipps:
- Für eine gesunde Blasenfunktion ist darauf zu achten, dass das Kind über den Tag verteilt ausreichend trinkt. Eine Limitierung der Trinkmenge hilft nicht gegen das Einnässen. Auf koffeinhaltige Getränke (Cola, Schwarztee) ist allerdings zu verzichten, sie wirken harntreibend.
- Hilfreich im Alltag ist die Matratze mit einer wasserdichten Schutzauflage zu versehen und eine zweite Garnitur Wäsche bereitzulegen. Wenn das Kind möchte und das nicht als Strafe deklariert wird, kann es beim Ab- und Beziehen des Bettes mithelfen. Zur Beseitigung des Uringeruchs und der Vermeidung von Hänseleien durch Mitschüler sollte das Kind morgens duschen.
- Mit apparativen Hilfen wie Klingelhose oder Klingelmatte sind Statistiken zufolge bei sekundärer Enuresis gute Erfolge zu erzielen. Inwiefern das in Frage kommt, müssen Eltern abwägen: Meist ist dabei nachts auch die Hilfe von Mama oder Papa notwendig, zudem kann der elektronische Alarm Geschwisterkinder aufwecken.
- Von Maßnahmen wie nächtlichem Wecken und „Abhalten“ ist hingegen abzusehen.
Quellen
Alle Informationen in diesem Artikel stammen aus öffentlichen und zuverlässigen Fachquellen wie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sowie den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. Die hier gegebenen Ratschläge und Informationen ersetzen in keinem Fall die medizinische Betreuung durch qualifiziertes Fachpersonal. Bitte kontaktiere immer deinen Kinderarzt oder deine Kinderärztin für eine professionelle Diagnose und Behandlung.