Wie viele Gefühle sollten Eltern vor ihren Kindern zeigen?

Sohn tröstet Mutter, die weint
Viele Eltern versuchen, negative Emotionen vor ihren Kindern zu verstecken. Gefühle zu zeigen ist aber wichtig – für Eltern und Kinder.
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„Vor meinen Kindern weine ich nicht!“. Viele Mütter und Väter sind beharrt darauf, Gefühle – vor allem negative – nicht vor ihren Kleinen zu zeigen. Dann weint Papa im Schlafzimmer und Mama schreit sich im Keller ihre Frustration von der Seele. Negative Gefühle sollten Eltern aber nicht vor ihren Kindern verstecken – der richtige Umgang damit ist wichtig.

Eine „heile Welt“ brauchen Kinder nicht immer

Viele Eltern versuchen, negative Gefühle im Familienalltag zu unterdrücken. Aber wie soll dein Kind so lernen, mit seinen eigenen Gefühlen umzugehen? „Mama und Papa sind nie traurig, wieso muss ich dann andauernd weinen?“. Kinder könnten sich so mit ihren Emotionen alleingelassen fühlen oder sogar annehmen, dass es nicht normal ist traurig oder wütend zu sein.

Wissenschaftlich bestätigt: Du sollst deinen Kindern Emotionen zeigen

„Nicht vor den Kindern“: Ein beliebter Satz in einer Streitsituation. Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder sie schlecht gelaunt oder wütend erleben – dabei ist das für Kinder sogar gut. Wenn Eltern ihre Gefühle vor Kindern unterdrücken, wirkt sich das negativ auf die Kleinen aus. Das hat auch eine Untersuchung der Washington State University bestätigt. In einem Experiment wurden 109 Mütter und Väter einem Stresstest ausgesetzt. Sie mussten eine Präsentation halten und bekamen negatives Feedback. Dann sollten die Elternteile mit ihren Kindern eine Aufgabe lösen. Unter der Anleitung ihrer Kinder mussten sie ein Lego-Projekt aufbauen (ohne die Anleitung sehen zu dürfen). Eine Hälfte sollte sich wie immer verhalten, die Andere sollte ihre Emotionen unterdrücken.

„Das Unterdrücken ihres Stresses machte die Eltern zu weniger positiven Partnern während der Lego-Aufgabe“, erklärt Studien-Co-Autorin Sara Waters. Die negativen Emotionen der Eltern spiegelte sich auch im Verhalten der Kinder wider – sie waren weniger interessiert und negativer. „Es ist fast so, als würden die Eltern diese Emotionen auf die Kinder übertragen.“ Laut Walters gibt es schon mehrere Studien, die bestätigen, dass Kinder die „emotionalen Rückstände“ ihrer Eltern aufnehmen.

„Zeig deine Gefühle“ ist aber kein Freifahrtschein

Dass es schlecht sein kann, wenn Eltern ihre Gefühle unterdrücken, heißt aber nicht, dass du allen Gefühlen jetzt einfach immer freien Lauf lassen sollst. Das kann schnell dazu führen, dass du deine Gefühle einfach an/bei deinem Kind auslässt. Und das bringt weder dir noch deinem Kind viel. So lernt dein Kind nicht, wie es mit Gefühlen umgehen soll, sondern, dass man sie einfach (an anderen) auslässt. Besser ist, wenn du deinem Kind zeigst, dass Gefühle intensiv sein können und man sie zulassen sollte – aber auch, wie man am besten mit ihnen umgeht. Außerdem musst du deinem Kind klarmachen, dass deine Wut oder Trauer absolut nichts mit ihm zu tun hat.

Wenn dich dann doch mal ein ganz starker Gefühlsausbruch überfällt, musst du deinem Kind natürlich nicht deinen Nervenzusammenbruch zeigen. Erklär ihm einfach, dass du gerade sehr traurig bist und nimm dir dann Zeit, dich zu beruhigen – allein.

Was ist also der richtige Weg?

So zu tun, als wäre man gut gelaunt funktioniert vor Kindern also nicht. Für deine Kinder ist es auch nur verwirrend, wenn etwas Schlechtes passiert aber du trotzdem gut drauf bist. Außerdem ist ein gesunder Umgang mit Gefühlen wichtig für die Entwicklung von Kindern. Auf den richtigen Umgang kommt es an.

Walter rät Eltern, ihren Kindern einen „gesunden Konflikt“ zu zeigen. Von Anfang bis Ende. In Streitsituationen bedeutet das: Regeln! Nicht schreien, keine Beleidigungen, keine alten Streitigkeiten aufbringen und immer nach einer Lösung oder einem Kompromiss suchen.

Bei individuellen Gemütslagen ist es wichtig, den Kindern die Gefühle zu erklären. Außerdem sollte ihnen gezeigt werden, dass die meisten Probleme gelöst werden können. „Das Beste ist, wenn du deinen Kindern sagst, dass du verärgert bist – aber du ihnen erklärst, was du tun wirst, um die Situation besser zu machen!“