Kleinkindentwicklung
Sozial und emotional
Bisher hat Dein Kind sich meist in Deiner unmittelbaren Nähe aufgehalten, doch im zweiten Lebensjahr wird es unabhängiger. Du wirst bei einem Spaziergang häufiger feststellen, dass Dein Kind einfach ein Stück voraus läuft. Insgesamt wird es sich meist maximal 60 Meter von Dir entfernen und durch gelegentliches Umschauen diese Distanz überprüfen. Doch diese Distanz zu Dir, stellt Dich vor eine Herausforderung: Neben Deinem Bedürfnis Dein Kind höchstens eine Armlänge entfernt zu haben, verfügt Dein Kind noch nicht über die Fähigkeit, Gefahren zu erkennen und zu vermeiden.
So würde es sich vielleicht ohne zu zögern in den Bach stürzen, wenn es dort etwas Interessantes entdeckt. Du musst also einen Mittelweg finden, Deinem Kind einerseits mehr Freiheit und einen größeren Aktionsradius zuzugestehen, und andererseits sein Tun gut im Blick behalten um notfalls einen rettenden Sprint hinlegen zu können, der es vor Gefahren zu bewahren. Ist Dein Kind empathisch? Erfasst Dein Kind bereits die Gefühle anderer Personen? Diese Fähigkeit ist bei Menschen verschieden ausgeprägt und kann sich schon jetzt zeigen, während sie bei anderen vielleicht erst im Grundschulalter erlangt wird.
Wenn Dein Kind z.B. ein anderes Kind in der Spielgruppe weinen sieht, wird es vielleicht versuchen, dieses Kind zu trösten, z.B. durch eine Umarmung, ein Taschentuch oder ein angebotenes Spielzeug. Allerdings wird es solche Aktivitäten vermutlich unterlassen, wenn es selbst das Weinen ausgelöst hat, z.B. indem es dem anderen Kind das Spielzeug weggenommen hat.
Empathie ist eine sehr wichtige Fähigkeit, um im Zusammenleben mit anderen zurechtzukommen. Es bedeutet, zu wissen wie das eigene Handeln andere Personen beeinträchtigt und die Gefühle anderer zu erkennen und zu beachten. Du kannst die Empathie Deines Kindes fördern, indem Du es auf die Gefühle anderer aufmerksam machst und sie erklärst. „Das Baby weint, weil es Hunger hat, komm wir geben ihm seine Flasche.“ oder „Die Katze faucht, weil sie Angst vor dem Hund hat.“ oder „Tim ist traurig weil sein Papa weggefahren ist, darum weint er.“ Sogenannte „Wimmelbücher“ enthalten oft Elemente, in denen solche Dinge zu entdecken sind, z:B. ein weinendes Kind, dem sein Eis auf den Boden gefallen ist.
Sprachentwicklung und Intellekt
Dein Kind spricht nun vielleicht verschiedene Wörter zu bestimmten Gelegenheiten, z.B. „alle-alle“ wenn es seinen Teller leer gegessen hat. Es versteht inzwischen auch, dass Dinge, die es nicht mehr sehen kann, nicht einfach „weg“ sind, sondern vielleicht nur versteckt wurden. Wenn Du also einen Bauklotz unter eine Decke legst und fragst „Wo ist der Klotz?“ dann wird Dein Kind danach suchen, weil es weiß, dass er noch existiert. Findet es den Klotz nicht unter dem Kissen und auch nicht in der Spielzeugkiste, so wird es weiter danach suchen, weil er ja irgendwo sein muss.
Vielleicht bekommt Dein Kind bald ein kleines Geschwisterkind und Du fragst Dich, wie das funktionieren wird. Bisher hast Du vielleicht immer prompt auf die Bedürfnisse Deines Kindes reagiert, aber mit einem Baby wird das nicht immer möglich sein. Keine Sorge, Kleinkinder sind in diesem Alter oft schon in der Lage, einen kurzen Moment zu warten. Je weiter ein Kind intellektuell und sprachlich entwickelt ist, desto länger und besser wird es warten können. Teste, ob und wie lange Dein Kind warten kann, indem Du ihm ein neues Buch oder Spielzeug hinlegst und ihm sagst, dass es dies erst haben kann, wenn Du etwas Bestimmtes (nenne eine Tätigkeit von 1-3 Minuten, z.B. Zähne putzen) gemacht hast. Wenn Dein Kind über diesen Zeitraum warten kann, dann ist dies ein gutes Zeichen für seine Geduld und Du solltest es ruhig zum Üben manchmal kurz warten lassen, damit das kleine Geschwisterchen nicht als alleinige Ursache für Wartezeiten wahrgenommen wird. Achte aber darauf, dass das Warten immer mit der versprochenen Aktion belohnt wird. Sage nicht „Ich spiele mit Dir, sobald ich hier fertig gelesen habe“ und gehe dann nach dem Lesen die Küche aufräumen. Halte Deine Versprechen unbedingt in der vereinbarten Weise ein.
Spielen
Wenn Ihr regelmäßig eine Kindergruppe besucht oder Dein Kind in einen Kindergarten geht, dann wird es nun beim Spielen schon immer mehr mit anderen Kindern kooperieren. Richtiges gemeinsames Spielen und das Aufbauen von ersten Freundschaften sollte man jedoch nicht vor dem 3. Geburtstag erwarten. Manchmal kommt es zwischen Kindern zu Streitigkeiten, z.B. wenn auf dem Spielplatz ein anderes Kind Deinem Kind die Sandsachen wegnimmt oder mit Sand wirft. Man kann in diesem Alter nicht erwarten, dass Kinder solche Konflikte selbst regeln. Beobachte das Geschehen kurz und entscheide, ob die Kinder die Situation alleine bewältigen. Falls nicht, ist es angebracht, beide Parteien vorsichtig zur Schlichtung zu bewegen:
„Der Junge interessiert sich für Deine Schaufel, möchtest du sie ihm leihen und gleich wieder bekommen?“ oder „Ich möchte nicht, dass Du mit Sand wirfst.“ Manchmal muss man auch die Betreuungsperson des anderen Kindes ansprechen. Bleib dabei freundlich, es geht hier um kleine Kinder, die Sozialverhalten erst üben und lernen müssen: „Entschuldigung, ihr Sohn bewirft meinen Sohn mit Sand. Ich hatte ihn gebeten, dies nicht zu tun aber er hört damit nicht auf. Würden Sie bitte einschreiten?“ Auch wenn man erwartet, dass sich die andere Mutter schon früher eingebringt, manche Eltern sind schlicht unsicher und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen, darum schauen sie weg bis man sie anspricht.
Beim Spielen verfügt Dein Kind nun schon über ein wenig Vorstellungskraft. Dann kann aus der leeren Margarine-Dose in der Badewanne ein Schiff werden oder es krabbelt auf dem Boden und tut so als wäre es ein Hund. Oder es tut so als würde es frieren, obwohl es warm ist. Initiiere ruhig solche „so tun als ob“ Spiele, sie rege die Phantasie an. Man kann mit Decken und Kissen unter dem Tisch eine Höhle bauen und so tun als wäre es ein Haus mit einer Tür, an die jemand anklopft.