Kinderpsychiater will Trend seit über 20 Jahren beobachtet haben
Die provokante These des Psychiaters: Seit dem Jahr 1995, als nach und nach Fernsehgeräte, Computer, Laptops, Smartphones und Tablets Einzug in unser Leben erhielten, gehe es mit der Kindererziehung bergab.
Nicht nur wegen seiner scharfen Thesen stand Kinderpsychiater Michael Winterhoff schon länger in der Kritik. Nach umfassenden Recherchen warfen der Westdeutsche Rundfunk und die Süddeutsche Zeitung dem Kinderpsychiater zweifelhafte Behandlungsmethoden vor. Gegen ihn läuft ein Ermittlungsverfahren. Seine Praxis hat Winterhoff inzwischen geschlossen.
Denn diese digitalisierte Welt überfordere Erwachsenen inzwischen so sehr, dass sie sich nicht mehr vernünftig mit ihren Kindern und deren Bedürfnissen auseinander setzen können. „Erwachsene agieren heutzutage nicht mehr. Sie reagieren nur. Auf ihr Smartphone, auf ihr Tablet, auf ihren Computer, auf ihr Kind. Und sie reagieren sofort.“, sagt Winterhoff gegenüber Business Insider
Heißt konkret: Du hast schlechte Laune, setz dich vor den Fernseher. Du quengelst, hier guck dir ein Video auf meinem Handy an. Dir ist langweilig, spiel eine Runde auf dem Tablet. Ruhigstellen, anstatt sich ernsthaft mit den Bedürfnissen des Kindes auseinanderzusetzen.
Nutzung von Smartphone & Tablet nimmt zu
Diesen Trend bestätigt im Ansatz zumindest auch die BLIKK-Studie (Bewältigung Lernverhalten Intelligenz Kompetenz Kommunikation) von 2016: 75 Prozent der Kinder zwischen zwei und vier Jahren verbringen bereits in jungen Jahren täglich 30 Minuten vor dem Smartphone um Spiele zu spielen.
Die negativen Auswirkungen auf die Kinder
Dieses falsche Verhalten der Eltern wirke sich laut Winterhoff natürlich negativ auf den Charakter der Kinder aus. Kinder, die es gewohnt sind, immer sofort das zu bekommen was sie wollen, entwickeln keine Frustrationstoleranz.
Sie halten für sie unangenehme Situationen schlecht bis gar nicht aus. Das kann auch schon das Anstehen an der Kasse im Supermarkt sein. Doch gerade diese Fähigkeit ist für unseren Alltag extrem wichtig: Wie sonst könnten wir einen Tag im Büro bei strahlendem Sonnenschein aushalten, oder die Wartezeit im Restaurant oder ein Kind in der Trotzphase?
Für Winterhoff ist die Schlussfolgerung klar: „Die Frustrationstoleranz sollte bei Kindern schon ab dem achten oder neunten Monat ausgebildet werden“, zitiert ihn Business Insider.
Babys brauchen eine Frustrationstoleranz?
Zumindest räumt der Kinderpsychiater ein, dass es natürlich wichtig ist, auf die Bedürfnisse eines Säuglings gleich zu reagieren und ihn nicht schreien zu lassen.
Seite Kritik richtet sich also vielmehr an den Schweinehund, der Eltern gelegentlich – manchmal vielleicht auch zu oft – dazu verleitet, die Kinder schnell zufriedenzustellen, anstatt ihr Genörgel noch länger mit anhören zu müssen.
Und wer jetzt ehrlich ist, der weiß: Irgendwie, irgendwo ganz tief drin haben diesen Schweinehund wahrscheinlich die meisten Eltern. Ob die Technik unsere Kinder wirklich zu unfähigen Erwachsenen erzieht? Dazu gibt es noch nicht genügend andere Studien…