Virus-Mutation gefährdet frühzeitige Kita-Öffnungen

Spielzeugautos auf Teppich im Vordergrund, spielende unscharfe Kinder im Hintergrund
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Fast jedes dritte Kita-Kind geht derzeit in die Notbetreuung. Ein Ausbruch der neuen Corona-Mutation an einer Freiburger Kita lässt die Hoffnung auf eine baldige Kita-Öffnung allerdings wieder schwinden. Baden-Württemberg hatte diese als eines der ersten Bundesländer in Aussicht gestellt.

Jedes dritte Kind in Notbetreuung

Eine Umfrage des RedaktionsNetzwerk Deutschlands bei allen 16 Bundesländern hat gezeigt, wie groß der Bedarf an einer Notbetreuung für Kita-Kinder ist. Seit Anfang des Jahres hätten immer mehr Eltern diese in Anspruch genommen.

Steigende Tendenz

Trotz der dringenden Appelle an die Eltern, die Kinder zu Hause zu lassen, ist eine steigende Tendenz zu erkennen. Aktuell würden nur zwei von drei Kita-Kindern zu Hause betreut. In Thüringen, das Bundesland mit dem massivsten Infektionsgeschehen der letzten Wochen, gingen am 14. Januar bereits rund 36 Prozent der Kinder in die Notbetreuung. Am 4. Januar waren es noch knapp 25 Prozent.

Streitpunkt Schul- und Kitaöffnungen

Bund und Länder hatten sich am 19. Januar auf eine Verlängerung des Lockdowns und somit den Schließungen von Kitas und Schulen bis zum 14. Februar geeinigt.
Großer Streitpunkt bei den Verhandlungen war vor allem eine mögliche, frühzeitige Öffnung von Schulen und Kitas. Einige Bundesländer, allen voran Baden-Württemberg, hatten entgegen der Empfehlung von Angela Merkel bereits angekündigt, Kitas und teilweise Schulen schon ab Anfang Februar wieder zu öffnen, um Eltern zu entlasten.

Kritik: Infektiosität von Kindern unterschätzt

Der Vorstoß des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann wurde scharf von Gewerkschaften wie Ver.di und der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft kritisiert. „Für weitgehende Lockerungen oder die schnelle Rückkehr zum vollständigen Präsenzunterricht fehlen an den meisten Schulen und Kitas noch immer die Voraussetzungen.“, äußerte sich beispielsweise Marlis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft.

Auch Prof. Christian Drosten, Chef-Virologe an der Berliner Charité, hatte sich erst jüngst kritisch gegenüber der Schulpolitik der Bundesländer geäußert: Seiner Meinung nach hätten die Ministerpräsidenten die Infektiosität von Kindern zu lange klein geredet.

Neuste Studien aus Österreich und England bestätigen, dass sich Schüler genauso so häufig ansteckten wie ihre Lehrerinnen und Lehrer – allerdings mit einem deutlich milderem Krankheitsverlauf. Die neuen Virusmutationen, die als ansteckender gelten, könnten die Situation an Schulen und Kitas also verschärfen, wenn diese zu früh geöffnet würden.

Coronavirus-Mutation an Kita in Baden-Württemberg

Dieses Szenario ist durchaus realistisch, wie ein aktueller Fall aus Baden-Württemberg zeigt. Bei zwei Kindern aus einer Freiburger-Kita wurde eine Coronavirus-Mutation bereits nachgewiesen. 21 weitere Personen sind infiziert. Bei ihnen muss allerdings noch geklärt werden, ob es sich ebenfalls um die neuen Virusvarianten handelt.

Diese Entwicklung zwingt Ministerpräsident Kretschmann und Kultusministerin Susanne Eisenmann zum Zurückrudern. Geplant war, am gestrigen Mittwoch, offiziell eine schrittweise Öffnung von Schulen und Kitas ab Februar zu verkünden.

„Wir müssen die Untersuchung und das Ergebnis abwarten und können dann erst eine Entscheidung über das weitere Verfahren in Sachen möglicher Öffnung von Grundschulen und Kitas treffen“, so der Sprecher der Landesregierung, Rudi Hoogvliet, gegenüber dem SWR.

Auch in Bremen wurde eine Kita-Angestellte positiv auf die neue Corona-Mutation getestet. Das Land verschärft deshalb nun die Regeln für die Kindertagesstätten. Ab dem 1. Februar sollen pro Woche nur noch maximal 12 Kinder in einer Gruppe von einer festen Person betreut werden. Zusätzlich sollen alle Mitarbeiter zwei Schnelltests in der Woche durchführen.

Wie es im Februar weiter gehen soll, darauf hat derzeit offenbar noch kein Bundesland eine konkrete Antwort. Klar ist: Angesichts der Entwicklungen scheint ein baldiger Normalbetrieb an Kitas unrealistisch.

Was ist mit den geplanten Schulöffnungen?

Einige Bundesländern, wie zum Beispiel Rheinland-Pfalz, wollten ab Anfang Februar wieder den Schulbetrieb starten – mit Wechselunterricht in Grundschulen. Nachdem jetzt im benachbarten Baden-Württemberg die ersten Virusmutationen nachgewiesen wurden, sei man von diesem Plan wieder anbekommen, wie das Bildungsministerium am Donnerstag Vormittag berichtet.

 

Auch andere Länder hatten Schulöffnungen ab nächster Woche geplant. In Bayern beispielsweise sollten die Abschlussklassen ab kommender Woche Wechselunterricht bekommen. Ob und wie die Schul- und Kitaöffnungen im Hinblick auf die Virus-Mutationen und die Infektionszahlen nun stattfinden, wird in den kommenden Tagen entschieden.

Quellen