Geschwisterstreit: Zoff im Kinderzimmer

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Geschwister streiten sich meist oft und gern. Der Umgang damit fällt den Eltern meist schwerer als den Kindern. Wichtig ist, dass Sie sich als Eltern nicht einmischen und auch keine Stellung für oder gegen ein Kind beziehen. Leiten Sie Ihre Kinder vielmehr an, selbst Lösungen für Ihren Konflikt zu finden.

Ein Geschwisterstreit hat zwei Ebenen:

  1. den aktuellen Anlass (z.B. beide wollen das gleiche Spielzeug benutzen)
  2. die Rivalität der Geschwister um die Zuneigung der Eltern

Viele Streitigkeiten sind aus der Luft gegriffen und der „aktuelle Anlass“ dient nur als Vorwand, die Eltern zu einer Aussage zu bringen „Wen magst Du lieber?“.

Streit ist aber auch eine wichtige Lernerfahrung um zu üben, mit Aggressionen umzugehen, dem anderen seine Bedürfnisse deutlich zu machen und ihm damit Grenzen zu setzen. Bei handgreiflichen Auseinandersetzungen wird auch körperliche Nähe gesucht und die Rangordnung sozusagen am eigenen Leib erfahren.

Wann sollten Eltern sich einmischen?

Generell gilt, dass die Eltern sich allenfalls als Moderator in Streitigkeiten einhaken. Sie verdeutlichen den Kindern ihre unterschiedlichen Positionen und leiten Sie bei der Lösungsfindung geringfügig an.

Aber es gibt auch Situationen, in denen Eltern eingreifen sollten:

  • Wenn Kinder übermüdet sind und sich in ihren Streit verrannt haben, können Sie mit einem Minimum an Aufregung und Aufwand dazwischen gehen. Verzichten Sie dabei auf Strafpredigten.
  • Wenn Kinder wirklich keine Lösung für Ihr Problem finden, schlagen Sie eine vor. Lieber eine fremde Lösung als gar keine.
  • Streiten sich zwei Kinder um ein und das selbe Spielzeug und kommen zu keiner Einigung, entfernen Sie den strittigen Gegenstand wortlos. Dem Streit ist der Grund genommen und wahrscheinlich spielen beide Kinder schon bald wieder friedlich miteinander.

Spielen Sie aber nie den Richter. Oft bekommen die Eltern den Anfang eines Streites nicht mit und das vermeintliche Opfer hat vielleicht den Streit provoziert. Bemühen Sie sich also um eine neutrale Haltung und lassen Sie immer beide Kinder ihre Sicht der Dinge schildern.

Finden die Kinder eine Lösung, mit der beide einverstanden sind, die Sie als Eltern jedoch nicht ideal finden, akzeptieren Sie diese dennoch. Finden die Kinder jedoch keine Lösung, setzen Sie sie nebeneinander auf das Sofa und erklären Sie ihnen, dass sie erst aufstehen dürfen, wenn sie sich geeinigt haben. Wenn wir unsere Kinder systematisch in die Pflicht nehmen, werden wir nach einiger Zeit als Vermittler überflüssig.

Hier ein paar Beispiele für Konfliktlösungen:

Beispiel 1:

Der kleine M. ist 11 Monate alt und zieht seine große Schwester S. an den Haaren. Diese wehrt sich, indem sie M ebenso fest an den Haaren zieht. M. weint.

Schlechte Lösung:

Die Mutter mischt sich ein, nimmt M. auf den Arm und tröstet ihn. Sie ermahnt S. dass sie als Ältere vernünftig sein muss. „Wehe Du tust ihm noch einmal weh!“

Damit wird S. vermittelt, dass sie kein Recht hat, sich gegen Übergriffe des Jüngeren zu wehren. In Zukunft wird ihr nichts anderes übrig bleiben, als das Opfer zu sein und kreischend und heulend zur Mutter zu laufen. Als Reaktion darauf erntet sie vermutlich Unverständnis von den Eltern: „Stell Dich nicht so an…“.

Bessere Lösung:

Die Mutter mischt sich nicht ein, da S. nur für einen kurzen Moment handgreiflich geworden ist und die „Aggression“ einwandfrei von M. ausgegangen ist. Er versteht zwar noch nicht, dass Haareziehen verboten ist, wird sich aber merken, dass S. ihm wehgetan hat, als sie ihn an den Haaren zog und wird es in Zukunft lassen. Er beruhigt sich vermutlich schnell wieder und S. hat nicht das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie sich alles gefallen lassen muss.

Beispiel 2:

Streit im Kinderzimmer. Als die Mutter kommt, erzählt S., der Jüngere, unter Schluchzen, dass T. ihm versprochen hatte mit ihm Memory zu spielen und jetzt ihr Versprechen nicht einlösen will.

Schlechte Lösung:

Die Mutter sagt zu T.: „Warum könnt ihr nicht mal in Frieden miteinander spielen?! Was man verspricht muss man auch halten. Also spiel jetzt mit ihm Memory!“ T. bricht in Tränen aus und schmeißt Malbuch und Buntstifte durch das Zimmer. Das macht die Mutter wütend und die Situation eskaliert.

 

Bessere Lösung:

Die Mutter bittet T. ihr den Grund für den Streit zu schildern und fasst zusammen: „Du, S. bist also sauer, weil T. nicht mit dir Memory spielen will, obwohl sie es versprochen hat. Und du, T., bist der Meinung, dass du trotz Deines Versprechens nicht mit S. Memory spielen brauchst, weil er ohne Erlaubnis in Deinem Malbuch gemalt hat.“

Dem Streit ist schon jetzt die Spitze genommen, weil beide Kinder sehen, dass die Mutter beiden Achtung zollt. Weil die zwei sich inzwischen beruhigt haben, fügt sie nur noch freundlich hinzu: „Ich bin gespannt was für eine Lösung ihr findet!“ und verlässt das Zimmer. Nach einiger Zeit kommt T. gelaufen: „Schau, S. hat mir ein Auto geschenkt, weil er in meinem Malbuch gemalt hat.“ Kurz darauf spielen beide Kinder friedlich Memory.

Petzen

Wenn Kinder petzen, haben Sie kein Vertrauen in ihre Fähigkeit, sich selbst zu ihrem Recht zu verhelfen. Wenn wir aus dem Kinderzimmer also oft den Satz „Hör auf, sonst sag ich’s meiner Mama!“ hören, sollten wir uns fragen, ob wir uns nicht schon zu oft mit der Haltung des Richters in Konflikte unserer Kinder eingemischt haben. Beim nächsten Mal könnten wir auf die Mitteilung: „Hanne hat mich gezwickt!“ antworten „So, Hanne hat dich gezwickt. Und was willst Du nun tun?“ Dadurch zeigen Sie ihrem Kind, dass Sie Vertrauen in seiner Fähigkeit der Selbstbehauptung haben.