Hilfe, mein Kind ist in der Autonomiephase

Mädchen schaut sich auf der Straße um
©Unsplash/Caroline Hernandez

Alleine, alleine, alleine… nein, nein, nein… Die Tochter unserer Autorin weiß ganz genau was sie will und was nicht – egal, wie gefährlich das manchmal werden kann.

Krawalli, wie ich meine Tochter hier liebevoll nenne, steckt momentan in einer großen Autonomiephase: Sie möchte alles alleine machen. Schuhe anziehen, Treppen gehen, Wasser in einen Becher schütten, an der Straße warten, wenn ein Auto kommt. Es dürfte wohl nicht überraschen, dass ich nicht immer begeistert bin, wenn sie meine Hilfe ausschlägt.

„Manchmal ist es aber extrem anstrengend, wenn sie etwas alleine machen will.“

Ich finde es ja toll, dass sie schon so viel alleine schafft, und wenn es mal nicht klappt, hartnäckig an der Sache dran bleibt. Als sie anfing ihre Schuhe selbst anzuziehen, saß sie Minuten lang geduldig da und versuchte ihre kleinen Zehen irgendwie in den Schuh zu manövrieren – bis es endlich klappte.

Sie kann viel alleine, und das macht mich stolz. Manchmal ist es aber extrem anstrengend, wenn sie etwas alleine machen will – zum Beispiel weil wir Zeitdruck haben. Wenn wir eigentlich schon vor fünf Minuten aus der Haustüre hätten sausen müssen, sie aber noch immer geduldig ihre Sandalen „alleine“ anzieht. Will ich ihr in solchen Momenten helfen, dann wird sie regelrecht wütend auf mich. „NEIN! Alleine Mama, alleine!“ Auch wenn etwas gefährlich ist, wie zum Beispiel über eine Straße zu gehen, will sie dann meine Hand wegschlagen und es eben alleine machen.

„Wenn sie etwas nicht will, dann will sie nicht“

Das geht aber nicht, und so kommt es schon mal zu lautstarkem Protest. Zur Autonomiphase bei Kleinkindern gehört auch das Wort „Nein!“ und wenn es jemanden gibt, der mit einem „Nein!“ ein wirkliches „NEIN!“ meint, dann meine Tochter. Wenn sie etwas nicht will, dann will sie nicht. Das habe ich erst diese Woche bei der U7 beim Kinderarzt gemerkt. Alles lief prima, bis er sie abtasten wollte. Das wollte sie nämlich nicht. Ihr Grund: Sie hatte Angst davor, vom Kinderarzt angefasst zu werden. Also streubte sie sich mit Händen und Füßen, sagte mir sie habe Angst vor ihm und weinte bitterlich.

„In der Autonomiephase entwickeln kleine Kinder einen unglaublichen Willen.“

Wie wir reagiert haben? Die Untersuchung wurde abgebrochen, fertig. In unserem Untersuchungsheftchen steht übrigens: optimal entwickelt, sprachlich hervorragend. Sonstige Bemerkung: Genaue Untersuchung nicht möglich à Trotzphase“. Ob man dieses Verhalten jetzt als Trotz, als Angst oder als Durchsetzungsvermögen sehen möchte, das ist jedem selbst überlassen.

Klar ist nur: In der Autonomiephase entwickeln kleine Kinder einen unglaublichen Willen – und den sollte man ihnen meiner Meinung nach ruhig lassen. Bei Krawalli bin ich mir sicher: Wenn sie so bleibt, ein liebevoller Mensch, der weiß was er will und was nicht, wird sie sich später nicht herumschubsen oder gegen ihren Willen anfassen lassen – und ist das nicht wichtig?

Trotzphase