Bookmark

Warum soll man die Kinder-Entwicklung beoachten

Kind schaut durch ein Fernrohr und trägt ein Stirnband
©Twenty20/Brandi Markham

Regelmäßige Voruntersuchungen beim Kinderarzt kennt jeder. Dort wird gewogen, gemessen, alles nachgeschaut und ggfs. geimpft. Doch damit dort Auffälligkeiten entdeckt werden, braucht es oft mehr als Maßband, Orthoskop und Spatel. Und auch über die gesundheitliche Entwicklung hinaus sollten sich Eltern aus gutem Grund immer wieder die Frage stellen, wie weit sich ihr Kind bereits entwickelt hat.

Was kann mein Kind?

Wenn das Baby die ersten Schritte macht, das Kleinkind nach dem Löffel greift, das Schulkind einen Brief schreibt, … dann ist meist klar: Das Kind hat gelernt und kann etwas Neues. Doch sehr viele Fähigkeiten und Entwicklungsschritte bleiben Eltern und Erziehern verborgen. Die Liste der Fähigkeiten die ein Mensch in seinen ersten Lebensjahren erlangt ist beinahe endlos und besteht aus vielen kleinen Schritten, die oft auf einander basieren. Der Fokus von Eltern liegt allerdings meist auf Entwicklungsschritten, die ihnen den Alltag erleichtern: durchschlafen, laufen, selbst essen, sich beschäftigen, trocken werden usw.

In diesen Bereichen wird auch am meisten zwischen Kindern verglichen: Welches Kind dreht sich schon, kann laufen, sprechen oder wer kann schon auf den Topf? Kaum ein Kind wird in allen Bereichen als „Krabbelgruppenbestes“ abschneiden, selbst wenn einige sich vielleicht in mehreren Bereichen besonders hervortun. Unbeachtet bleiben bei solchen Vergleichen oft Fähigkeiten, die z.B. für die soziale oder emotionale Entwicklung wichtig sind.

Soll man Kinder vergleichen?

Es macht wenig Sinn, einzelne Kinder miteinander zu vergleichen. Jedes Kind hat sein Tempo und wird zudem unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt. Selbst bei Kindern im gleichen Haushalt wird man aber feststellen, dass die Kinder nicht vergleichbar sind – zumindest nicht, wenn man fair sein möchte. Eine schnelle Entwicklung sagt zudem auch nichts über die Intelligenz, den späteren Schulerfolg oder die künftige Karriere aus.

Vergleiche zwischen Kindern sind jedoch dann hilfreich, wenn man schaut wie viele Kinder in welchen Alter einen gewissen Entwicklungsstand erreicht haben und wie weit ein anderes Kind damit übereinstimmt oder abweicht. Dies hilft bei der Orientierung wie altersgemäß das Kind entwickelt ist. Für die ersten 18 Monate Deines Kindes findest Du hier einen interaktiven Entwicklungskalender, der Dir einen solchen Vergleich ermöglicht.

Es ist wichtig, die Entwicklung des Kindes zu beobachten!

Die Entwicklung des Kindes zu beobachten bedeutet, sein Verhalten, Wissen, seine Gefühle und Fähigkeiten besser zu verstehen. Es liegt sicher auf der Hand, dass man Entwicklungsverzögerungen möglichst frühzeitig erkennen und diesen entgegenwirken möchte. Dabei ist der Fokus meist auf die Fähigkeiten gerichtet. Wer jedoch genauer hinsieht, erkennt Handlungen im Kontext und bemerkt die Entwicklung von weiteren Fähigkeiten.

Beispiel:

Der kleine Sam vervollständigt ein Holzpuzzle. Kaum ist er damit fertig, nimmt er es, trägt es an einen anderen Ort und puzzelt es erneut. Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, dass er zwischen dem puzzeln seinem kindlichen Bewegungsdrang nachgibt, doch wer genauer hinschaut, wird erkennen, dass Sam versucht herauszufinden, ob sich das Puzzle an verschiedenen Orten unterschiedlich verhält, dort vielleicht schwerer ist oder ob er es überall zusammensetzen kann.

Wenn Eltern erkennen dass ihr Kind bereit oder auf dem Weg ist etwas Neues zu erlernen, können sie es mit entsprechenden neuen Reizen konfrontieren. Gerade weil die Umgebung von Kindern heute wenig natürlich ist, würden die richtigen Reize sonst fehlen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Vom Lernen zum Können

Die Entwicklung einer neuen Fähigkeit geschieht nicht über Nacht, auch wenn es manchmal so scheint. Meist erfolgt sie in drei Stufen:

Lernen > Üben > Können

Lernen

Dein Kind macht eine neue Erfahrung oder ihm wird etwas Neues gezeigt, z.B. rudert das Baby mit den Armen und berührt dabei unbeabsichtigt ein Spielzeug das über ihm hängt. Dies wiederholt sich und das Baby rudert immer häufiger und heftiger mit den Armen, um den Effekt zu wiederholen.

Üben

Dein Kind ist in dieser Phase, wenn es eine neue Entdeckung gemacht, kann jedoch noch nicht zuverlässig zum gewünschten Ziel erlangen. Bei unserem Beispiel wird es immer weiter und gezielter mit den Armen rudern, um das Spielzeug zu erreichen. Dies wird mal besser und mal schlechter klappen.

Können

Dein Kind ist im Stadium des Könnens wenn es die gewünschte Aktion mehrfach und zuverlässig ausführen kann. Bei unserem Beispiel wäre es, dass es gezielt das Spielzeug berührt.

Auf dem Können lässt sich nun neues Lernen aufbauen, z.B. spreizt das Baby zufällig die Hand und schließt sie wieder, dabei umfasst es das Spielzeug. Es wird nun wieder beginnen zu Üben, bis es im Stadium des Könnens gezielt das Spielzeug greift. Nun beginnt es das „bewusste Loslassen“ zu lernen usw. und wird über einen langen Weg eines Tages zum Schreiben, vielleicht sogar zum Spielen eines Instruments o.ä. gelangen.

Wie lässt sich die Entwicklung verfolgen?

Selbst erfahrenen Müttern fällt es manchmal schwer, die Entwicklung im Blick zu behalten, wenn es um weniger offensichtliche Errungenschaften geht. Damit im Alltag nicht alles unter geht und Du nicht nur auf dem Laufenden bist, sondern auch später eine Erinnerung hast, haben wir für Kinder von 0 bis 8 Jahren Checklisten erstellt. Diese Listen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, können aber helfen, wichtige Meilensteine zu verfolgen.

Jede Fähigkeit ist in die drei Stufen „lernen, üben, können“ unterteilt, die nacheinander abgehakt werden, wenn das Kind sie erreicht hat. Manche Dinge brauchen dabei etwas länger, anderes wird vielleicht an einem Tag oder sogar innerhalb von Stunden erlangt. Bei vielen Fähigkeiten beginnt das Lernen im einen Monat, erfolgt das Üben im nächsten Monat und wird das Können im nächsten Monat erlangt.

Wenn Du unsicher bist, ob sich Dein Kind altersgemäß entwickelt, nimm Deine Liste mit zum Kinderarzt und besprich mit ihm Deine Beobachtungen.

Beim Verwenden der Checkliste denke bitte daran, dass Kinder unterschiedlich sind und auch Abweichungen von der Norm nicht unbedingt Anlass zur Sorge sein müssen.

Top