Meine Kinder sollen sich ihre Religion selbst aussuchen dürfen

Kind im Bett mit einer Bibel
© Unsplash/ Samantha Sophia

Seine Kinder – so findet unser Autor Markus Kirschbaum – sollen sich ihre Religion später einmal selbst aussuchen dürfen. Was ihn dazu bewogen hat und weshalb die beiden trotzdem den Religionsunterricht besuchen, erzählt er uns heute.

„Das gehört sich so, das haben wir immer schon so gemacht!“

Hier bei uns (in Österreich) gibt es in der Glaubensfrage nur sehr absolute Meinungen. Entweder ist man absolut gläubig, oder man ist aus voller Überzeugung Atheist. Innerhalb der Gruppe „absolut gläubig“ gibt es noch die Subgruppe „Das gehört sich so, weil das haben wir immer schon so gemacht!“

In dieser Subgruppe glaubt man selbstverständlich an Gott (ohne in Bezug auf Religion überhaupt besonders bewandert zu sein), denn schließlich möchte man kirchlich heiraten, seine Kinder taufen lassen und inmitten der Verwandtschaft deren Kommunion und Firmung feiern

: Glückwünsche und Gedichte

Dass man kaum ein Gebet beherrscht und mit Gott im engeren Sinne nichts am Hut hat, wird ganz einfach unter den Tisch gekehrt. Denn: „Das gehört sich so, das haben wir immer schon so gemacht!“

Ihre Religion sollen sich meine Kinder einmal selbst aussuchen dürfen

Inmitten dieser Dynamik ist mein Verhältnis zu Religion ganz sicher ein wenig speziell. Und sobald versucht wird, Religion zu vehement mit Kultur zu koppeln, steige ich aus.

Kein Wunder also, dass ich für meine Kinder etwas anderes will. Sie sollen sich ihren etwaigen Glauben einmal selbst aussuchen dürfen, aus eigener Überzeugung heraus. Deshalb sind sie auch ohne Bekenntnis!

WAAAS? Das Kind wird nicht getauft?!

In unseren Familien hat das für komische Blicke und Getuschel gesorgt. Denn schließlich „gehört sich das so, das haben wir immer schon …“ – Ja, genau! Aber manche Traditionen sind eben dazu da, um mit ihnen zu brechen! Dass es bei uns keine Taufen gab, hat für so manchen Unmut gesorgt.

Nur allzu gerne erinnere ich mich an ein Gespräch mit einer Verwandten, das das Groteske an der Situation perfekt auf den Punkt bringt:

„Euer XY wird nicht getauft?!“

„Nein, wird er nicht. Er ist ohne Bekenntnis. Wir möchten, dass er solche Entscheidungen mal selbst trifft!“

„Aber das hat doch mit der Taufe gar nichts zu tun!“

(…)

Jene Verwandten, die sich über die fehlende Taufe am lautesten gegrämt haben, haben sich übrigens beim Willkommensfest (weil gefeiert haben wir die Kinder schon) bestens amüsiert und hinterher gestanden, dass das Fest sogar schöner war als so manche Taufe.

Ohne Taufe in den Religionsunterricht? Ich find’s okay!

Mittlerweile sind die Kinder schon größer und haben kein Problem damit, dass sie keiner Religion angehören. Auf eigenen Wunsch hin besuchen sie den Religionsunterricht, weil sie etwas über Religion erfahren möchten. Für uns ist das kein Problem!

Sie werden nicht beurteilt und haben natürlich auch keine Erstkommunion, aber das stört niemanden – am wenigsten sie selbst! Die Frage, ob sie an Gott glauben, verneinen sie übrigens nicht, bejahen sie aber ebenso wenig. Sie sind sich da noch nicht so sicher, sagen sie!