Lockdown bremst körperliche Entwicklung von Kindern

Junge spielt mit Fußball auf einer Wiese
©Pexels/Dominika Roseclay

Lange hatten Sportvereine geschlossen. Sportunterricht an Schule findet nicht statt. Gesundheitsexperten haben untersucht, welche Auswirkungen das auf die Entwicklung von Kinder hat. Sie sprechen von immensen Schäden.

Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln hat die körperlichen Auswirkungen des Lockdowns auf die Kindergesundheit untersucht. In einem Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zieht er ein erschreckendes Fazit: „Die Spätfolgen werden immens sein.“

Nicht reparierbare Entwicklungsdefizite bei Kindern

„Das gesamte Wachstum ist von körperlichen Aktivitäten abhängig: Knochen, Muskeln, Bänder. All diese Systeme benötigen Reize, um sich überhaupt entwickeln zu können. Bewegung funktioniert hierbei wie ein Motor, der über Erfahrungen verschiedene Fähigkeiten ausbildet”, erklärt Froböse gegenüber RND.

Solche verpassten körperlichen Lernphasen würden sich später nicht mehr nachholen lassen. Außerdem würde der körperliche Stillstand auch die Hirnentwicklung ausbremsen. Bewegung hilft dem Gehirn Nervenzellen neu zu verknüpften.

Ein weiteres Problem, vor dem der Sportwissenschaftler warnt: Durch die fehlenden körperlichen Reize, würde das Risiko für Stoffwechselprobleme wie Übergewicht, Bluthochdruck oder sogar Diabetes steigen. Er prognostiziert: „Wir produzieren heute die Kranken der Zukunft”.

Der Gesundheitsexperte schätzt, dass sich die Kosten für die Krankenkassen im Jahr 2030 für die heranwachsenden Kinder und Jugendlichen verdoppeln werden – nur durch die Pandemie.

Lockdown verstärkte vorherigen Bewegungsmangel

Das grundsätzliche Problem bestand aber schon vor der Corona-Pandemie. Der Lockdown habe dieses aber deutlich verstärkt. Laut dem 4. Deutsche Kinder- und Jugendsportbericht hatten sich rund 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen auch vor der Corona-Krise nicht ausreichend bewegt.

Als Anhaltspunkt dient die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO: Kinder und Jugendliche im Alter von 5-17 Jahren sollen für mindestens 60 Minuten am Tag moderate bis intensive körperliche Tätigkeiten ausüben.

Kinder und Jugendliche brauchen richtiges Training

Das Paradoxe daran: Kinder haben sich während eines Lockdowns mehr als sonst bewegt. Doch diese Bewegung alleine würde laut Froböse nicht ausreichen.

Das bestätigt auch Professor Alexander Woll, der Leiter des Instituts für Sport und Sportwissenschaft des Karlsruher Instituts für Technologie. In seinem Kommentar zu seiner Motorik-Modul-Studie, die im Dezember 2020 erschienen ist, schreibt er: „Spielen im Freien, Fahrradfahren, Garten- oder Hausarbeit haben nicht dieselbe Intensität wie Training und Wettkämpfe im Verein. Außerdem fallen ohne Verein und Schule die sozialen Aspekte weg.”

Die Intensität und die Qualität der Bewegung ist ausschlaggebend. Vor allem Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 14 Jahren bräuchten echtes Training unter Anleitung, so Froböse. Laut der Motorik-Modul-Studie fallen durch den geschlossenen Vereinssport durchschnittlich 28,5 Minuten Sport pro Tag einfach weg.

Trainingsvideos durch Bundesregierung?

Froböse fordert eine groß aufgezogene Bewegungskampagne von der Bundesregierung, mit professionellen Trainingsvideos, Informationen und angeleitetem Sport auf ausgewiesenen Freiflächen der Kommunen.

Mehr Bewegung auch während Online-Schulklassen

Auch die Schulen nimmt er in die Pflicht: In Zeiten von Homeschooling und ausfallendem Sportunterricht seien auch die Lehrer dafür verantwortlich, für ausreichend Bewegung zwischen den einzelnen Online-Kursen zu sorgen.

Quellen