Wenn Kinder malen lernen: So entwickeln sich Kinderzeichnungen

Schon Babys können malen – irgendwie. Denn schon erste Kritzeleien sind ein wichtiger Schritt, wenn Kinder malen lernen. Anhand der Kinderzeichnungen kannst du also vor allem die Entwicklung deines Kindes ablesen.

Einen schnellen Überblick bekommst du auch in nachfolgendem Video.

Ab wann können Kinder malen?

Was für eine verrückte Idee, bei Babys schon vom Malen zu sprechen, oder? Doch wenn sich der 1. Geburtstag nähert, wird dein Kind schon einen Stift in der Faust halten können und wird seine ersten Kinderzeichnungen schaffen. Kinder malen im Grunde also schon recht früh, auch wenn die ersten Jahre mit dem Stift noch keine besonderen Kunstwerke hervorbringen werden. Aber seine Kritzeleien, Muster und Bilder helfen ihm, den Zusammenhang zwischen Handbewegung und Augenbewegung zu trainieren und ebnen somit den Weg zum Schreiben und künstlerischen Malen.

Entwicklung auf einen Blick: Stadien der Kinderzeichnungen

Wie genau die Kinderzeichnungen der verschiedenen Entwicklungsphasen aussehen, siehst du auch im Video am Anfang des Artikels.

 

Alter Was Kinder malen
ab ca. 6 Monaten Spurschmieren
Babys entdecken flüssige & teigige Materialien,
die sie mit der Hand verschmieren
ab ca. 1 Jahr – 3 Jahre Kritzeln
einen Stift mit der Faust halten,
Bewegung kommt noch aus dem ganzen Arm
ab ca. 3 Jahren Kopffüßler
Stift in Schreibhaltung anfassen,
vertikale Linien & Kreise
ab ca. 4 Jahren Vorschemaphase
zunehmend mehr Details in Bildern,
Himmel und Erde als vertikale Bezugspunkte, Rechtecke
ab ca. 5 Jahren Werkreife
ab ca. 5 Jahren – 12 Jahre Schemaphase 1 & 2
Bilder werden detaillierter,
typisch für die Schemaphase 1 sind sog. Röntgenbilder

Malen Lernen: So entwickeln sich Kinderzeichnungen

Die meisten Kinder sind mit etwa zwölf oder 13 Monaten in der Lage, einen Stift mit der Faust zu halten und diesen auf einem Stück Papier hin und her zuschieben. Von da an ungefähr bis zum fünften Geburtstag wird sich die Fähigkeit zu Malen und zu Schreiben stufenweise verbessern. Die ersten Kinderzeichnungen lassen zweifellos noch viel Raum für Interpretationen und Eltern stolpern oft von einem Fettnäpfchen in das nächste, wenn sie versuchen, die Sonne zu loben, die doch wohl klar Nachbars Katze ist – oder so ähnlich. Auch ist nicht immer ganz klar, ob das Kind das Motiv vor, während oder nach dem Zeichnen festgelegt hat. Ab etwa dem fünften Lebensjahr erreichen Bilder dann die sogenannte Werkreife. Du wirst viel leichter erkennen können, was dein Kind gemalt hat.

Spurschmieren: mit ca. 6 Monaten

In dieser Phase kann man wirklich noch nicht von malen sprechen. Kinder haben einfach Freude an Bewegung und hinterlassen eher zufällig Spuren. Babys hantieren in dieser Phase gerne mit allen flüssigen und teigigen Materialien, die sie verschmieren. Daher eignen sich Fingerfarben für Babys besonders gut.

Kritzeln: mit ca. 1 Jahr – 3 Jahre

In den letzten Monaten seines ersten Lebensjahres wird dein Kind seine feinmotorischen Fähigkeiten soweit ausgebaut haben, dass es in der Lage ist, einen Stift in der Hand zu halten. Wenn dein Kind ein bisschen länger brauchen sollte, ist das auch in Ordnung.

Im Gegensatz zum Spurschmieren wird dein Kleinkind schnell erkennen, dass Stifte dauerhafte Spuren hinterlassen, „es wird ihm bewusst, dass der Stift zum Schreiben und Zeichnen verwendet wird. Diese Erkenntnis macht im Gegensatz zum „Spurschmieren“ eine Entwicklung erst möglich.“, erklärt Eberhard Brügel in „Wundervolle Welt der Kinderzeichnungen“.

Kopffüßler: ab ca. 3 Jahren

Etwa um den dritten Geburtstag herum wird dein Kind eine vertikale Linie und einen Kreis mit freier Hand zeichnen können, es kann einen Stift auch in „Schreibposition“ halten. So entstehen am Ende der Kritzelphase erste Kinderzeichnungen mit sogenannten Kopffüßlern. Kinder malen aus Kreisformen die ersten Menschen. Charakteristisch für den Kopffüßler ist, dass Armen und Beinen direkt aus dem Körper kommen und die Augen meist deutlich größer dargestellt werden als Mund und Nase.

Kinderzeichnung: Kopffüßler

© privat

Vorschemaphase: ab ca. 4 Jahren

Bilder bekommen jetzt zunehmend mehr Details. Menschen haben Hände mit Fingern, Augen Wimpern und der Kopf Haare, Himmel und Erde werden vertikale Bezugspunkte – alles ohne Perfektion.

Oft können Kinder in diesem Alter auch schon ein paar Buchstaben produzieren oder etwas krakeln, das sehr viel Ähnlichkeit mit Buchstaben hat. Sie schaffen es sogar, ihren Namen zu schreiben bevor sie eingeschult werden. „Das korrekte Schreiben des Namens und das Lob der Erwachsenen dafür ist wahrscheinlich der erste bewusst wahrgenommene Bildungserfolg eines Kindes“, erklärt Dr. Marianela Diaz Meyer Institutsleiterin des Schreibmotorik Institut, Heroldsberg.

Fühle dich aber nicht unter Druck gesetzt. Kind müssen vor der Einschulung nicht das Schreiben lernen. Wenn es dafür kein Interesse zeigt , ist das in Ordnung. Diese Fähigkeit wird von der Schule nicht vorausgesetzt. Warte ab, bis es wirklich interessiert und gespannt darauf ist! Du kannst sein Interesse allerdings fördern, indem du ihm zeigst, wie du schreibst, zum Beispiel wenn du die Einkaufsliste zusammenstellst, Formulare ausfüllst, Briefumschläge adressierst.

Werkreife: ab ca. 5 Jahren

Während Vorschulkinder ihre Erfahrungen im Umgang mit dem Stift ausweiten, beginnen sie auch detaillierter und akkurater zu malen. Etwa mit dem 5. Geburtstag erreichen Kinderzeichnungen die sogenannte Werkreife. Gemalte Objekte haben einen Bezug zueinander und auf dem Bild entsteht eine kleine Komposition. Auch die Farbgebung bekommt immer mehr Bedeutung. Wenn dein Kind dann erst einmal zur Schule geht, wird es bald schreiben können. Die Frage, ab wann Kinder malen können, lässt sich also am besten mit dieser Phase beantworten. Obwohl natürlich auch jede vorangegangene Entwicklung nicht unterschätzt werden darf: Mit jedem Bild drückt sich dein Kind aus und lernt seine Lebenswirklichkeit kennen.

Schemaphase 1 & 2: ab ca. 5 Jahren – 12 Jahre

Viele Kinder malen in dieser Phase noch mit Spaß und verbessern ihre Fähigkeiten stetig – entwickeln sogar eine Art eigenen Stil. Typisch für die Schemaphase 1 sind sogenannte Röntgenbilder. Das bedeutet, auch nicht sichtbare Bildebenen werden gezeichnet, indem Objekte (wie etwa eine Hauswand) transparent dargestellt werden. Interessant an den Kinderzeichnungen ist auch, dass du genau ablesen kannst, was deinem Kind wichtig ist. Details, die dem Kind besonders bedeutsam erscheinen, werden auffallend groß, detailreich oder mittig angeordnet gezeichnet.

Die Schemaphase 2 ist die letzte Entwicklungsphase der Kinderzeichnungen. Nach dieser Phase hören die meisten Kinder leider auf, freiwillig zu malen.

Dass Kinder malen solltest du früh fördern

Wie bei allen neuen Fähigkeiten deines Kindes ist es auch hier deine Aufgabe, zu fördern, Mut zu machen und Rat zu geben. Beginnend mit dem ersten Geburtstag solltest du sicherstellen, dass Wachsmalstift und Papier vorhanden sind, wenn dein Kind Interesse am Kritzeln zeigt. „Kinder, die sehr früh Stifte und Papiere unterschiedlichster Größe und Farbe zur Verfügung haben, werden bald zu malen beginnen, ihre Handgeschicklichkeit wird deshalb früher trainiert, ihre Bewegungen werden sicherer und großzügiger, sie experimentieren mit Farben und Formen und bilden bald einen eigenen Malstil aus“, erklärt auch Margarete Blank-Mathieu in dem Handbuch für ErzieherInnen. Filzstifte und Buntstifte sind übrigens noch zu hart und spitz und daher nicht geeignet. Lass es so oft üben wie es mag, aber sorge für Unterbrechung, wenn es dabei gelegentlich frustriert ist.

Aufgepasst vor Wandmalereien: Kinder malen in den ersten Lebensjahren besser unter Aufsicht, Wachsmaler lassen sich nicht so leicht überstreichen! Bringe deinem Kind bei, sein künstlerisches Bestreben auf das Papier vor ihm zu begrenzen, wenngleich es Wände, Fußböden oder Möbel als Malfläche für seine Bilder unwiderstehlich findet.

Malbücher eignen sich nur bedingt für Kinder, sie schränken die Kreativität der kleinen Künstler nur ein. Wenn Kinder malen, dann sollten sie frei malen. Das kannst du fördern, indem du ihnen immer genügend Material zur Verfügung stellst.

Kinderzeichnungen erzählen kleine Geschichten aus dem Leben deines Kindes. Daher solltest du stets Interesse dafür zeigen. Umgekehrt kannst du dein Kind auch dazu animieren, Erlebnisse aufzumalen – zum Beispiel vom letzten Ausflug in den Zoo.

Wenn es soweit ist, dass dein Kind erste Buchstaben schreiben lernt, solltest du dich nicht einmischen, sondern das Kind dabei seinen eigenen Weg gehen lassen, auch wenn die Buchstaben spiegelverkehrt sind. Kinder, die im Vorschulalter gezwungen wurden, Lesen und Schreiben zu lernen, bevor sie daran interessiert waren, scheinen oft einen Vorteil gegenüber ihren Klassenkameraden zu haben. Studien haben jedoch gezeigt, dass sie diesen Vorteil später verlieren, wenn sie älter werden und erkennen, dass sie diese Technik des „sich Merkens“ nicht beim komplexeren Lernen anwenden können.

Achte einfach darauf, dass du viel mit deinem Kind sprichst und häufig vorliest – so oft wie möglich! Je mehr Sprache es hört, desto mehr wächst und entwickelt sich sein Gehirn. Dies fördert langfristig seine kommunikativen Fähigkeiten, einschließlich dem Schreiben.

Mein Kind malt nicht: Das kannst du tun

Kinder entwickeln ihre Fähigkeiten unterschiedlich – einige schneller als andere. Wenn dein Kind mit 15 oder 16 Monaten nicht angefangen hat zu kritzeln, obwohl du es immer wieder angeboten hast, dann hat es vielleicht einfach andere Interessen. Nicht alle Kinder malen gerne. Weil Kinderzeichnungen aber ein wichtiges Ausdrucksmittel für die Kleinen sind, solltest du das beim nächsten Arztbesuch trotzdem erwähnen.

Hast du das Gefühl, dass dein Kind ein Linkshänder sein könnte? Lies mehr über Linkshändigkeit und wie du feststellen kannst, was die dominante Hand deines Kindes ist. Denke auch daran, dass Kinder, die zu früh geboren wurden, diese und andere Meilensteine der Entwicklung möglicherweise später erreichen als ihre gleichaltrigen Gefährten.

Erfahre hier mehr über die feinmotorische Entwicklung von Babys.

Quellen