iPhone Syndrom: Wenn Kinder quengelig werden
Jim Taylor, Psychologe und Autor, hat sich mit der Mediennutzung von Kindern beschäftigt und warnt vor dem sogenannten iPhone-Syndrom. Dieses entsteht beispielweise, wenn Eltern mit ihren gelangweilten Kindern in der Bahn unterwegs sind. Kaum würden die Kinder quengelig werden, wird ihnen das Smartphone in die Hand gedrückt, damit sie ruhig werden. Auch hierzulande werden Kinder immer früher mit dem „Spielzeug“ ihrer Eltern konfrontiert. Laut der BLIKK-Medienstudie 2017 benutzen 70 Prozent der Kinder im Kita-Alter das Smartphone ihrer Eltern mehr als eine halbe Stunde täglich. Ein Problem. Denn laut dem Psychologen würden die Kinder so lernen, dass sie bei Langeweile von ihren Eltern unterhalten werden.
„Anstatt mit ihren Kindern zu sprechen, zu spielen oder ihnen zu helfen sich selbst zu beschäftigen, um ihren Frust oder ihre Langeweile zu zerstreuen, zücken Eltern einfach kurzerhand ihr iPhone und lassen ihre Kinder damit spielen.“, warnt der Psychologe in seinem Elternratgeber „Raising Generation Tech: Preparing Your Children for a Media-Fueled World“.
Ebenfalls kritisch sieht Taylor übereifrige Eltern, die ihre Kinder schon möglichst früh mit Medien konfrontieren, aus Angst, ihre Kinder könnten im Umgang dieser Geräte später hinterherhinken. „Zu oft erlebe ich Kinder, die weder Schnürsenkel schnüren noch Schwimmen könnten, aber souverän im Umgang mit Smartphones sind“, so Taylor.
Mediennutzung: Gesundheitliche Folgen
Dass zu häufige Mediennutzung drastische Folgen haben kann, bestätigt auch Kinderarzt Christian Funke gegenüber „Spiegel Online“. Als klassische Symptome falscher Mediennutzung nennt er:
- motorische Unruhe
- Konzentrationsschwäche
- Schlafstörungen
Doch auch die Zunahme der Kurzsichtigkeit bei Kindern ist auf die falsche und vor allem häufige Mediennutzung der ganz Kleinen zurückzuführen.
Medien und Kinder: Wie oft und wie lange?
Wer jetzt daran denkt, all die bösen Medien gleich zu verbannen, liegt allerdings auch nicht ganz richtig. Ein gänzliches Verbot ist keine Lösung. Computer, Smartphone und Co. gehören zu unserem Alltag und später zum Schul- und Berufsleben. Lernt das Kind nicht richtig mit den Medien umzugehen – fehlt ihm also die digitale Medienkompetenz – besteht später ein größeres Risiko, den Umgang mit den digitalen Medien nicht kontrollieren zu können.
Aber auch die Eltern selbst sollten ihren Medienkonsum kritisch beobachten. Sie sind schließlich die Vorbilder für ihre Kinder. Ihre Aufgabe ist es, den Kindern Grenzen zu setzen. Feste Nutzungszeiten können hier hilfreich sein, dadurch ist eine kontrollierte Mediennutzung möglich.
Aber wie viel Mediennutzung ist richtig?
Die „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ (BZgA) hat eine Orientierung zur täglichen Mediennutzungszeit von Kindern veröffentlicht. Mit Betonung auf Orientierung: Jedes Kind ist anders, und das richtige Maß, könne auch bei gleichem Alter von Kind zu Kind verschieden sein, so die „BZgA“. Hier gilt: Beobachte dein Kind. Wirkt es nach dem Fernsehen teilnahmslos, gelangweilt oder aggressiv, kann es sich nicht konzentrieren oder ist überdreht? Dann verkürze die Medienzeit.
Alter | Bilderbücher/Bücher | Hörmedien (Musik-CDs, -Kassetten, MP3-Dateien, Hörgeschichten) |
Bildschirmmedien (Fernsehen, DVD, Video, Computer, Spielekonsolen, Tablets, Smartphones) |
0 – 3 Jahre | regelmäßig Bilderbücher anschauen und vorlesen (ab etwa 6 Monate) | höchstens 30 Minuten | am besten gar nicht |
3–6 Jahre | regelmäßig Bilderbücher anschauen und vorlesen | höchstens 45 Minuten | zusammen höchstens 30 Minuten |
6–10 Jahre | regelmäßig vorlesen / lesen | höchstens 60 Minuten | zusammen höchstens 45–60 Minuten |