Das Wichtigste in Kürze:
- Internet-Challenges sind für viele Kinder und Jugendliche mit Smartphones längst Teil der Alltagskultur
- Doch nicht alle Online-Mutproben sind nur unterhaltsam und lustig – manche können für die Teilnehmenden gefährlich sein. Aktuelles Beispiel: Hot Chip Challenge
- Eltern sollten das Phänomen nicht ignorieren, sondern aktiv am Online-Leben ihrer Kinder Teil haben
“Hot Chip Challenge” zeigt Gefahr von Online-Challenges
Seit einiger Zeit macht die “Hot Chip Challenge” auf unzähligen Smartphones von Kindern und Jugendlichen die Runde. Teilnehmer filmen sich dabei, wie sie einen extrem scharfen Chip verzehren und motivieren andere, es ebenfalls zu tun.
Der Haken dabei: der “Hot Chip” ist nicht nur scharf, sondern kann die Gesundheit gefährden. Das Produkt enthält schwankende und teils sehr hohe Mengen an Capsaicin. Dieses kann unter anderem zu Erbrechen, Übelkeit, Bluthochdruck und brennenden Augen führen. In den USA soll sogar ein Teenager gestorben sein, der den Chip verspeist hatte.
Seit vor einigen Wochen zwei Mädchen in Garmisch-Partenkirchen nach dem Verzehr der Chips ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, wird auch bei uns über die Internet-Challenge gestritten. Verschiedene Behörden warnen vor der Teilnahme, und inzwischen haben zwei Unternehmen, die die “Hot Chips” vertreiben, ihre Produkte zurückgerufen. Der Rückruf wurde auf dem offiziellen Verbraucherhinweise-Portal der Bundesländer veröffentlicht.
Manche Challenges sind harmlos oder sogar positiv
Die “Hot Chip Challenge” hat auf jeden Fall die Aufmerksamkeit auf das Thema Online-Challenges gelenkt. Für Kinder und Jugendliche, die wie selbstverständlich mit Smartphone aufwachsen, sind diese modernen Mutproben aus dem Alltag nicht wegzudenken.
Nicht alle Internet-Challenges sind so gefährlich wie die “Hot Chip Challenge”. Viele sind ziemlich harmlos, oft sogar lustig. Manche Challenges verfolgen sogar einen guten Zweck, wie die vor Jahren viral gegangene “Ice Bucket Challenge”, die Aufmerksamkeit auf die Nervenkrankheit ALS lenkte.
Aber alle haben eines gemeinsam: Sie üben auf Kinder und Jugendliche einen großen Reiz aus. Die meist kurzen Videos bei TikTok, Instagram oder YouTube verführen zum Teilen und erreichen so schnell ein großes Zielpublikum.
Sind Online-Challenges ein neues Phänomen?
In ihrer jetzigen Form: ja. Aber letztlich handelt es sich bei Internet-Challenges um Mutproben in modernem Gewand. Und solche gibt es bei Kindern und Jugendlichen schon seit Menschengedenken. Etwa ab dem Alter von 10 Jahren fangen Kinder an, sich selbst herauszufordern und Grenzen auszutesten. Oft dienen solche Mutproben auch dazu, einen Platz in einer Gruppe zu finden beziehungsweise zu festigen und sind somit Teil der psychologischen Entwicklung eines / einer Heranwachsenden.
Welche Gefahren können für Kinder entstehen?
Auf der Ratgeber-Seite “Schau hin! Was dein Kind mit Medien macht” informiert ein Bündnis verschiedener Partner über Gefahren, aber auch Chancen von Online-Challenges. Beteiligt an “Schau hin!” sind unter anderem das Bundesfamilienministerium, die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ARD und ZDF sowie die Krankenkasse AOK. Zu den Gefahren, die von Internet-Challenges ausgehen, zählen die Experten unter anderem:
- Gesundheitliche Gefahren: Nicht nur die “Hot Chip Challenge” ist hier zu nennen. Bei anderen Challenges mussten Jugendliche Waschmittelkapseln schlucken oder ihre eigene Ohnmacht herbeiführen. Viele Heranwechsende erkennen schädigendes Verhalten und wissen, dass sie es nicht nachahmen sollten. Doch nicht alle können die Konsequenzen für ihre eigene Gesundheit abschätzen.
- Grenzüberschreitung: Gerade bei sogenannten “Pranks”, also demütigenden Streichen auf Kosten anderer, können Online-Challenges durchaus juristische Folgen nach sich ziehen. Etwa, wenn fremdes Eigentum beschädigt wird. Doch auch eigene Grenzen können überschritten werden – etwa, wenn Teilnehmende intime Details über sich in Videos veröffentlichen.
- Gefahr von Cybermobbing: Viele Kinder und Jugendliche können nicht abschätzen, welche Folgen ein von ihnen veröffentlichtes Video noch Jahre später haben kann. Zum Beispiel kann es für Cybermobbing gegen sie verwendet werden. Und je größer die Reichweite eines Videos, desto schwieriger wird es, dieses wieder zu löschen.
- Verbreitung zweifelhafter Inhalte: Auch wenn die meisten Internet-Challenges unterhaltsam sein wollen, besteht die Gefahr, dass auf diesem Wege zweifelhafte Weltbilder oder politische Absichten verbreitet werden sollen.
Tipps für Eltern: Kinder für Internet-Challenges sensiblisieren
Vor einigen Jahrzehnten war es noch gang und gäbe, dass Eltern sich für die sogenannte Jugendkultur nicht interessierten oder diese sogar ablehnten. Doch heutzutage kommen Eltern kaum drum herum, sich für das zu interessieren, was ihre Kinder im Netz konsumieren oder veranstalten. Auch beim Phänomen “Online-Challenges” kann die Devise nicht lauten: ignorieren oder verbieten. Denn über Geschwister, Verwandte oder Freunde auf dem Schulhof kommen Kinder trotzdem mit den Inhalten in Kontakt – das lässt sich nicht vermeiden.
Daher gibt “Schau hin!” folgende Empfehlungen ab, wie Eltern ihren Kindern einen vernünftigen Umgang mit Internet-Challenges vermitteln können.
- Sich für Internetkonsum der Kinder interessieren: Wer mit seinen Kindern über Inhalte spricht, die diese in der Online-Welt sehen, zeigt, dass er oder sie ein guter Gesprächspartner für diese Themen ist.
- Kinder zu kritischem Hinterfragen von Inhalten anregen: Daran anknüpfend sollte man mit Kindern und Jugendlichen auch die gezeigten Inhalte hinterfragen. Also: Welche Rollenbilder und Werte vermitteln sie? Warum sind sie populär? Heranwachsende können so schon früh eigene Meinungen und Weltbilder entwickeln
- Kindern Selbstvertrauen vermitteln: Man muss nicht jedem Trend hinterherlaufen – auch nicht im Kindes- oder Teenageralter. Wenn Eltern es schaffen, ihren Kindern zu vermitteln, dass Anerkennung im Netz nicht alles ist – sondern auch zwischenmenschliche Werte zählen – dann werden sie stärker
- Nicht panisch und hektisch werden: Online-Challenges sind Teil des Zeitgeists und der Jugendkultur. Jede Generation hat ihre Trends, bei denen die jeweils ältere Generation die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Daher sollten Eltern Ruhe bewahren und sich klar machen: Nur die wenigsten Challenges sind für Kinder wirklich gefährlich. In den allermeisten Fällen geht es um Unterhaltung und “dabei sein”.
Ein weiterer Tipp könnte sein, die „Like“-Funktion auszuschalten – dass also weder bei den Beiträgen des Kindes noch bei anderen Postings die Anzahl der „Likes“ angezeigt wird. Dies reduziert den Druck, der in sozialen Netzwerken schnell entsteht.
Generell hilft es, den Kindern ausreichende Angebote außerhalb der Online-Welt zu machen. Zum Beispiel durch regelmäßige Offline-Familienzeit oder festgelegte Medien-Nutzungszeiten.