Scharlach: Kinderärzte befürchten eine schlimme Herbst-Welle

Kind nimmt Medikament als Saft
Ohne Antibiotikabehandlung sind schwere Verläufe möglich
© bigstock/ HalfPoint

Schon seit Ende 2022 erkranken ungewöhnlich viele Kinder an Scharlach. Mit dem Herbst vor der Türe steigt die Besorgnis, dass dieses Jahr eine schlimmere Scharlach-Saison auf uns zukommen könnte. Die bakterielle Infektion, die vor allem Kinder betrifft, kann gut mit Antibiotika behandelt werden. Allerdings ist unter Kinderärzten die Sorge eines erneuten Medikamentenmangels groß. Das könnte die Lage noch verschärfen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Seit September 2022 beobachten Kinderärzte, dass ungewöhnlich viele Kinder an Scharlach erkranken.
  • Scharlach ist hochansteckend und in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten oder Schule ist das Ansteckungsrisiko dementsprechend groß.
  • Kinderärzte befürchten daher eine starke Scharlach-Welle im Herbst.
  • Sorge macht ihnen der anhaltende Medikamentenmangel. Bereits letztes Jahr wurde Antibiotikum knapp, was wichtig für die Behandlung von Scharlach ist.
  • Im Überblick: Scharlach-Symptome und Behandlung

Scharlach bei Kindern: Fallzahlen steigen – Ärzte befürchten neue Infektions-Welle

Schon seit September 2022 gibt es in ganz Europa einen deutlichen Anstieg von Scharlach-Fällen – und auch im Frühjahr 2023 besserte sich die Situation nicht. Laut dem Robert Koch Institut wurden zwischen Januar und März 2023 doppelt so viele Scharlach-Fälle gemeldet, wie im ganzen Vorjahr. Konkret sieht das so aus:

Gemeldete Scharlach-Fälle in Deutschland…

  • …im Jahr 2022: 913
  • …von Januar 2023 bis Mitte März 2023: 2152

Ein Großteil der Erkrankten waren Kinder zwischen einem und 12 Jahren.

Die ungewöhnliche Scharlach-Welle, die auch im Spätsommer nicht abgeflacht ist, alarmiert die Gesundheitsbehörden. Scharlach ist eine typische Kinderkrankheit, die in der modernen Medizin gut beherrschbar ist. Der frühe und drastische Anstieg der Fälle wirft vor allem die Frage auf, warum sich die Krankheit plötzlich wieder so ausbreitet.

Warum nehmen die Scharlach-Fälle in Deutschland zu?

Einen möglichen Grund für den Anstieg der Scharlach-Fälle bei Kindern sieht das Robert Koch-Institut in der Covid-19-Pandemie. Während der Pandemie ist die Zahl der Infektionen wegen Kontaktbeschränkungen und Hygieneregeln stark gesunken. In dieser Zeit konnten Kinder keine Abwehr gegen A-Streptokokken, den Erreger einer Scharlach-Infektion, aufbauen. Jetzt erkranken die Kinder, die sich wieder vermehrt in Schulen, Kitas und privaten Veranstaltungen treffen, meist alle zeitgleich. Denn Scharlach ist hochanstecken.

Scharlach ist hochansteckend

Das Tückische ist, dass Scharlach eine Inkubationszeit von zwei bis vier Tagen hat, aber ab dem Moment der Infektion schon ansteckend ist. Deswegen machen Ärzte bei den ersten Anzeichen oft einen Scharlach-Schnelltest, mit dem die Bakterien über einen Rachenabstrich nachgewiesen werden können.

Scharlach wird von Mensch zu Mensch vor allem durch Tröpfcheninfektion übertragen. Das heißt, die Bakterien verteilen sich durch Niesen und Husten. Ebenfalls möglich ist eine Schmierinfektion, bei der sich die Bakterien über Spielzeug, gemeinsam genutztes Geschirr usw. verbreiten. In Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten oder Schule ist das Risiko einer Scharlach-Ansteckung dementsprechend groß.

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Was ist Scharlach?

Scharlach ist eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien ausgelöst wird. Dabei handelt es sich um sogenannte A-Streptokokken (Streptococcus pyogenes). Die Bakterien lösen normalerweise zu einer eitrigen Entzündung von Rachen und Mandeln. Die Bakterienstämme, die Scharlach auslösen, bilden außerdem einen Giftstoff, der Hautveränderungen verursachen kann.

Scharlach-Symptome bei Kindern erkennen

Scharlach beginnt bei Kindern meist ganz plötzlich. Der Körper reagiert auf die Bakterien sofort mit hohem Fieber. Dazu kommt eine Mandelentzündung mit tiefrotem Rachen, was starke Schluckbeschwerden auslöst.

Typisch für Scharlach ist ein weißer Belag auf der Zunge (Erdbeerzunge), der später abgestoßen wird. Dann sieht die Zunge aus wie eine Himbeere (Himbeerzunge) mit geschwollenen und erhobenen Papillen und einer tiefroten Färbung. Ein weiteres typisches Symptom ist ein fleckiger Hautausschlag am Rumpf und Hals, vor allem am Unterbauch und in der Leistenregion. Ist die Krankheit überstanden, geht der Ausschlag zurück. Die Haut beginnt sich zu schuppen, vor allem an Händen und Füßen.

Scharlach-Symptome im Überblick

  • plötzliches hohes Fieber
  • Halsschmerzen
  • Schluckbeschwerden
  • vergrößerte Mandeln
  • geschwollene Lymphknoten
  • Abgeschlagenheit
  • Himbeerzunge oder Erdbeerzunge
  • fleckiger Ausschlag am ganzen Körper

Scharlach behandeln – ohne Antibiotika sind schwere Verläufe möglich

Mit einem Antibiotikum lässt sich Scharlach schnell und einfach behandeln. Nur 24 Stunden nach Beginn einer Antibiotikatherapie ist das Kind nicht mehr ansteckend. Anders sieht das aus, wenn kein Antibiotikum genutzt wird. Ohne Antibiotikabehandlung können Kinder bis zu drei Wochen ansteckend sein.

Unbehandelt kann Scharlach schlimme Folgen für das Kind haben. Schwere Krankheitsverläufe mit Komplikationen wie rheumatischem Fieber, Nierenentzündungen, Abszessen, toxischem Schocksyndrom, nekrotisierender Fasziitis und anderen können vorkommen.

Experten befürchten erneuten Medikamentenmangel

Das Problem: Viele Antibiotika, insbesondere Penicillin, sind aktuell immer noch schwer oder gar nicht erhältlich.

Schon seit Anfang 2022 kommt es immer wieder zu Engpässen bei Medikamenten – in der Herbst- und Wintersaison war der Mangel an Fiebersäften und Schmerzmitteln für Kinder deutlich spürbar (wir berichteten). Und auch dieses Jahr befürchten Experten, dass sich die Knappheit wieder verschärfen könnte.

Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), vermutet, „dass mit den kühleren Temperaturen und mehr Infektionen nach den Ferien auch wieder Fiebersäfte, Zäpfchen und andere Standardmedikamente knapp werden.“

Auch Antibiotika, die für die Behandlung von Scharlach so wichtig sind, werden davon sehr wahrscheinlich wieder betroffen sein. Gegenüber dem Bayrischen Rundfunk erklärte der Kinderarzt Jakob Maske, Pressesprecher des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte, während der letzten Infektions-Welle im Frühling:

„Die leitliniengerechte Behandlung [von Scharlach] ist durch den Penicillinmangel schon mehrere Monate gefährdet und wir sehen leider auch immer wieder Kinder und Eltern, die trotz entsprechender Rezeptierung gar kein Antibiotikum bekommen.“

Was können Eltern tun?

Was können Eltern tun, wenn es kein Antibiotikum gibt? Generell empfehlen Ärzte hier, bei verschiedenen Apotheken (auch in umliegenden Städten) nachzufragen. Wenn auch diese Suche erfolglos bleibt, sollten Eltern erneut bei ihrem Kinderarzt  vorstellig werden – dieser kann Rücksprache mit Apotheken halten oder ein anderes Antibiotikum verschreiben.

Mit altbekannten Hausmitteln wie viel Flüssigkeit und Ruhe können die Symptome von Scharlach oft zumindest etwas gemindert werden.

Das Wichtigste bei einem möglichen Antibiotikamangel ist es, weitere Ansteckungen zu vermeiden. Das bedeutet für Eltern:

Kinder, bei denen ein Verdacht auf Scharlach besteht, sollten von anderen Kindern ferngehalten werden. Es kann sinnvoll sein, Geschwister ebenfalls testen zu lassen und sie vorerst aus Gemeinschaftseinrichtungen (Kita, Schule etc.) zu nehmen. Zudem ist auf verstärkte Hygiene zu achten.

Quellen

Alle Informationen in diesem Artikel stammen aus öffentlichen und zuverlässigen Fachquellen wie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sowie dem Robert Koch Institut. Die hier gegebenen Ratschläge und Informationen ersetzen in keinem Fall die medizinische Betreuung durch qualifiziertes Fachpersonal. Bitte kontaktiere immer deinen Kinderarzt oder deine Kinderärztin für eine professionelle Diagnose und Behandlung.