Schlafwandeln: Was tun, wenn dein Kind nachts herumgeistert?

vonConnie Gräf-Adams | freie Autorin
Schlafendes Kind
Wenn Kinder plötzlich schlafend umher laufen, sind Eltern meist geschockt
© Pexels / Sam K

Dass ein Kind nachts plötzlich aufwacht und desorientiert durch die Wohnung tapst, ist keine Seltenheit. Schätzungen zufolge kommt es bei 10 bis 30 Prozent aller Kinder mindestens einmal zum Schlafwandeln. Somnambulismus, wie Ärzte das Phänomen bezeichnen, wird im Kindesalter in der Regel als harmlos eingestuft. Es besteht jedoch die Gefahr, dass sich die kleinen Schlafwandler auf ihren nächtlichen Streifzügen verletzen. Wir klären über Ursachen auf und geben Sicherheitstipps.

Schlafwandeln bei Kindern: Symptome können ganz unterschiedlich sein

Von Somnambulismus sind vor allem Kinder zwischen 5 und 12 Jahren betroffen. Ebenso wie der Nachtschreck gehört Schlafwandeln zu den sogenannten NREM-Parasomnien. Das bedeutet, dass bestimmte Handlungen während der Tiefschlafphase (NREM) im ersten Drittel des Nachtschlafs auftreten.

Während der Nachtschreck durch lautes Schreien und Weinen gekennzeichnet ist, kann sich Somnambulismus auf verschiedene Weise äußern:

  • Manche Kinder setzen sich im Schlaf nur kurz im Bett auf, murmeln vor sich hin oder reden laut. Oft nesteln sie ständig an Bettdecke oder Schlafanzug.
  • Andere stehen auf, beginnen zu spielen oder wandern mit offenen Augen und starrem Blick durch die Wohnung.
  • Komplexere Handlungen wie das Öffnen von Fenstern und Türen oder ein Verlassen des Hauses sind ebenfalls möglich, kommen aber seltener vor.

Die Episoden dauern wenige Sekunden bis einige Minuten an. Typisch ist, dass Schlafwandler sich am nächsten Morgen nicht mehr daran erinnern, dass sie in der Nacht aktiv waren und was sie gemacht haben.

Ursachen: Was löst das Schlafwandeln aus?

Über die genauen Ursachen für das Schlafwandeln ist sich die Wissenschaft noch nicht ganz im Klaren. Man geht jedoch von einer genetischen Veranlagung aus. Kinder, deren Eltern Schlafwandler waren, sind etwa doppelt so häufig von Somnambulismus betroffen.

Als weitere Risikofaktoren gelten Schlafmangel, Fieber, Stress und psychische Belastungen, z.B. aufgrund von Mobbing oder wenn die Einschulung ansteht. Auch bei Übernachtungen in einer fremden Umgebung wird Schlafwandeln häufiger beobachtet.

In der Regel liegen dem Somnambulismus bei Kindern und Jugendlichen keine psychiatrischen oder neurologischen Störungen zugrunde.

Wenn Kinder beim Schlafwandeln urinieren

Eine volle Blase kann ebenfalls einen Impuls auslösen, das Bett in der Nacht zu verlassen. Da das Kind nicht komplett wach ist, findet es manchmal den Weg zur Toilette nicht und öffnet stattdessen eine andere Tür, beispielsweise des Kleiderschranks, und erleichtert sich dort.

Vielfach widerlegt ist die einstige Annahme, dass Schlafwandler „mondsüchtig“ seien. Schlafforscher haben zwar herausgefunden, dass Schlafwandler auf Licht reagieren. Ob es sich bei der Lichtquelle um den Mond, eine Straßenlaterne, die durchs Fenster scheint oder eine brennende Lampe im Flur handelt, macht allerdings keinen Unterschied.

Wie reagierst du richtig, wenn dein Kind schlafwandelt?

Schlafwandler sollte man nicht ansprechen oder aufwecken. Das kann sie verwirren oder erschrecken. Bring dein Kind stattdessen zurück in sein Bett. Dabei solltest du sehr behutsam vorgehen. Teilweise werden Schlafwandler aggressiv und wehren sich, wenn man sie aufzuhalten versucht.

Um Somnambulismus-Episoden und anderen Schlafstörungen bei Kindern möglichst vorzubeugen, empfehlen Ärzte und Schlafexperten, auf eine gute Schlafhygiene zu achten:

  • Regelmäßige Bettgehzeiten und ein geregelter Tagesablauf mit ausreichender Bewegung
  • Keine körperlichen Anstrengungen oder Aufregung vor dem Zubettgehen
  • Helles Licht, auch im blauwelligen Bereich (Smartphone, Tablet, TV etc.), am Abend vermeiden
  • Ruhiger, bequemer und abgedunkelter Schlafplatz mit angenehmer Temperatur (ca. 18 °C)
  • Keine anregenden Getränke wie z.B. Cola am Nachmittag und Abend
  • Zwei Stunden vor dem Schlafengehen sollten Kinder nicht mehr essen oder größere Trinkmengen zu sich nehmen
  • Ältere Kinder oder Jugendliche sollten tagsüber allenfalls kurz (maximal 20 Minuten) und nicht mehr nach 15 Uhr schlafen

Achtung Unfallgefahr! Sicherheitsmaßnahmen für Schlafwandler

Von der vielzitierten schlafwandlerischen Sicherheit kann leider nicht die Rede sein. Die Bewegungen sind wenig koordiniert und ungeschickt, zudem ist die Schmerzempfindlichkeit während des Schlafwandelns herabgesetzt. Um Verletzungen und Unfälle zu vermeiden, sollten die Wohnung – und vor allem auch fremde Umgebungen – gesichert werden:

  • Schlafwandler sollten nicht im Hochbett schlafen.
  • Treppen mit einem Schutzgitter sichern.
  • Fenster vor dem Schlafengehen schließen und Türen nach draußen, zu Keller oder Speicher zusperren. Schlüssel nicht stecken lassen, sondern an einem für das Kind unzugänglichen Ort verwahren.
  • Spitze Ecken von Möbeln mit einem Kantenschutz versehen.
  • Stolperfallen wie Teppiche entfernen, herumliegendes Spielzeug vor dem Zubettgehen wegräumen.
  • Gefährliche Gegenstände (Messer, Glas etc.) wegschließen.

Wann zum Arzt, wenn das Kind schlafwandelt?

Somnambulismus ist bei Kindern kein Grund zur Besorgnis. In der Regel handelt es sich um ein vorübergehendes Phänomen, das spätestens beim Eintritt in die Pubertät von selbst verschwindet. Eine medikamentöse Therapie ist nicht notwendig.

Einen Arzt aufsuchen sollte man, wenn die Episoden sehr häufig und intensiv auftreten. Eventuell kann dann eine Untersuchung in einem speziellen Schlaflabor für Kinder sinnvoll sein. Kommt es, was äußerst selten der Fall ist, zusätzlich zu Atemstörungen oder Krampfanfällen, erfolgen weitere Untersuchungen zur Abklärung möglicher Ursachen der gesundheitlichen Probleme.

Quellen

Zur Entstehung dieses Artikels:

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Die hier gegebenen Ratschläge und Informationen ersetzen in keinem Fall die medizinische Betreuung durch qualifiziertes Fachpersonal. Bitte kontaktiere immer deinen Kinderarzt oder deine Kinderärztin/ deinen Gynäkologen/ deine Gynäkologin für eine professionelle Diagnose und Behandlung.