Wie Kinder schreiben lernen: Von den ersten Versuchen zur richtigen Stifthaltung

vonMichaela Brehm | Redaktionsleitung
Junge beim Schreiben lernen
Wie können Kinder schreiben lernen?
© Bigstock/ Nadezhda1906

Wie kann ich meinem Kind Schreiben lernen? Und was ist das richtige Alter dafür? Hier findest du erste Übungen für Kindergartenkinder. Außerdem kurz erklärt: verschiedene pädagogische Ansätze an Schulen.

Wann beginnen Kinder zu schreiben?

Laut einer repräsentativen Studie des Schreibmotorik Instituts in Heroldsberg fangen 61,4 Prozent der Kinder mit vier Jahren an, sich für das Schreiben zu interessieren. Kinder seien besonders interessiert daran, ihren Namen schreiben zu können – laut der Studie würden sie das rund 400 Mal tun, bevor sie in die Schule kommen. Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen gebe es dabei keine. Wie kann man als Eltern also das Schreiben lernen fördern?

Wie kann man das Schreiben lernen unterstützen?

Wer seinen Kindern das Schreiben beibringen will, sollte ihnen unbedingt viel vorlesen. Das weckt zum einen die Begeisterung für das geschriebene Wort und zum anderen entwickelt dein Kind durch das Zuhören ein gewisses Sprachgefühl. Das ist wichtig, um einzelne Buchstaben zu Silben und später zu Wörtern zusammensetzen zu können.

Beim Schreiben lernen sind die Ohren also ebenso beteiligt wie die Finger. Mit Sprach- und Wortspielen kannst du das Gehör deiner Kinder schulen. Das ist eine schöne Möglichkeit, wichtige Voraussetzungen für die Einschulung zu setzen.

: lustige Wortspiele

Erste Schreibübungen für Kindergartenkinder

Beim Schreiben müssen mehr als 30 Muskeln in Hand und Arm koordiniert werden. Das klappt nur mit Übung. Wer mit seinen Kindern schon vor dem Schulstart ein bisschen trainieren möchte, der kann mit einfachen Schwungübungen anfangen. Dafür gibt es tolle Blöcke und Hefte mit Übungen, die dabei helfen, die Feinmotorik weiter zu schulen.

: gut zu wissen
Altersempfehlung

Die Übungshefte, die wir empfehlen, sind für Kinder ab 5 Jahren. Ein bestimmtes Alter gibt es aber natürlich nicht. Das richtet sich nach dem Interesse deines Kindes. Meist werden Kinder im letzten Kindergartenjahr spielerisch an die Welt der Buchstaben und Zahlen herangeführt.

Damit dein Kind mit Spaß bei der Sache bleibt, solltet ihr es mit dem Üben natürlich nicht übertreiben. Vor allem wenn dein Kind beim Schreiben lernen verkrampft und seine Finger oder Hände schmerzen, solltet ihr erstmal eine Pause einlegen: Finger, Hände, Arme und am besten den ganzen Körper einmal gründlich ausschütteln!

Buchstaben und den Namen schreiben lernen

Wie anfangs erwähnt ist der erste Schritt, wenn Kinder schreiben lernen, meist das Schreiben des eigenen Namens. Anfangs ist das allerdings noch eher ein Nachahmen von eingeübten Linien. Trotzdem: Es ist ein erster großer Lernerfolg und Kinder sind zu Recht stolz darauf.

Konkrete Tipps, wie Kinder die einzelnen Buchstaben leichter lernen haben wir hier noch einmal genauer erklärt. Wir geben außerdem wieder ein paar Empfehlungen für Übungshefte & Co.

: Tipps + Übungen

Welche Stifte sind zum Schreiben lernen geeignet?

Als erstes solltest du klären, ob dein Kind Rechts- oder Linkshänder ist. Die meisten Schreiblernstifte und Aufsätze gibt es für beide Händigkeiten. Der Ergotherapeut Andreas Bohmann sieht zwei entscheidende Kiterien, die Kinder beim Schreiben lernen unterstützen können:

  1. Stiftgriffe bzw. -aufsätze
    Sogenannte Dreipunkt-Aufsätze können über jeden Stift geschoben werden und helfen laut Bohmann Kindern spielerisch eine richtige Stifthaltung zu entwickeln.
  2. Schreiblernstifte
    Schreibanfängern empfielt Bohrmann Bleifstifte in Dreikant-Form mit integrierten Noppen. Die Form fördert eine richtige Stifthaltung und die Noppen verhindern das Abrutschen.

Der Ergotherapeut weist Eltern außerdem darauf hin darauf zu achten, wie fest oder zaghaft ihr Kind den Stift hält und auf das Papier drückt. Für “Drücker” ist eine härtere Bleistiftstärke ab HB am Anfang einfacher, vorsichtigere ABC-Schützen tun sich mit weicheren Minen oft leichter. Ab dem Schulstart werden die Härtegrade meist von den Lehrer*innen vorgegeben.

Auf die richtige Stifthaltung kommt es

Eine wichtige Voraussetzung für das Schreiben ist es, dass Kinder einen Stift richtig halten können. Spielerische Motorik-Übungen und Übungen für die Feinmotorik sind die perfekte Möglichkeit, Kinder auf das Schreiben lernen vorzubereiten. Ermutige dein Kind immer wieder zum Malen. Auch Kneten stärkt die kleinen Finger und schult die Motorik.

Wie lernen Kinder schreiben? Verschiedene pädagogische Ansätze

Als Eltern können wir dafür sorgen, dass unsere Kinder ein paar wichtige Grundvoraussetzungen in die Schule mitbringen. Schreiben, Lesen, Rechnen bringen ihnen letztendlich die Lehrer bei.

Für das Schreiben diskutieren Pädagogen allerdings nach wie vor, welche Lehrmethode dafür die richtige ist. Daher gibt es bundesweit auch keine einheitliche Regelung, nach welcher Methode in Grundschulen gelehrt werden soll.

Die Anlauttabelle: “Schreiben nach Gehör“ / “Lesen durch Schreiben”

Das Konzept „Lesen durch Schreiben“ oder auch „Schreiben nach Gehör“ geht auf den Schweizer Reformpädagogen Jürgen Reichen zurück. Demnach sollen Kinder schreiben lernen durch Ausprobieren.

Mit Hilfe einer Anlauttabelle werden Wörter Buchstabe für Buchstabe zusammengesetzt und mit Abbildungen aufgeführt. Dabei entspricht der Buchstabe dem Anlaut des Objektes, also beispielsweise entspricht das A dem Anlaut des Wortes Affe beziehungsweise dem Bild eines Affen. Mittels der Anlauttabelle sollen sich die Kinder intensiv mit der Laut-Buchstaben-Beziehung auseinandersetzen und damit den Kern der deutschen Schrift fokussieren.

Die korrekte Rechtschreibung spielt für dieses Schreiben nach Gehör erstmal keine Rolle. Und so darf Fater auch mit F geschrieben werden, weil sich das F in Fahrrad genauso anhört.

: Kritik am „Schreiben nach Gehör“
Methode zum Teil schon verboten

Pädagogen sehen bei der Methode die Rechtschreibkompetenz der Schüler gefährdet. In einigen Bundesländer ist die Lehrmethode daher gänzlich verboten: zum Beispiel in Schleswig-Holstein – zum Schuljahr 2018/19. Nordrhein-Westfalen führte zum Schuljahr 2019/20 einen Pflichtwortschatz von 533 Wörtern ein, den Grundschüler inklusive der korrekten Rechtschreibung beherrschen müssen. In Bayern und Hamburg gilt ein solcher bereits.

Schreiben lernen mit der Lese-Fibel

Mit der Lese-Fibel Schreiben lernen heißt Buchstaben lernen. Dafür wird zunächst in der ersten Klasse das Alphabet mit all seinen Buchstaben vermittelt. Meist sind Fibeln so aufgebaut, dass die Kinder die Schriftsprache in einem fest vorgegebenen, strukturierten Ablauf erlernen und so nach und nach einen schriftsprachlichen Grundwortschatz aufbauen.

Die Reihenfolge der Buchstaben ergibt sich dabei meist aus dem verwendeten Lernprogramm der Lese-Fibel. Zum Alphabet hinzu kommen noch Umlaute, Buchstabenkombinationen wie „sch“, „st“ „eu“, „ei“, „äu“ usw. und das „ß“. Erste Satzzeichen wie Fragezeichen und Punkt werden eingesetzt. Anders als beim „Schreiben nach Gehör“ gehören hier auch Korrekturen durch den Lehrer dazu.

Warum das handschriftliche Schreiben für Kinder so wichtig ist

In manchen skandinavischen Ländern wie Schweden und Finnland wird immer mehr auf digitalen Unterricht gesetzt und das handschriftliche Schreiben lernen gerät so verstärkt aus dem Fokus. Wissenschaftler*innen kritisieren diesen Trend und fordern eine duale Bildung, in der das Schreiben auf einer Tastatur gleichberechtigt mit dem Erlernen einer Handschrift unterrichtet wird. Denn handschriftliches Schreiben lernen fördert die Gehirnentwicklung, stärkt das Erinnerungsvermögen und ruft verschiedene sensomotorische Bereiche im Gehirn wach. Das ist das Ergebnis einer Studie von 2020 in der die Impulse im Gehirn mithilfe einer EEG-Kappe gemessen wurden.

Studien des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) und des Schreibmotorik Instituts bestätigen diese Ergebnisse: Bildung benötigt Handschreiben – Rechtschreibung, Lesen und Textverständnis beeinflussen die gesamte schulische Laufbahn. Wenn Kinder mit Papier und Stift schreiben lernen gibt das dem Gehirn viel mehr Anknüpfungspunkte für Erinnerungen, was insgesamt die Intelligenz und alle schulischen Fächer positiv beeinflusst.

Muss mein Kind unbedingt die Schreibschrift lernen?

Wenn Kinder sich beim Schreiben lernen in Druckschrift schon schwer tun, sollte man ihnen dann nicht das Erlernen der Schreibschrift ersparen? Darüber streiten sich Pädagogen schon seit einiger Zeit. Das führende deutsche Informations-Portal zur Kinderbetreuung KiTa.de hat die Pro- und Contra Diskussion wie folgt zusammengefasst:

Vorteile der Schreibschrift Nachteile der Schreibschrift
Schulung der Feinmotorik Komplizierter Wechsel von Druck- zu Schreibschrift
Schreibschrift fördert die Lesbarkeit der Handschrift Die Zeit zum Erlernen der Schreibschrift könnte anderweitig genutzt werden
Ästhetik: Schreibschrift fördert ein schöneres Schriftbild Das Schreiben mit der Hand wird im Alltag immer unwichtiger

 

Der Lehrplan aller deutschen Bundesländer sieht bisher beim Schreiben lernen noch das Erlernen der Schreibschrift vor. Allerdings unterscheiden sich die Länder darin, welche Schreibschrift gelehrt wird.

Diese Schreibschriften gibt es

In allen Bundesländern außer Bremen, Hessen und Thüringen werden in der Grundschule eine verbindliche Grundschrift vorgeschrieben oder dem Lehrpersonal eine Wahl zwischen bestimmten Schriften gegeben.

Dabei gibt es vier verschiedene Arten der Schreibschrift. Im Folgenden siehst du eine Übersicht über die verschiedenen Schriftarten und in welchem Bundesland welche Schrift im Lehrplan steht.

Welche Schreiblernmethode ist die Beste?

Derzeit dürfen Kinder in der ersten Klasse Wörter oft noch so schreiben, wie sie sie sprechen. Auf die korrekte Rechtschreibung pochen die Lehrer meist noch nicht. Das bedeutet, dass der Grundgedanke des freien Schreibens beziehungsweise des Schreibens nach Gehör zunächst noch Anwendung findet, zum Beispiel auch, um das kreative Schreiben von Kindern nicht zu hemmen.

Nach und nach wird aber natürlich eine korrekte Rechtschreibung immer wichtiger: Rechtschreibregeln und Grammatik müssen gelernt werden. Eine Mischform aus unterschiedlichen Methoden kommt daher bei der Mehrzahl der Grundschulen zu Anwendung, wenn Kinder schreiben lernen.

Quellen