Intime Einblicke in den Familienalltag
Soziale Medien gehören bei den meisten Familien zum alltäglichen Leben. Viele, eigentlich private Momente werden mit Freunden, Bekannten aber auch mit der Netz-Öffentlichkeit geteilt.
Der erste Gang zum Töpfchen, die ersten Schritte oder Bilder in der Badewanne – diese intimen Einblicke ins Familienleben sind auf Instagram und Co. öffentlich zugänglich. Für das Teilen von Bildern und Videos der eigenen Kinder gibt es mittlerweile sogar einen eigenen Begriff – Sharenting. Zusammengesetzt aus den Wörtern share (teilen) und parenting (erziehen).
So schön es auch ist, Teil an dem Glück der Eltern haben zu dürfen, vielen ist nicht bewusst:
- welchen Gefahren sie ihrem Kind mit den geposteten Fotos aussetzen und
- dass sie damit eigentlich gegen die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder verstoßen.
Persönlichkeitsrechte gelten auch für Kinder
Kinder haben wie Erwachsene auch Persönlichkeitsrechte. Diese stehen jedem Menschen unabhängig vom Alter zu. Strenggenommen dürfen ohne Einwilligung des Kindes keine Bilder veröffentlicht werden. Weil Kinder aber aufgrund ihres Alters noch nicht für sich selbst entscheiden können, dürfen das die Eltern. Unabhängig davon, ob das Kind einer Veröffentlichung zustimmt oder nicht.
Fotos könnten für andere Zwecke verwendet werden
Die Polizei und Cyberkriminologen wie Thomas-Gabriel Rüdiger vom Institut für Polizeiwissenschaft der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg sehen den Trend des Sharentings äußerst kritisch.
Denn: „Das Internet vergisst nie“. Ist ein Bild erst einmal veröffentlicht, ist es draußen in der Welt und kann nicht mehr so einfach gelöscht werden. Und es gibt keine Kontrolle darüber, wer sich das Foto herunterlädt. So werden die harmlosen Fotos und Videos immer wieder von Pädosexuelle missbraucht.
Trigger-Warnung: In dem folgenden Abschnitt berichten wir über eine Recherche des Norddeutschen Rundfunks über illegale Kinderpornografie-Seiten. Der beschriebene Inhalt könnte belastend sein.
Das Ausmaß geklauter Bilder ist erschreckend hoch
Das Vorgehen ist dabei meist das gleiche: Pädosexuelle sammeln Kinder-Bilder, kommentieren sie mit entsprechenden Texten und teilen sie in ihren Netzwerken. Zum Teil sind diese für jeden offiziell Zugänglich, viel spielt sich auch im sogenannten Darknet ab.
Eine Recherche von dem Fernsehmagazin Panorama, das bei der ARD läuft und dem Reportageformat STRG_F, das der Norddeutsche Rundfunk für das Medienangebot Funk produziert, zeigt das Ausmaß des Foto-Missbrauchs.
Das Rechercheteam analysierte 142.381 Fotos auf illegalen Foto-Plattformen für Pädosexuelle. Fast ein ein Viertel der untersuchten Bilder würden ursprünglich von Facebook oder Instagram stammen, so die Journalisten.Die Dunkelziffer der geklauten Bilder dürfte jedoch noch höher liegen.
Besonders gefährlich wird es dann, wenn die Fotos mit Ortsmarkierungen versehen sind. Schnell kann dann der Wohnort, Schule oder Kindergarten ausgemacht werden.
„Pädosexuelle sind Jäger und Sammler, die gezielt solche Alltagsbilder suchen. Und wenn Eltern und Jugendliche diese Fotos im Internet posten, dann machen sie es den Tätern oft sehr einfach, diese für ihre Zwecke zu nutzen“, warnt Andreas Link von jugendschutz.net in der Reportage.
jugendschutz.net ist ein gemeinsames Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für Jugendschutz im Internet.
Wir verlinken euch hier die Reportage von Panorama und STRG_F. Darin werden Beispiele für sexualisierte Gewalthandlungen geschildert. Der Inhalt könnte belastend sein!
Eltern sind sich der Risiken oft nicht bewusst
Für viele sind die sozialen Medien das was Fotoalben für ältere Generationen waren – Erinnerungsstücke. Wer denkt dann als Elternteil schon daran, dass das Foto des Kindes in der Badewanne auf pornografischen Webseiten landen könnte. Wären sich betroffene Eltern der problematischen Situation bewusst, würde wahrscheinlich keines dieser Bilder im Netz landen.
In einer Pressemitteilung anlässlich des europäischen Tages zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und Missbrauch, weist jugendschutz.net auf einen verantwortungsvollen Umgang mit Fotos von Kindern und ein Bewusstsein für mögliche Risiken hin.
Dort heißt es: „Für eine effektive Bekämpfung aller Formen der sexuellen Ausbeutung von Kindern sind ein reflektierter Umgang mit Fotos von Kindern und ein Bewusstsein für mögliche Risiken daher unverzichtbar. Auch wenn dafür in erster Linie Eltern, Freunde und Verwandte in der Verantwortung stehen, ist wichtig, dass auch Diensteanbieter sensibilisiert sind.“
Tipps zum Veröffentlichen von Bildern der eigenen Kinder
Dennoch ist es nicht verwerflich Kinderfotos ins Netz zu stellen. Mit ein paar Regeln können Risiken minimiert und die Persönlichkeitsrechte gewahrt werden.
Die Initiative „SCHAU HIN!“ empfiehlt Eltern, ihre Kinder für Bilder zur öffentlichen Verbreitung unkenntlich zumachen, nur von hinten zu fotografieren oder indem zum Beispiel eine Sonnenbrille getragen wird. Außerdem sollte die Ortsmarkierung immer deaktiviert werden, sonst können Dritte sehen wo sich das Kind aufhält.
Tipps zum Posten von Fotos und gleichzeitiger Wahrung der Persönlichkeitsrechte, gibt es auch vom deutschen Kinderhilfswerk:
- Kind miteinbeziehen
Lass dein Kind von Anfang an teilhaben und spreche mit ihm über den Umgang mit Fotos im Internet. - Preisgabe von personenbezogenen Daten des Kindes vermeiden
Zum Beispiel nicht den vollständigen Namen, Angabe des Aufenthaltsortes oder andere sensible Daten veröffentlichen - Regelmäßige Überprüfung der Privatsphäre-Einstellungen
Durch Einschränkungen in den Einstellungen, kannst du den Bereich von Menschen einschränken, die auf deine Fotos zugreifen können. - Poste keine Bilder von deinem Kind in unangenehmen Situationen
Überprüfe vor der Veröffentlichung ob dein Kind auf dem Foto angemessen gekleidet ist und sich nicht in einer peinlichen Pose befindet. Überlege am besten immer, ob du selbst so ein Foto von dir veröffentlichen würdest. - Nehme deine Vorbildfunktion wahr
Wenn du mit gutem Beispiel voran gehst, profitieren deine Kinder davon.
Keine Sorge, du kannst weiterhin Bilder und Videos von deinem kleinen Schatz veröffentlichen. Denn ein Teil unseres Leben spielt sich schließlich online ab. Dabei geht es aber weniger um das ob, sondern mehr um das wie.