Wenn dein Kind alles alleine machen will
Irgendwann ist dein Baby stolz wie Bolle, weil es:
- sich alleine hochziehen kann
- alleine laufen kann
- sich alleine anziehen kann
- die Zähne alleine putzen kann
- …
Wenn du all diese Entwicklungen zum ersten Mal beobachtest, durchläuft dich ein Gefühl warmer Rührung. Und dann kommt der Alltag und du hast Zeitdruck und dein Kind will das aber „leine machen“. Und mit einem Mal muss die Planung um eine halbe Stunde verlängert werden. Leider bekommt so ein Tag nur nicht passend zu den Kinderphasen mehr Stunden (oder weniger). Da hilft nur: Einatmen, ausatmen und sie machen lassen.
Wenn dein Kind nichts alleine machen will
Und dann kommt die Phase, in der dein Kind erkennt, dass es nicht nur Vorteile hat, wenn es etwas alleine kann. Weil du nämlich dann erwartest, dass es die Dinge alleine macht. Bei unserem ersten Kind habe ich jeden dieser Kämpfe erbittert und sehr konsequent ausgefochten. Am Ende waren wir beide atemlos und erschöpft. Mittlerweile atme ich erstmal durch und schaue, worum es gerade geht. Ist mein Kind müde und kann nicht mehr, weil der Tag im Kindergarten anstrengend war? Spielt Eifersucht eine Rolle, weil das kleinere Geschwisterchen ‚bedient‘ wird? Oder ist es die pure Unlust? Und ich merke, dass die Situationen so einen längeren Atem meinerseits benötigen, aber deutlich schneller und für das Verhältnis besser gelöst sind. Da hilft nur: Einatmen, ausatmen und hingucken.
Wenn dein Partner Dinge wirklich anders sieht
Ich glaube aufrichtig daran, dass Kinder ein Paar auf lange Sicht zu einer Familie formen. Kurzfristig schütteln Kinder die Partnerschaft aber ziemlich durcheinander. Die Unterschiede, die vorher vielleicht bei mancher Familienfeier zum Vorschein kamen, sind plötzlich im Alltag präsent. Abendbrot vorm Fernseher? Bettgehzeiten? Mithelfen im Haushalt? Zimmeraufräumen? Bildung? Weihnachtsmann: eine gemeine Lüge? – Wir alle sind ein sehr individuelles Produkt unserer Herkunftsfamilie und unserer weiteren sozialen Prägung. Jeder von uns hält seine Werte für den normalen Standard. Mit Kindern gibt so viele neue Themen, zu denen man sich garantiert im Detail nicht ausgetauscht hat. Außerdem gibt es Einstellungen, die hervorkommen, von denen man weder bei sich noch beim Partner auch nur etwas ahnte. Da hilft nur: Einatmen, ausatmen, viel sprechen und sich in gegenseitiger Toleranz üben.
Wenn dein Kind eine riesige Stinkwut hat
Es gibt diese Wutanfälle (je nach Temperament des Kindes mehr und ausgeprägter), während denen nichts mehr möglich ist. Dein Kind ist einfach nur noch wütend. Während tief drinnen wahrscheinlich ein riesiges Kaleidoskop an unterschiedlichsten Emotionen herumwabert, kommt die Wut raus. Dein Kind ist überfordert, brüllt und tobt und du? Da hilft nur: Einatmen, ausatmen, da sein und nicht vor lauter Hilflosigkeit wütend werden.
Wenn dein Kind müde ist
Es gibt Tage, da verpasst du das gute Zeitfenster zum Ins-Bett-bringen. Vielleicht war es so nett mit dem Besuch. Oder auf dem Spielplatz war es schön. Eine Familienfeier hat länger gedauert. Gründe gibt es viele, aber ab diesem Moment ist nichts mehr richtig. „Ich will keinen Schlafanzug.“, „Der Schlafanzug kratzt.“, „Geh weg.“, „Du musst mir helfen.“, „Ich bin nicht müde.“, „Zähneputzen mache ich nicht.“ Alles wechselweise kombiniert mit Weinen und Brüllen. Wenn dein Kind noch nicht sprechen kann, bleibt es beim Weinen und Brüllen. Schöner ist das aber auch nicht. Da hilft nur: Einatmen, ausatmen, das ruhige (weil gleich kinderfreie) Wohnzimmer mental heraufbeschwören und weitermachen.
Wenn das Aa in der Badewanne schwimmt
Spielen fordert manchmal alle Konzentration. Auch in der Badewanne. Mit einem Mal siehst du den konzentrierten Gesichtsausdruck, denn du so gut kennst, aber da ist es schon zu spät. Da ist mehr in der Wanne als dort sein sollte. Da hilft nur: Einatmen, ausatmen, Kind hinstellen, Aa fischen (jaaa, es gibt so Begriffe, von denen wusstest du im kinderlosen Zustand nicht, dass es sie gibt), Wasser ablassen und abduschen. Und hinterher die Badewanne schrubben.
Wenn du das erste Mal die „doofe Kacka-Mama“ bist
Mich hat es überrascht, dass es so früh kam. Da bin ich ehrlich. Aber als er so zwischen drei und vier Jahre alt war, stand mein zornentbrannter Sohn vor mir und brüllte mich an: „Du bist eine doofe Kacka-Mama.“ Weil er Handschuhe anziehen sollte. Seitdem bin ich immer wieder die doofe Kacka-Mama oder – man wird ja älter und verbal versierter – die bescheuerte Scheiß-Mama. Da hilft nur: Einatmen, ausatmen, Handlungsoptionen überlegen und erklären, dass man sich nicht gegenseitig beleidigt.
Wenn das Kind mit dem Laufrad durch einen Hundehaufen fährt
Nein, dieser Umstand alleine nimmt mir nicht mehr die Luft. Wenn das Kind dabei aber einen Mantel trägt und über den Reifen der Hundehaufen langsam, aber sicher auf den Mantelsaum gerät, spüre ich atemberaubenden Ekel aufsteigen. Nichts stinkt so ekelhaft wie Hundekacke. Und wenn dann noch der älteste Sohn das fortschreitende Dilemma bemerkt und die Tochter anhalten möchte, während Zuhause der zweite Sohn bereits vor der Tür steht, kann Schnappatmung entstehen. Da hilft nur: Einatmen, ausatmen, mental einen Schlachtplan überlegen (auf keinen Fall darf das Kind das Haus mit dem Mantel betreten und das Aa noch an die Wände schmieren). Und dabei zu wissen: Wie so vieles endet diese Geschichte mit einer Waschmaschine.