SSPE: Gefährliche Spätfolgen von Masern

vonConnie Gräf-Adams | freie Autorin
Ein kleines Baby liegt im Bett
Für Babys ist die Ansteckungsgefahr am größten.
© Bigstock/Isleem

Die UNICEF meldet besorgniserregende Zahlen, was die Impfquote von Kindern anbelangt. So ist beispielsweise der Anteil von Kindern, die 2021 die erste Impfung gegen Masern erhielten, auf den niedrigsten Stand seit 2008 abgerutscht. Fehlt der wichtige Schutz, kann es im Erkrankungsfall zu schwerwiegenden Komplikationen wie einer subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE) kommen. Die Erkrankung tritt zwar sehr selten auf, ist jedoch nicht heilbar.

Was ist die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE)?

Die SSPE ist die gefürchtetste Spätfolge einer Maserninfektion. Es handelt sich dabei um eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch Reaktivierung von Masernviren verursacht wird und das zentrale Nervensystem (ZNS) betrifft.

Wie die Krankheit im Einzelnen entsteht, ist noch nicht hinreichend erforscht. Wissenschaftler gehen davon aus, dass es kurz nach der Masernerkrankung zu der Entzündung des Gehirns kommt, die sich schleichend weiterentwickelt.

Erste Symptome treten meistens erst vier bis zehn Jahre nach der Infektion mit Masern auf. Es sind jedoch auch Fälle bekannt, bei denen die Erkrankung bereits nach einem Monat oder mehr als 20 Jahre später in Erscheinung getreten ist. Hier liest du alles zu Masern bei Babys und Kindern.

Kinder haben ein erhöhtes SSPE-Risiko

Das Risiko an subakuter sklerosierender Panenzephalitis zu erkranken, wurde lange Zeit unterschätzt. Während man früher davon ausging, dass die SSPE-Häufigkeit in Industrieländern 1:100.000 betrage, schätzt man die Zahlen mittlerweile deutlich höher ein.

Demnach liegt das SSPE-Risiko bei etwa 1:15.000. Jungen und Männer sind von der Erkrankung häufiger betroffen als Mädchen und Frauen.

Kinder, die bei ihrer Maserninfektion jünger als fünf Jahre waren, sind besonders gefährdet. Nach einer Studie aus Deutschland beträgt das SSPE-Risiko in dieser Altersgruppe 1:1.700 bis 1:3.300. Keines der später an SSPE erkrankten Kinder war gegen Masern geimpft. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch eine wissenschaftliche Studie amerikanischer Forscher, die Krankheitsfällen in Kalifornien nachgegangen war.

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Was sind erste Anzeichen von SSPE?

SSPE äußert sich anfänglich mit eher unspezifischen Symptomen wie

  • Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit und einem allgemeinen Nachlassen der Leistungen in Schule oder Beruf
  • Schlaflosigkeit
  • erhöhter Reizbarkeit und Wutausbrüchen
  • Lethargie und sozialem Rückzug

Da ein schulischer Leistungsabfall und gewisse Persönlichkeitsveränderungen im frühen Teenager-Alter nichts Ungewöhnliches sind, werten Eltern die Symptome oftmals nicht als Krankheitszeichen und bringen sie nicht mit einer bereits Jahre zurückliegenden Maserninfektion in Verbindung.

Ein Kinder- und Jugendarzt wird meistens erst konsultiert, wenn zusätzliche Beschwerden wie Probleme beim Sprechen in Erscheinung treten.

Bei einem Verdacht auf SSPE werden Blut und Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit untersucht. Zusätzlich können bildgebende Verfahren wie CT oder MRT Veränderungen im Gehirn sichtbar machen.

Wie verläuft die subakute sklerosierende Panenzephalitis?

SSPE verläuft in der Regel in vier Phasen. Zu den oben beschriebenen Beschwerden in der Anfangsphase kommen im zweiten Stadium Störungen im Bewegungsablauf, Tremor, Muskelzuckungen und -krämpfe hinzu.

Stadium III ist zusätzlich durch unkontrollierte Muskelbewegungen, Muskelstarre, Krampfanfälle und eine fortschreitende Teilnahmslosigkeit gekennzeichnet, die schließlich in der finalen vierten Phase ins (Wach)Koma oder akinetischen Mutismus übergeht. Ein Zustand, in der der Patient zwar wach ist und nicht gelähmt, aber aus mangelndem Antrieb weder spricht noch sich bewegt.

SSPE ist nicht heilbar. Die Erkrankung verläuft bei Kindern innerhalb von ein bis drei Jahren nach Auftreten der ersten Symptome nahezu immer tödlich. Es gibt kaum Fälle, in der die Krankheit überwunden werden konnte.

Wie wird SSPE behandelt?

Es existiert keine Therapie, um das Fortschreiten der neurologischen Erkrankung langfristig aufzuhalten. Zur Anwendung kommen antivirale und immunmodulatorische Mittel. Um Krampfanfälle besser kontrollieren oder eindämmen zu können, werden krampflösende Mittel (Antiepileptika) verabreicht.

Wie kann man SSPE vorbeugen?

Die wirksamste Maßnahme gegen die schwerwiegende Erkrankung stellt die Prävention in Form der Masernimpfung dar. Um eine Ansteckung mit Masernviren und somit auch gefährliche Spätfolgen zu vermeiden, ist die zweistufige Impfung seit dem 1. März 2020 für Kinder, die Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten und Schule besuchen, in Deutschland verpflichtend. Das gilt auch für dort Beschäftigte sowie Personen, die im medizinischen und pflegerischen Bereich, in Einrichtungen für Asylbewerber sowie in Fach-, Berufs- und Hochschulen tätig sind.

Quellen