Stottern bei Kindern: Was können Eltern tun?

vonConnie Gräf-Adams | freie Autorin
Junge mit geöffnetem Mund stottert
Stottern tritt bei Jungs häufiger auf
© Pexels/ Artem Podrez

Dass Kinder nicht immer flüssig sprechen oder über manche Wörter stolpern, gehört zur normalen Sprachentwicklung dazu. Hellhörig werden Eltern jedoch, wenn das Kind ohne ersichtlichen Grund plötzlich zu stottern beginnt. Wie du dein Kind bei Redeflussstörungen unterstützen kannst und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, erfährst du in unserem Beitrag.

In welchem Alter tritt Stottern bei Kindern üblicherweise auf?

Stottern ist kein seltenes Phänomen. Die Redeflussstörung tritt bei etwa 5% aller Kinder auf. Meist beginnt das Stottern im Alter zwischen zwei und fünf Jahren bei Kindern, die zuvor bereits flüssig gesprochen haben. Bei den meisten gibt sich das Stottern bis spätestens zum Eintritt in die Pubertät. In etwa 20% der Fälle entwickelt sich allerdings ein dauerhaftes Stottern.

Jungen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Mädchen. Zudem verliert sich das Entwicklungsstottern bei Mädchen häufiger als bei Jungen.

Phasen der Stotterfreiheit

Die Intensität des Stotterns kann deutlich variieren. Während das Kind manchmal sehr stark stottert, spricht es zu anderen Zeiten völlig flüssig. Die Gründe sind nicht immer ersichtlich. Bei Müdigkeit oder Aufregung kann das Stottern allerdings zunehmen. Beobachten lässt sich häufig auch, dass Kinder beim Sprechen mit Haustieren oder mit sich selbst, beim Singen oder Flüstern weniger bzw. gar nicht stottern.

Wie erkennst du, ob dein Kind stottert?

Kinder im Kleinkind- und Vorschulalter haben häufiger Probleme, flüssig zu sprechen. Zu sogenannten „normalen Sprechunflüssigkeiten“ gehören beispielsweise Wiederholungen von Wörtern oder Phrasen in einem Satz („ich will, ich will aber …“), Pausen mitten im Satz oder abgebrochene Wörter.

Typische Unflüssigkeiten beim Stottern sind hingegen:

  • Wiederholungen von Silben oder einsilbigen Wörter, z.B. „wa-wa-wa-warum darf ich nicht…“
  • Lautdehnungen, z.B. „Mmmmaus“
  • Wortunterbrechungen mit Pausen, z.B. Gummi —- bärchen“
  • Blockaden, z.B. „H —– hallo Mama“

Weitere Symptome können eine deutliche Anstrengung beim Sprechen oder stockender Atem sein sowie die Vermeidung bestimmter Wörter und Laute oder eine generelle Angst vorm Sprechen.

Stottertest für Kinder zur ersten Einschätzung

Du bist unsicher, ob es sich bei den Sprechproblemen tatsächlich um Stottern handelt und du für dein Kind professionelle Hilfe in Anspruch nehmen solltest? Zur Unterstützung von Eltern hat die Interdisziplinäre Vereinigung der Stottertherapeuten e.V. (ivs) die Screening Liste Stottern (SLS) entwickelt. Der Stottertest ist anonym und kostenfrei. Die Auswertung erfolgt sofort online nach Beantwortung von sechs Fragen.

Woher kommt das plötzliche Stottern bei Kindern?

Die Ursachen sind bislang noch nicht hinlänglich erforscht. Wissenschaftler haben jedoch festgestellt, dass die Sprachverarbeitung im Gehirn stotternder Menschen etwas anders abläuft als bei Personen, die nicht stottern. Vermutet wird auch eine erbliche Veranlagung. Bestimmte Erlebnisse wie z.B. ein Sturz oder Veränderungen in der Familienkonstellation sind zwar nicht als ursächlich zu werten, können aber das auslösende Moment für Stottern sein. Letztendlich ist davon auszugehen, dass das Zusammenspiel mehrerer Faktoren zur Entstehung der Redeflussstörung beiträgt.

Stottern ist kein Hinweis auf Erziehungsfehler

Was man sicher weiß: Stottern sagt absolut nichts über die Intelligenz der betroffenen Kinder aus. Auch berühmte Persönlichkeiten wie das Mathe-Genie Albert Einstein, Sir Isaac Newton oder King George VI. haben gestottert.

Und – falls du befürchtest, selbst zum Stottern deines Kindes beigetragen zu haben – Redeflussstörungen sind keine Frage der Erziehung. Auch psychische Gründe liegen nur sehr selten zugrunde.

Allerdings kann es bei unschönen Reaktionen anderer Kinder wie Hänseleien oder Auslachen zu Hemmungen beim Sprechen in der Gruppe, einem geringen Selbstwertgefühl und sozialem Rückzug kommen. Es ist daher wichtig, frühzeitig aktiv zu werden und dein Kind zu unterstützen.

Wohin kannst du dich wenden, wenn dein Kind stottert?

Wenn du merkst, dass das Stottern einige Wochen anhält, sprich mit eurem Kinderarzt. Er kann eine Beratung verordnen, bei der Eltern hilfreiche Tipps für den Umgang mit der Redeflussstörung erhalten. Eine gute Anlaufstelle ist die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V. (BVSS). Der Verein bietet eine kostenlose Fachberatung, stellt umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung und – falls eine Therapie bei deinem Kind empfehlenswert wäre – Adressen von qualifizierten LogopädInnen und Sprachtherapeut:innen in eurer Nähe. Zudem kann man sich in Selbsthilfegruppen online oder lokal mit anderen Eltern austauschen.

Wie lässt sich Stottern von Kindern behandeln?

Ob und welche Therapie sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab. Je nach Alter kommen verschiedene Ansätze in Frage. Bei kleinen Kindern werden die Eltern eng in die Therapie miteinbezogen.

Für Vorschulkinder gibt es drei Verfahren, deren Wirksamkeit nachgewiesen ist:

  • Die Stottermodifikation zielt darauf ab, die Stottersymptome zu kontrollieren. Das Kind lernt, wie es besser auf das Stottern reagieren und sich aus der Situation befreien kann.
  • Bei operanten Verfahren erfahren Eltern, wie sie Sprechsituationen schaffen können, die ein flüssiges Sprechen des Kindes erleichtern.
  • Bei indirekten Verfahren geht es darum, die Umstände für das Stottern herauszufinden und diese zu ändern.

Vorsicht ist geboten bei Therapien, die schnelle Erfolge versprechen. Für nachhaltige Ergebnisse braucht es Zeit. Die Kosten für qualifizierte Stottertherapien werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen.

Tipps für den Umgang mit einem stotternden Kind

  • Sprich mit deinem Kind über das Stottern und erkläre ihm, dass es sich nicht schämen muss, wenn die Wörter mal wieder hüpfen und stolpern.
  • Höre ihm geduldig zu und ergänze die Sätze nicht.
  • Ratschläge wie „Hol erst mal Luft“ setzen unnötig unter Druck.
  • Zeige deinem Kind, dass es dir stets wichtig ist, was es zu sagen hat und nicht, wie es spricht.
  • Informiere die Kita über das Stottern. So können sie die Situation besser im Blick behalten und sind sensibilisiert, falls andere Kinder unangemessen reagieren.

Quellen