Trotzphase bei Kindern: wann? wie lange? wie überleben?

Trotzanfall? Atmen nicht vergessen!
Trotzanfall? Atmen nicht vergessen!
©Bigstock/shcherban

Kleinkinder in der Autonomiephase verlangen Eltern ziemlich viel ab. Welchen Sinn das Trotzen für die Entwicklung hat, wann die Trotzphase vorbei ist und mit wie du am besten mit den Wutanfällen umgehst.

Inhalt geprüft und ergänzt von Katharina Meier-Batrakow, Psychologin

Wann beginnt die Trotzphase bei Kleinkindern?

Bei den meisten Kindern beginnt die Trotzphase – oder besser Autonomiephase – mit ca. 2 Jahren. Allerdings verhalten sich Kinder nicht nach Lehrbuch. Das heißt, alle Variationen sind möglich: Sie kann auch früher anfangen oder dein Kind durchlebt die Autonomiephase ganz ohne hysterische Wut- und Trotzanfälle.

Wie lange dauert die Trotzphase?

Die Autonomiephase endet etwa ab dem vierten Lebensjahr. Dann hat dein Kind gelernt, wo in eurer Familie die Grenzen sind und, dass seine Fähigkeiten noch begrenzt sind. Es weiß auch, wie es mit verschiedenen Gefühlen wie Frust umgehen kann.

Natürlich spielt auch hier die individuelle Entwicklung eine große Rolle. Je nachdem, wie die Trotzphase (zusammen mit den Eltern) bewältigt wird, kann es länger dauern oder schneller gehen. Grundsätzlich endet sie aber mit der Einschulung.

Warum trotzen Kinder in der Autonomiephase?

Trotzphase mit 2 Jahren

Dein Kind erkennt mit Beginn der Autonomiephase, dass es ein eigenes Ich mit eigenen Wünschen und Zielen hat. Es probiert dementsprechend aus, was geht und wie weit es gehen kann. Dein Kind möchte seine neu errungene Selbstständigkeit testen und ist natürlich enttäuscht, wenn sein Vorhaben nicht so klappt, wie gedacht – oder es von Mama oder Papa gebremst wird.

Mit den eigenen Gefühlen und Wünschen muss dein Kind allerdings erst umgehen lernen. Die Trotzphase ist hier der erste Schritt zu mehr Selbstregulation.

In dieser Zeit verändert sich das Gehirn deines Kindes stark: Die Verbindungen zwischen den Hirnregionen nehmen stark zu und auch das Gehirn selbst gewinnt rasant an Gewicht. Doch das Frontalhirn, das Planen, Urteilen und Regulation steuert, hinkt im Wachstum etwas hinterher. Emotionen strömen so ungefiltert auf dein Kind ein. Es kommt zum „Kurzschluss“…einem Trotzanfall.

Trotzphase mit 3 Jahren

So wie man das Laufen lernen muss, muss dein Kind auch lernen, die eigenen Emotionen zu regulieren und Geduld zu haben, wenn Bedürfnisse nicht sofort befriedigt werden – dies lernt es in der Trotzphase.

Kleinkinder in diesem Alter sind oft innerlich hin und her gerissen: Auf der einen Seite wollen sie unabhängiger sein und vieles allein machen. Auf der anderen Seite merken sie, dass manchmal die eigenen Fähigkeiten noch nicht ausreichen und die Eltern ihnen helfen müssen.

Daher ist es wichtig, dass du deinem Kind in seinem Autonomiestreben unterstützt, ihm aber gleichzeitig immer das Gefühl gibst, dass du für es da bist und ihm Sicherheit gibst.

Was dein Kind in der Autonomiephase erlebt...
ist Frustration über:
  1. … sich selbst, weil es etwas noch nicht kann.
  2. … äußere Umstände, die seine Bedürfnisse und Wünsche verhindern.
  3. … andere Menschen, die ihm sein autonomes Handeln nicht ermöglichen.

Kinder entwickeln in der Trotzphase Frustrationstoleranz

Frustrationstoleranz steht für die Fähigkeit mit enttäuschten Erwartungen, nicht erreichten Zielen oder unerfüllten Bedürfnissen umzugehen.

Als Elternteil solltest du dein Kind – nicht nur in der Autonomiephase – begleiten und es unterstützen und natürlich auch das Verhalten vorleben.

Um sich bei einem Trotzanfall zu beruhigen, braucht ein Kind Trost, Unterstützung, Ermutigung und Sicherheit. Manchmal will das Kind bei einem Wutanfall nicht getröstet oder angefasst werden.

Behalte dein Kind weiterhin im Blick und passe auf, dass es sich oder andere nicht verletzt. Und biete immer wieder Unterstützung und Trost an: „Du bist wütend/ traurig, soll ich dich in den Arm nehmen?“ oder „Du bist gerade so sauer, lass uns zusammen auf den Boden stampfen!“

Darüber hinaus kannst du ihm (hinterher) erklären, was ihm gerade passiert ist: „Du warst wütend, weil du deinen Schuh nicht allein anziehen konntest.“ Auch während dem Wutanfall kannst du die Gefühle des Kindes benennen: „Du bist wütend.“ Nur zu viele Erklärungen solltest du dir sparen – während dem Trotzen hört dein Kind nicht zu.

Je älter dein Kind wird und je weiter die Regulationsfähigkeit voranschreitet, desto leichter wird es erkennen und erklären können, wie es sich fühlt. Es wird seine Emotionen bald besser äußern können – und weniger toben.

Gib deinem Kind mit zunehmendem Alter auch Handlungsalternativen:

  • Sich verbal äußern (je nach Stand der Sprachentwicklung)
  • Non-verbal die Emotionen bewältigen: In ein Kissen boxen oder etwas raus gehen
  • Um Hilfestellung bitten
  • Es nach einem Misserfolg erneut versuchen

Zum Schluss die gute Nachricht: Die Trotzphase ist tatsächlich genau das – nur eine Phase!

Alle Eltern müssen da durch, aber es wird besser! Mit ein bisschen Geduld und positiver Bewältigung wirst du am Ende der Trotzzeit mit einem selbständigeren, selbstbewussteren Kind belohnt. Halte durch!

Kann ich Trotzanfälle vermeiden?

Vermeiden, vorhersehen oder unterbinden von Wutanfällen in der Trotzphase – das geht nicht. Aber du kannst dein Kind in der Autonomiephase unterstützen, indem du deinem Kind mit verlässlichen Routinen und persönlichen Grenzen einen Rahmen gibst. Verlässlich heißt auch konsequent.

Konsequent bedeutet, dass bei einigen Grenzen keine Diskussion stattfindet – zum Beispiel: Andere schlagen. Bei anderen Dingen sollten Kinder jedoch selbst mitreden und eigene Wünsche äußern dürfen. Ob diese Wünsche dann erfüllt werden, kann diskutiert werden.

Und: Kinder wünschen sich, dass ihr Streben nach mehr Selbstständigkeit unterstützt wird. Es gibt viele Situationen, in denen du diesen Wunsch auch erfüllen kannst: Lass dein Kind zum Beispiel kleine Dinge selbst ausprobieren: mit einem stumpfen Messer Gurken schneiden, sich selbst anziehen oder die Zahnpasta selbst auf die Zahnbürste geben…

Um Trotzanfälle vielleicht vermeiden zu können kannst du auch diese Dinge beachten:

  • Diskutiere nicht mit müden oder hungrigen Kindern
  • Umdenken: Nicht – wie oft hat mein Kind heute schon etwas verweigert? Sondern – wie oft hat mein Kind schon kooperiert?
  • Kompromisse suchen: Frage dein Kind doch mal, wie es dieses Dilemma lösen würde
  • Provoziere keinen Konflikt: Nach einem schwierigen Tag mit mehreren Wutanfällen solltest du nicht unbedingt deine ‚Macht‘ durchsetzen müssen
  • Frage dich: Welches Bedürfnis steckt hinter dem Verhalten meines Kindes? (Hunger, Müdigkeit, verletzte Autonomie)

Wutanfälle in der Trotzphase – Was tun?

Es mag jetzt hart klingen, aber eine Zauberformel für akute Wutanfälle gibt es tatsächlich nicht. Diese Tipps können dir dabei helfen, besser mit ihnen umzugehen:

  • Nimm das Trotzen nicht persönlich

Das Verhalten deines Kindes richtet sich nicht gegen dich als Mutter oder Vater – auch nicht, wenn es in der Wut vielleicht nach dir tritt oder schlägt.

  • Ruhig und geduldig bleiben

Nicht schimpfen, schreien und aufregen. Ja, das fällt schwer – aber im Zweifel befeuert deine Aufregung den Wutanfall zusätzlich.

  • Den Trotzanfall nicht dramatisieren

Versuche nicht, auf dein Kind einzureden, während es gerade tobt. Mach auch das Thema „Wutanfall“ währenddessen nicht zum Thema. Denn das ist nutzlos, da dein Kind in dem Moment nicht zuhört. Wenn du den Trotzanfall aussitzt, geht er schneller vorbei. Reden könnt ihr danach noch.

  • Wut rauslassen – mit Regeln

Zumindest zu Hause ist das eine gute Alternative: Gib deinem Kind einen Weg, den Frust physisch loszuwerden. Natürlich unter der Prämisse: In ein Kissen Boxen ist okay, alles andere nicht.

5 To Dos beim Trotzanfall

Bücher über den Umgang mit der Trotzphase

Natürlich brauchst du keinen Stapel Bücher zur Trotzphase – manchmal verursachen die nur zusätzlichen Druck. Aber: Wenn du nicht nach einer allgemeinen Formel suchst, wie du Trotzanfälle unterbindest, sondern dich besonders für diese Entwicklungsphase interessierst, dann haben wir hier drei Bücher, die dich schlauer machen. Und im Zweifel den ein oder anderen Tipp geben können.

(Um das Buch zu kaufen, klicke einfach auf das Coverbild)

  • Ich! Will! Aber! Nicht! Die Trotzphase verstehen und gelassen meistern
    von Susanne Mierau
    erschienen im GU Verlag, 16,99 Euro

  • Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn: Der entspannte Weg durch Trotzphasen
    von Danielle Graf & Katja Seide
    erschienen bei Beltz, 16,96 Euro

  • Gelassen durch die Trotzphase
    von Annette Kast-Zahn
    erschienen im GU Verlag, 12,99€

Trotzen in der Öffentlichkeit

Noch ein Wort zu Wutanfällen in der Öffentlichkeit. Ja, sie sind schrecklich. Hier hilft nur durchhalten und die Blicke der Umstehenden zu ignorieren. Sollen sie doch denken, dass dein Kind schlecht erzogen ist! Und vielleicht fängst du in solchen Situationen das aufmunternde Lächeln einer anderen Mama/Papa auf, die/der ganz genau weiß, wie es dir jetzt geht.

Quellen