Als Eltern sind wir nicht unfehlbar. Und obwohl wir es mit unseren Absichten nur gut meinen, können gewisse Verhaltensweise unsere Kinder nachhaltig negativ beeinflussen. Warum zu viel Lob Kinder „vergiftet“ und warum Eltern unbedingt immer als Team agieren sollten, haben wir hier zusammengefasst: sieben toxische Verhaltensweisen, die unseren Kindern schaden können.
Natürlich ist einer der wichtigsten Aufgaben von Eltern, ihr Kind vor Gefahren, Schmerzen und Tränen zu schützen. Jedoch kann die gut gemeinte Fürsorge auch zu weit gehen. Mischen sich Eltern immer wieder ein, wenn ihr Kind vor Problemen steht und machen Hindernisse einfach platt, bevor ihr Kind daran scheitern könnte, kann das die kindliche Entwicklung ausbremsen. Für dieses Verhalten hat sich der Begriff „Rasenmäher-Eltern“ etabliert.
Folge: Kinder von Rasenmähren-Eltern können später Schwierigkeiten haben Aufgaben oder Konflikte selbstständig zu lösen. Sich einem Problem stellen zu müssen, kann sie überfordern. Dabei gehört Scheitern zum Leben. Und nur wenn ein Kind gelernt hat, dass es nicht schlimm ist, Fehler zu machen, kann es mit Misserfolgen umgehen.
Tipp: Statt bei jedem Problem einzugreifen solltest du deinem Kind zunächst die Möglichkeit geben, eigene Lösungen zu finden. Statt es vor Misserfolgen zu bewahren, solltest du hinterher zum Trösten da sein.
Ohne Frage sind alle Eltern stolz auf ihr Kind und dessen Leistung. Lob ist für den Nachwuchs grundsätzlich auch sehr wichtig, um das Selbstwertgefühl zu stärken. Jedoch nur dann, wenn es richtig dosiert ist. Zu viel Lob kann der Entwicklung schaden.
Folge: Kinder, die von Eltern zu viel gelobt werden, entwickeln ein falsches Selbstbild. Auch ein kleiner Misserfolg kann dann zu einem großen Drama werden. Dadurch schrecken Kinder auch vor Herausforderungen schneller zurück. Zu diesem Schluss kam US-Psychologin Carol Dweck, die sich mit einer Langzeitstudie der Auswirkungen von Lobeshymnen auf Schüler beschäftigte. Dieses Phänomen hat sie als Effort Effect bezeichnet.
Tipp: Loben ist wichtig, aber mache es richtig. Versuche dein Kind nicht für alles, sondern für seine Anstrengung und Bemühungen zu loben. Mach dein Kind nicht von der Anerkennung abhängig, so lernt es auch mit Kritik umzugehen.
Das Streben das Kind glücklich zu machen kann dazu führen, dass Eltern bei der Erziehung ihres Kindes zu wenig Grenzen setzen. Die Wiener Jugendpsychologin Martina Leibovici-Mühlberger spricht davon, dass wir dadurch „Tyrannenkinder“ heranziehen, die nur noch an ihr eigenes Wohl denken.
Folge: Haben Kinder nicht gelernt, sich an gewisse Regeln zu halten, werden sie sich auch später schwer damit tun, sich zu beschränken und sich an die Bedürfnisse anderer anzupassen. Sie würden wichtige Werte wie Rücksicht und Respekt verlieren, so Leibovici-Mühlberger.
Tipps: Grenzen bedeuten nicht unbedingt eine Einschränkung. Sie geben Orientierung und Sicherheit: beides braucht jedes Kind! Unsere Gesellschaft funktioniert nach gewissen Regeln. Als Eltern haben wir die Aufgabe unseren Kindern diese Regeln in Form von Werten zu vermitteln. Grenzen zu setzen bedeutet für Eltern aber eben auch, den unangenehmen Teil der Erziehung zu übernehmen, sich auch unbeliebt zu machen und die Wut und den Ärger der Kinder auszuhalten.
Dass dem eigenen Kind etwas passieren könnte, ist eine schreckliche Vorstellung für Eltern. Daher neigen wir gerne dazu, besonders gut auf unsere Kinder aufzupassen. Am besten haben wir sie immer gut im Blick – und halten sie dadurch unbewusst an der kurzen Leine. Je älter die Kinder werden, desto mehr Konfliktpotenzial entwickelt sich.
Folge: Kinder können nicht selbstständig werden, wenn wir nicht etwas Kontrolle abgeben. Der College London Studie zufolge haben Kinder von „überfürsorglichen“ Eltern eine geringere Resilienz, also eine niedrigere Widerstandsfähigkeit gegenüber psychischen Belastungen. Eine zentrale Fähigkeit, die wir im Leben brauchen.
Tipp: Versuche deinem Kind zu vertrauen und gib ihm die Chance selbständig zu werden. Vergiss nicht, dass man aus seinen eigenen Fehlern und Entscheidungen am besten lernt.
Man könnte meinen, dass der Vergleich mit Freuden oder Geschwister das Kind motivieren kann. Doch meist ist das Gegenteil der Fall. Vergleichst du dein Kind zu oft mit anderen Kindern oder seinen Geschwistern, kann das Selbstwertgefühl des Kindes darunter leiden.
Folge: Gerade der Vergleich unter Geschwistern kann zu einem grausamen Wettbewerb statt einer normalen Geschwister-Beziehung führen. Außerdem bekommt das Kind auf diese Weise das Gefühl, nicht „gut genug“ für seine Eltern zu sein, was zu einem geringen Selbstwertgefühl führt.
Tipp: Jedes Kind entwickelt sich individuell und hat sein eigenes Tempo. Setz deinen Nachwuchs nicht unter Druck, indem du ihn mit den andren Kindern vergleichst. Konzentriere dich auf die Stärken deines Kindes und gib ihm das Gefühl, dass du stolz bist.
Unser Alltag ist oft hektisch! Und häufig machen wir verschiedene Dinge parallel, sind in Gedanken schon beim übernächsten Punkt der langen To-Do-Liste: in solchen Situationen passiert es schnell, dass wir nicht wirklich präsent sind, unseren Kindern nicht genau zuhören. Manchmal sehnen wir uns auch nur nach einer Auszeit und genießen die Minute am Handy, die wir für uns haben. Doch all das bekommt natürlich auch dein Kind mit. Fühlt es sich nicht „gehört“, kann sich das nachhaltig in seiner Entwicklung niederschlagen.
Folge: Wenn Eltern häufig nur halbherzig zuhören, vermitteln sie ihrem Kind: „Das, was du redest, hat keine Bedeutung für mich“. Kinder, denen es an Aufmerksamkeit von Eltern fehlt, wachsen oft mit einem geringen Selbstwertgefühl auf, sie fühlen sich „unsichtbar“.
Tipp: Bewusstes Zuhören signalisiert deinem Kind „du bist mir wichtig“. Im Alltag ist es aber natürlich gar nicht möglich, immer und ständig die Ohren offen zu halten. Wichtiger ist es, ein Gespür dafür zu entwickeln, wann dein Kind wirklich deine ungeteilte Aufmerksamkeit braucht und etwas loswerden will. Dann kann es sinnvoll sein, einfach mal alles stehen und liegen zu lassen. Versuche immer offen mit ihm über seine Gefühle zu reden. Auf diese Weise wird dein Nachwuchs glücklich sein, dass es dich als Vertrauensperson an seiner Seite hat.
In der Erziehung sollten Eltern konsequent sein. Das heißt auch, dass sich sowohl Mama als auch Papa an die gleichen „Erziehungsregeln“ halten und diese gemeinsam vor ihren Kindern vertreten. Agieren Eltern hier nicht als Team, werden das die Kinder früher oder später ausnutzen, um ihre Eltern gegeneinander auszuspielen.
Folge: Kinder brauchen Regeln, die ihnen Orientierung geben. Je mehr Ausnahmen es von diesen Regeln gibt, desto mehr verlieren Kinder ihre Richtschnur, was richtig und was falsch ist. Eine solche, sogenannte inkonsistente Erziehung kann später zu Verhaltensauffälligkeiten führen.
Tipp: Eltern müssen sich nicht in allem einig sein. Wichtig ist, dass ihr für euch gewisse Grundregeln definiert, für die es keine Ausnahmen gibt. Komplizierter aber umso wichtiger wird das, wenn die Eltern getrennt voneinander leben.
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