Überzuckerungstag 2022: deutsche Kinder sind überzuckert
Laut Berechnungen der Verbraucherorganisation foodwatch konsumieren Kinder und Jugendliche in Deutschland viel zu viel Zucker. Fachorganisationen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) raten, dass Minderjährige maximal 10 % ihrer täglichen Kalorien durch freie Zucker aufnehmen.
Als freier Zucker wird Zucker bezeichnet, der zur Nahrung hinzugefügt wird oder natürlich in Fruchtsäften, Honig oder Sirup enthalten ist. Zucker aus Milch oder frischem Obst zählt laut foodwatch nicht dazu.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt einen deutlich niedrigeren Wert von fünf Prozent.
Tatsächlich sieht es so aus: Kinder und Jugendliche zwischen drei und 18 Jahren nehmen über 16 % ihrer täglichen Kalorien durch freien Zucker auf – das sind 63 % mehr als empfohlen.
Die Jahresdosis an Zucker, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlen wird, wurde 2022 damit schon am 224. Kalendertag (statt am 365. Tag) erreicht. Der sogenannte „Überzuckerungstag“ fiel dieses Jahr damit auf den 12. August.
Übrigens: Die Zahlen zur Berechnung des Überzuckerungstages gehen aus der sogenannten DONALD-Studie aus dem Jahr 2016 hervor. Eine neuere Studie, Eskimo II, mit dem Fokus auf Kinder zwischen sechs und 17 Jahren kam zu dem Ergebnis, dass Kinder sogar 20 % ihrer täglichen Kalorien durch Zucker aufnehmen.
Auf Basis dieser Studie wäre der Überzuckerungstag dann schon am 1. Juli gewesen.
Kinder am Zucker-Limit
Foodwatch zeigt an einem konkreten Beispiel, was das bedeutet.
Mädchen essen im Durchschnitt mehr als 60 Gramm freie Zucker pro Tag, obwohl sie maximal 38 Gramm zu sich nehmen sollten. Jungen essen im Schnitt mehr als 70 Gramm freie Zucker pro Tag, obwohl sie nicht mehr als 44 Gramm verzehren sollten.
Der Zucker kommt hier nicht immer von den offensichtlich zuckerreichen Nahrungsmitteln wie Schokolade oder Gummibärchen. Versteckter Zucker finden sich in vielen Produkten. Vor allem in Kinderprodukten sollten Eltern die Zutatenliste genau lesen. Auch der Ausdruck „ohne Zuckerzusatz“ bedeutet erst einmal nicht viel. Natürliche Süßungsmittel aus Fruchtsäften, -pürees oder -sirupen finden sich in vielen Keksen, Riegeln und Frühstückflocken.
Hier hilft nur: genau lesen und auf Begriffe wie Glucose, Dextrose oder Maltose achten. Im schlimmsten Fall kann eine dauerhafte Fehlernährung nicht nur zu Übergewicht führen, sondern auch zu Diabetes bei Kindern.
Kinder in Deutschland: Übergewicht ist ein Problem
Laut foodwatch gelten aktell in Deutschland 15 % der Kinder und Jugendlichen als übergewichtig und sechs Prozent sogar als stark übergewichtig. Das begünstigt Spätfolgen wie Typ-2-Diabetes, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herzerkrankungen.
Das Problem liegt bei Junkfood und Softdrinks
Foodwatch kritisiert vor allem aber die Lebensmittelindustrie und das „Kindermarketing“:
„Die Lebensmittelindustrie wirbt mit beliebten Social-Media-Influencern, Comic-Figuren und TV-Spots vor allem für ungesunde Zucker- und Fettbomben.“
Erst kürzlich wurde der Lebensmittelriese Rewe stark kritisiert, weil er ungesunde Snacks wie Chips und Kekse als „Begleiter für den Schulalltag“ beworben hat.
Die Organisation fordert konkrete Werbeeinschränkungen. Die Aktivisten verlangen ein „Gesetz, das Werbung an Kinder nur noch für ausgewogene Lebensmittel erlaubt. Werbung für ungesunde Lebensmittel soll in TV und Internet grundsätzlich nur noch zwischen 23 und 6 Uhr gesendet werden dürfen.“