Gestörte Selbstwahrnehmung: Bewegende Geschichte eines 4-jährigen Mädchens
Das Video wurde von einer amerikanischen Friseurin auf Instagram gepostet. Darin ist zu sehen, wie die erst 4-jährige Ariyonna sich ihre Haare frisieren lässt. Nachdem sie ihr Spiegelbild in der Handykamera sieht, sagt sie todernst: „Ich bin so hässlich.“
Die Friseurin ist sichtlich schockiert. Sie hört sofort auf, dem Mädchen die Haare zu machen und beginnt ihr zu erklären: „Sag so etwas nicht. Du bist so hübsch! […] Hörst du mich. Du hast die schönsten Grübchen, du bist so niedlich!“
Falsche Selbstwahrnehmung: Die Friseurin versucht zu helfen
Daraufhin beginnt das Mädchen herzzerreißend zu weinen. Die Friseurin nimmt das kleine Mädchen in den Arm und versucht sie zu ermutigen:
„Wenn dir das sonst keiner sagt, ich sag es dir: Du bist wunderschön. Du bist so hübsch. Wenn du Erwachsen bist, wirst du alles schaffen, was du dir vornimmst. Du wirst die beste Nageldesignerin werden, die beste Kosmetikerin, die beste Anwältin, die beste Ärztin oder die beste Lehrerin. Was auch immer du werden willst.“
Bin ich hässlich? Mädchen wird von Internet-Community mit Liebe überschüttet
Seit der Instagram-Clip viral gegangen ist, wurde das kleine Mädchen mit Liebe und aufmunternden Kommentaren überschüttet. Und auch die Friseurin wird für ihre Reaktion gefeiert.
Ein Kommentar lautet:
„Das Video hat mich wirklich berührt! […] Die Gesellschaft hat so eine verzerrte Wahrnehmung von Schönheit. Ich bin so froh, dass du sie aufgemuntert hast!“
Eine andere Userin kommentiert:
„Das hat mich zum Weinen gebracht. Ich habe selber ein kleines Mädchen und ich möchte auf keinen Fall, dass sie sich so fühlt. Selbstvertrauen lernen Kinder schon früh!“
Eine dritte Userin schreibt:
„Genau deswegen sind Repräsentation in den Medien und starke Frauenvorbilder soooo wichtig. Damit JEDES Mädchen sich selbstbewusst und gesehen fühlt.“
Gestörte Selbstwahrnehmung: traurige Geschichte mit Happy End
Die Geschichte hat sogar eine Fortsetzung mit einem Happy End. Die viele positive Unterstützung die Ariyonna bekommen hat, zeigt ihre Wirkung. In einem neuen Video teilt das kleine Mädchen lächelnd mit „Ich bin hübsch!“ und verteilt Küsschen als Dankeschön.
Geschichten wie diese zeigen, dass Kinder sich viel früher als wir vielleicht ahnen, von Schönheitsidealen beeinflussen lassen. Darum ist es wichtig, dass wir unseren Töchtern UND unseren Söhnen regelmäßig wissen lassen: Du bist perfekt, genau so wie du bist!
Wie entwickelt sich Selbstwahrnehmung?
Die Selbstwahrnehmung ist ein entscheidender Prozess in der kindlichen Entwicklung. Das Kind lernt dabei, das eigene Selbst von anderen zu unterscheiden. Laut des Stufenmodells des schweizer Psychologen Philippe Rochat durchläuft ein Kind dabei sechs (0+5) Stufen:
Stufe | Alter | Selbsterkenntnis |
Stufe 0 | 0 Monate | Verwirrung |
Stufe 1 | 0 – 2 Monate | Differenzierung |
Stufe 2 | 2 – 4 Monate | Positionierung |
Stufe 3 | 18 – 24 Monate | Identifikation |
Stufe 4 | 3 – 4 Jahre | Permanenz |
Stufe 5 | 4 – 5 Jahre | Metakognitives Ich-Bewusstsein |
Für die Selbstwahrnehmung sind besonders besonders die Stufen 4 und 5 interessant, da sich in diesen Entwicklungsjahren nicht nur das Konzept von “Ich” im Gegensatz zu “Anderen” festigt, sondern auch die Betrachtung der eigenen Person aus der Sicht der anderen entwickelt. Das sind zwei wichtige Punkte in der Selbstwahrnehmung und -erkenntnis.
Ursachen für eine gestörte Selbstwahrnehmung
Die Ursachen von falscher Selbstwahrnehmung sind sehr individuell und unterschiedlich. Interessant zu wissen ist aber, dass Kinder schon ab etwa 3 Jahren ein Bewusstsein für ihr Körperschema und ihr Körperbild entwickeln. Außerdem können äußere Einflüsse zu einer gestörten Selbstwahrnehmung führen.
Abweichende Übereinstimmung von Körperschema und Körperbild kann zu falscher Selbstwahrnehmung führen
Die beiden Psychologen Sandra und Matthew Blakeslee unterscheiden in ihrem Buch “Der Geist im Körper” zwei Bereiche des körperlichen Bewusstseins: Das Körperschema und das Körperbild.
Das Körperschema ist im Grunde der Gedanken, dass der Geist als Teil der Persönlichkeit einen Körper bewohnt. Das Körperbild beschreibt die bewusstere Wahrnehmung des eigenen Körpers – also auch sein Aussehen.
Wenn diese beiden Bereiche nicht übereinstimmen, kann es zu einer gestörten Selbstwahrnehmung kommen. Diese kann sich durch ein verringertes Selbstbewusstsein äußern und im schlimmsten Fall zu psychischen Problemen wie Magersucht, Depressionen oder körperlich/ taktilen Wahrnehmungsstörungen führen.
Bin ich hässlich? Mädchen leiden häufiger unter gesellschaftlichem Druck
Die Geschichte der kleinen Ariyonna zeigt: Kinder sind auch im jüngsten Alter schon einem gewissen gesellschaftlichen Druck ausgesetzt “dazuzugehören”. Das kann ernsthafte Auswirkungen auf ihre Selbstwahrnehmung haben, denn sie erleben ihren Körper und ihr Aussehen nicht “für sich alleine”, sondern vergleichen sich schon früh mit vermeintlichen gesellschaftlichen Normen.
Was genau die kleine Ariyonna erlebt hat, ist bei den Videos nicht mit Sicherheit festzustellen, eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung von 2006 stellte aber fest, dass sich nur 46 Prozent der 14-jährigen bis 17-jährigen Mädchen und 62 Prozent der Jungen im eigenen Körper wohlfühlen – und über zwei Prozent leiden sogar unter einer körperdysmorphen Störung (KDS).
Ehrliche Eltern-Berichte
“Mama, bin ich hässlich?” Mädchen & Jungen mit gestörter Selbstwahrnehmung unterstützen
Falls du das Gefühl hast, dass dein Kind unter einer gestörten oder falschen Selbstwahrnehmung leidet, solltest du unbedingt therapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen. Hier findest du Anlaufstellen für Kinder: