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ARD-Journalisten behaupten: BZgA verschweigt Folgen von HPV-Impfung

Mädchen lässt sich impfen
Wie harmlos ist die HPV-Impfung wirklich?
©Bigstock/Chinnapong

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schreibt in ihrer Informationsbroschüre zu der HPV-Impfung , dass „schwere Nebenwirkungen weltweit nicht beobachtete werden können“. Laut dem ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ ist diese Aussage allerdings falsch.

Soll ich mein Kind impfen oder nicht?

Impfungen sind ein viel und heiß diskutiertes Thema. Nicht zuletzt auch deswegen, weil Impfstoffe Nebenwirkungen haben können. Impfgegner sind deshalb der Meinung, dass das Risiko-Nutzen-Verhältnis zu hoch ist.

Eine Dokumentation des ARD-Politikmagazin „Report Mainz“, über die HPV-Impfung, der am 18.12.18 ausgestrahlt wurde, befeuert diese Diskussion jetzt erneut. Die Journalisten kritisieren, dass die BZgA falsch über das Thema informieren würden. Mehr noch: Sie werfen der Bundeszentrale vor, schwere Nebenwirkungen der HPV-Impfung systematisch zu verschweigen. Schwere Vorwürfe, die beunruhigen: Was steckt dahinter?

HPV: Was genau bedeutet das?

HPV steht für Humane Papillomviren. Ein direkter Kontakt mit der infizierten Haut- oder Schleimhautstellen kann zu einer Ansteckung führen. Dies geschieht meist beim Sex. Eine Infektion mit HPV verläuft in der Regel unbemerkt und verursacht keine Beschwerden. Beim Großteil der betroffenen Frauen kann das Immunsystem die Viren erfolgreich bekämpfen. Bricht die Infektion jedoch aus, kann das zur einer Zellveränderung der infizierten Stelle führen. Unbehandelt können sich diese Veränderungen zu Krebs weiterentwickeln. So wird Gebärmutterhalskrebs fast immer durch eine Infektion mit HPV-Viren verursacht. Darum empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) seit 2007 Mädchen gegen HPV impfen zu lassen, seit 2018 gilt diese Empfehlung auch für Jungen, zum Schutz gegen Anal- und Peniskrebs.

Diese Impfung sei laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unbedenklich und sicher: „Schwere Nebenwirkungen wurden (…) weltweit nicht beobachtet“, heißt es in der Informationsbroschüre „HPV-Impfung. So schützen Sie Ihre Kinder vor Gebärmutterhalskrebs und anderen Krebsarten.“ Diese sei laut Angabe der BZgA in Kooperation mit dem Robert Koch-Institut (RKI), der STIKO und anderen Berufsverbänden, wie unter anderem dem Berufsverband der Frauenärzte e. V., dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V., der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. oder der Deutschen Krebsstiftung entstanden.

„So wie es jetzt dargestellt ist, ist es einfach falsch.“

Das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ widerspricht den Informationen der BZgA und wirft ihr vor, schwere Nebenwirkungen der HPV-Impfung zu verschweigen. Für den Beitrag hat das Magazin ein junges Mädchen und ihre Mutter interviewt. Wie Anna (Namen von SWR geändert) berichtet, ging es ihr unmittelbar nach der HPV-Impfung gesundheitlich deutlich schlechter. Sie klagt seitdem über Herzrasen, Rücken- und Kopfschmerzen. Dazu kommen schulische Probleme, da sie sich durch die Beschwerden nicht richtig konzentrieren könne.

Für den Beitrag wurde ebenfalls Prof. Ingrid Mühlhauser, eine Gesundheitswissenschaftlerin von der Universität Hamburg, interviewt: Auch sie kritisiert die BZgA. Sie beschäftige sich schon seit einigen Jahren mit den Viren und ist der Meinung, dass die BZgA die möglichen Risiken oder Nebenwirkungen herunterspielen würde. So wie die HPV-Impfung und ihre Nebenwirkungen in der Informationsbroschüre dargestellt wird, sei es einfach falsch, erklärt sie gegenüber „Report Mainz“.

Nebenwirkungen selten aber schwerwiegend

Auch Dr. Jesper Mehlsen, Facharzt für Physiologie, bestätigt der ARD, dass HPV-Impfungen nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollten. „Ich habe 800 Mädchen untersucht und die meisten hatten schwere Nebenwirkungen. Vor allen anfangs werden sie ohnmächtig, sie haben Herzrasen, Kopfschmerzen und Darmerkrankungen.“ Es gäbe also durchaus Nebenwirkungen, sie seien jedoch selten, für die Betroffenen aber umso schwerwiegender, so der Facharzt.

Laut einer offiziellen Stellungnahme, welche die BZgA als Reaktion zu dem Beitrag herausgab, seien solche kurzfristigen Nebenwirkungen bekannt. Dort heißt es: „In Einzelfällen können Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Müdigkeit auch in einer schweren Form auftreten. Diese sind jedoch zeitlich begrenzt.“ Daher würden sie nicht als generell „schwere Nebenwirkungen“ eingestuft, weil sie die Gesundheit nicht nachhaltig beeinträchtigen würden.

Der „Report Mainz“-Beitrag spricht zweifelslos ein wichtiges Thema an. Zu kommunizieren, dass es „keine schweren Nebenwirkungen“ geben kann, ist unsauber. Auf der anderen Seite ist es aber nicht falsch über die HPV-Impfung als „sichere Impfung“ zu informieren, wie es in der Broschüre zu lesen ist. Denn die Impfung schützt zuverlässig vor Krebs und hat dabei keine bekannten Langzeitfolgen.

Kein Aufruf zum Nicht-Impfen

Bevor ein Impfstoff zugelassen wird, unterliegt er strengen Prüfungskriterien. In den Zulassungsstudien für den HPV-Impfstoff konnten keine unerwünschten Langzeitfolgen festgestellt werden, weshalb die STIKO die Impfempfehlung nach wie vor ausspricht. „Mädchen und Jungen, denen aus Überschätzung der Risiken die Impfung vorenthalten wird, haben ein nachgewiesenes höheres Risiko, im späteren Leben an bestimmten Krebsarten bzw. deren Vorstufen zu erkranken“, schreibt die BZgA in ihrer Stellungnahme und kritisiert, „in dem TV-Bericht [von Report Mainz] wird der Nutzen der HPV-Impfung, für den es gute wissenschaftliche Evidenz gibt, weitgehend ignoriert.“

Es gibt nämlich verschiedene wissenschaftliche Studien die belegen: Durch eine Impfung werden HPV-Entzündungen tatsächlich reduziert und der Großteil der Menschen verträgt die Impfung gut. Der „Report Mainz“-Bericht führt hier die Studie des Forscherteams von Cochrane Deutschland an, einem weltweiten Zusammenschluss von Fachärzten. Sie stellten fest, dass ohne eine HPV-Impfung 341 von 10.000 Frauen Gebärmutterhalsverletzungen entwickelten. Mit der Impfung sollen es hingegen nur 157 Frauen gewesen sein. Es gibt aber noch weitere Studien, welche die Wirkung und auch die Sicherheit der HPV-Impfung bestätigen.

So haben Wissenschaftler des Paul Ehrlich Instituts (PEI) den aktuellen Stand der Forschung zur Sicherheit der HPV-Impfung für das Bulletin zur Arzneimittelsicherheit (3/2018) wie folgt zusammengefasst: „Zusammenfassend weist der aktuelle Forschungsstand auf ein gutes Sicherheitsprofil bei weiblichen wie männlichen Impflingen hin. Zurzeit gibt es keine Anhaltspunkte für einen kausalen Zusammenhang zwischen HPV-Impfung und Autoimmunerkrankungen“

Die beiden Journalistinnen, die die Interviews für den „Report Mainz“-Bericht führten, stellten in einem abschließenden Interview daher nochmals klar, dass der Beitrag kein Aufruf sei, seine Kinder nicht mehr zu impfen.

„Dieser Film ist ein Film für eine uneingeschränkte Information über den Nutzen und die Risiken von Impfungen. Jeder sollte die Chance haben zu entscheiden ob er eine Impfung möchte und dafür braucht er diese Information. (…) Es geht nicht darum per se das Impfen schlecht zu machen.“

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Quellen:

Südwestrundfunk (2018): Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs. Werden Risiken systematisch verschwiegen?. https://www.swr.de/report/presseinformation-kritik-an-bundeszentrale-fuer-gesundheitliche-aufklaerung-bzga-nebenwirkungen-der-hpv-impfung-werden-verschwiegen/-/id=233454/did=22786962/nid=233454/1l6010h/index.html, (letzter Zugriff: Jänner 2019)

Cochrane Deutschland (2019): HPV-Impfung zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs. https://www.cochrane.de/de/news/hpv-impfung-zur-vorbeugung-von-geb%C3%A4rmutterhalskrebs, (letzter Zugriff: Jänner 2019)

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2018): Die HPV-Impfung ist eine sichere Impfung. Stellungnahme der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur HPV-Impfung. https://www.bzga.de/presse/pressemitteilungen/2018-12-19-die-hpv-impfung-ist-eine-sichere-impfung/, (letzter Zugriff: Jänner 2019)

Bundesinstitut für Arneimittel und Medizinprodukte (2018): Bulletin zur Arzneimittelsicherheit. Information aus BfArM und PEI. https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Bulletin/2018/3-2018.pdf;jsessionid=3D7C204C1BD6D00DD74897E3E0529AC1.1_cid329?__blob=publicationFile&v=9 (letzter Zugriff: Dezember 2019)

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