Herzlichen Glückwunsch. Es ist ein -geschweißt?!
Die Wehen haben eingesetzt, jetzt muss es schnell gehen. Die Mutter sitzt im Auto, hält sich den Bauch, atmet gegen den Schmerz an. Endlich im Krankenhaus angekommen, geht es auch schon in den Kreissaal: Atmen, Pressen und schon ist das Kind da. Im Traum (Spoiler!) geht das wohl so super einfach. Als die stolzen Eltern einen ersten Blick auf ihren Zwerg werfen dürfen, ist es vom Hals abwärts in Plastikfolie eingeschweißt.
Schnitt: Der Clip endet allerdings nicht so dramatisch, wie er beginnt. Die Mutter liegt auf dem Sofa und ist eingeschlafen. Ihr Kind liegt auf ihrem Bauch – diesmal unverpackt. Das Plastik-Baby, das locker aus einem abgedrehten Indie-Horrorfilm stammen könnte, war nur ein Traum. Ihr Mann versucht aber gerade, Gemüse aus einer Plastikverpackung zu holen. Das Rascheln des Plastiks war der Ursprung für diesen schrägen Traum.
Gute Idee, (noch) mittelprächtige Umsetzung
Unter dem Motto „unverpackt“ startet Edeka mit diesem Werbespot eine Anti-Plastikverpackung-Offensive und nachdem das Internet nun mal das Internet ist, hat jeder eine Meinung dazu – inklusive meiner Wenigkeit:
Auch wenn es manche noch immer leugnen, wir haben ein großes Umwelt- und Plastikproblem. Es wird also allerhöchste Eisenbahn, dass wir alle etwas dagegen tun. So ist es beispielsweise nicht notwendig, dass man Gurken einzeln in Plastik einschweißt oder Obst geschält in Plastikverpackungen verkauft wird – Leute, schält eure Ananas doch selbst! Grundsätzlich also eine tolle Idee.
Wenn man sich aber anschaut, von wem die Werbung kommt, könnte man sie schon als – nett formuliert – mutig bezeichnen. Das Sortiment von Edeka ist nämlich bei Weitem nicht plastikfrei. Vor allem in der Obst- und Gemüseabteilung liegt die ein oder andere Umweltsünde herum.
Der Vollständigkeit halber muss man aber sagen, dass gerade Edeka sich tatsächlich Mühe gibt. Im Vergleich zu den anderen Supermärkten und Drogerien hat die Kette eine größere plastikfreie Obst- und Gemüseabteilung – das hat eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Hamburg ergeben. Immerhin bietet Edeka seit kurzem auch Mehrwegnetze für Obst und Gemüse an. Ein großer Schritt für Deutschlands Supermärkte, ein kleiner Schritt für eine plastikfreie Obst- und Gemüseabteilung.
Also kurz gesagt: Gute Idee, (noch) mittelprächtige Umsetzung.
Zwischen Lobgesängen, Scheinheiligkeit & Wortwitze
Deswegen hat es mich als Wienerin und somit Berufsgrantlerin (österreichisch für: Miesepeter; jemand der ständig jammert) auch etwas verwundert, dass die Resonanz überwiegend positiv ist – was ist bloß mit dem Internet los?!
Vor allem in den Facebook-Kommentaren lobt #TeamSchöneBotschaft den Supermarkt für sein Plastik-Baby. Kommentare wie „Super Werbung“ oder „Hervorragend! So geht Fortschritt“ kann man dort lesen.
Doch weil auf das Internet nun mal doch Verlass ist, gibt es auch seeeeehr vereinzelt auf der Seite von #TeamShitstorm Meinungen und das Wort „Scheinheiligkeit“ fällt öfters. Ein Top-Kommentar lautet:
„Grundlegend eine tolle Sache. Als ich das letzte Mal allerdings Äpfel im Edeka kaufen wollte, waren alle regionalen in Plastik verpackt und alles Unverpackte kam aus Chile oder Neuseeland. Auch nicht ganz Sinn der Sache.“
Der Rest findet den Werbespot einfach nur schräg. Ein Nutzer schreibt (Achtung Wortwitz): „Das hätte man auch anders ‚verpacken‘ können!“
Schräges Baby, wichtige Botschaft
(Schlechte) Wortwitze, Lobgesänge und zweifelhafte Umsetzung beiseite: Wenn wir uns den Werbespot einmal als das ansehen, was er ist, nämlich ein Werbespot mit dem Ziel Kunden zu generieren, muss auch meine Wiener-Grantler-Seele zugeben, dass die Werbung an sich ziemlich gut ist.
Ja, das Plastik-Baby ist suuuuuper schräg und wird vermutlich die Hauptrolle in meinem nächsten Albtraum spielen, aber die Werbung macht grundsätzlich auf ein wichtiges Thema aufmerksam. Man spricht über das Plastik-Problem und vielleicht denkt der ein oder andere beim nächsten Einkauf an das gruselige Baby und greift nicht zum Plastik-Obst. Und somit hat das Marketing-Team des Lebensmittel-Konzerns eigentlich alles richtig gemacht.