Die Krisenerfahrung soll Kinder stark belasten
Durch die anhaltende soziale Distanz, fehlt Kindern nicht nur der Austausch mit Gleichaltrigen sondern auch Abwechslung im Alltag. Kinder können nicht verstehen, warum eine Krankheit sie in ihrem Alltag so stark einschränkt. Zudem gibt es aktuell noch keinen offiziellen Zeitpunkt, wann die Normalität zurückkommt. Kleinkinder und Kinder, für die eine längere Autofahrt schon eine Zerreißprobe ist und ständig fragen: “Wann sind wir da?”, “Wie lange brauchen wir noch?”, gibt es zurzeit wohl nichts Bedrückenderes als keine Antwort auf ihre Fragen zu erhalten, wann sie etwa ihre Freunde wiedersehen dürfen oder der Kindergarten wieder öffnet.
Der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychatrie an der Universität München, Gerd Schulte-Kröne, sagt im Interview mit dem evangelischen Pressedienst: „Es werden deutlich mehr Kinder eine Behandlung brauchen, die sie nicht gebraucht hätten, wenn es die Krise nicht gegeben hätte“. Ohnehin ängstliche oder risikobehaftete Kinder würden durch die Krisenerfahrung psychisch so stark belastet, dass die für sie erträgliche Grenze überschritten werde.
Selbst wenn sich die Maßnahmen allmählich lockern, ist das Geschehene und die daraus resultierende Angst immer noch Teil des Lebens. „Selbst wenn der Auslöser nicht mehr da ist, haben die Kinder Angst vor der Angst.“, sagt der Direktor der Kinder- und Jugendpsychatrie.
Umso länger die Situation dauert, desto eher entstehen Risiken
Keine Angst, dein Kind muss nicht direkt psychisch erkranken, wenn es Schwierigkeiten beim Einschlafen hat oder weint. Das kann alles ganz normal sein Kinder die grundsätzlich keine psychischen Risiken bergen und sich unauffällig verhalten, bräuchten keine zusätzliche psychische Betreuung, sagt Gerd Schulte-Kröne. „Natürlich ist entscheidend, wie lange die Phase dauert“. Je länger die Ausnahmesituation anhalte, desto eher entstünden Risiken für eine psychische Erkrankung. Auch Julian Schmitz, Professor, für klinische Kinder- und Jugendpsychologie an der Universität Leipzig, sagt im Gespräch mit dem ZDF: “Viele Jugendliche und Kinder empfinden diese Zeit ohne Betreuung oder Schule als belastend. Ihnen fehlen die gewohnte Tagesstruktur und natürlich auch ihre Freunde. Beides ist für die psychische Gesundheit sehr wichtig.”
Tipps, um mit der Situation umzugehen
Um psychischen Folgen vorzubeugen, helfen vor allem Gespräche und ein offener Dialog innerhalb der Familie. Sprich mit deinen Kindern und erkläre ihnen ausführlich, warum sie Oma und Opa erst einmal nicht sehen können oder warum der Kindergarten geschlossen bleibt, erste Schulkinder aber bald schon wieder zurück in die Klassenzimmer dürfen.
„Je besser die Kinder und Jugendlichen das Risiko einschätzen können, desto leichter können sie damit umgehen.”, sagt auch Schulte-Kröne. Eigene Ängste um den Arbeitsplatz, finanzielle Nöte oder Sorgen um erkrankte Angehörige sollten die Eltern untereinander oder mit Freunden besprechen, nicht aber offen mit den Kindern. „Die Last überträgt sich auf die Kinder“ erklärt weiter. Zusätzlich empfiehlt Julian Schmitz: “Wichtige Punkte sind da sicherlich Regelmäßigkeit, Tagesstruktur, Hilfe bei der Organisation aller schulischen Aufgaben. Gemeinsam auch mal rausgehen. Soziale Kontakte über digitale Möglichkeiten pflegen. Und auch Möglichkeiten innerhalb der Familie finden, sich gegenseitig zu entlasten.”