Hebammenmangel: Millionen Tote durch schlechte Versorgung

Frau mit Baby am Strand
© Pexels / Tatiana Syrikova

Insgesamt fehlen weltweit 900.000 Hebammen, um eine angemessene Versorgung für Schwangere sicherzustellen. Der Hebammenmangel fordert jedes Jahr Millionen Menschenleben von Müttern und Babys.

Millionen Frauen ohne angemessene Versorgung

Die Zahl der Frauen, die während ihrer Schwangerschaft nicht fachgerecht betreut werden, reicht in die Millionen. Der Grund: Weltweit fehlen rund 900.000 Hebammen, um eine angemessene Versorgung sicherstellen zu können.

Das geht aus dem Bericht The State of the World’s Midwifery 2021 hervor, den der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der internationale Verband der Hebammen (ICM) im Mai gemeinsam veröffentlicht haben.

Der Bericht zeigt, wie gravierend die Folgen des Hebammenmangels sind. Weltweit kostet das jährlich Millionen von Leben. Viele weitere Mütter und ihre Babys tragen durch Komplikationen bei der Geburt lebenslange Schäden davon.

Corona-Pandemie hat Situation noch verschlechtert

Etwa 93 Prozent der aktiven Hebammen sind Frauen. Ihre Situation hat sich durch die Corona-Pandemie weiter erschwert. Sie werden in manchen Ländern auch zu anderen Diensten der Gesundheitspflege herangezogen, um die Pandemie einzudämmen. Die Versorgung Schwangerer geriet damit weiter ins Hintertreffen.

„In ärmeren Ländern sind Kliniken teilweise stark überlastet und können nur noch Personen mit COVID-19-Symptomen behandeln“, erklärt Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland in einer Pressemitteilung.

Weiter sagt er:

„Vielerorts weisen Krankenhäuser gebärende Frauen ab, weil das medizinische Personal keine Schutzkleidung hat und fürchtet, sich mit COVID-19 anzustecken.”

Wenn sich jetzt nichts ändert, werde sich die Situation bis zum Jahr 2030 nur mäßig verbessern, so der Bericht der UN-Organisationen.

Allein im Jahr 2019 starben laut der WHO weltweit 2,4 Millionen Babys in ihrem ersten Lebensmonat. Ein weiterer WHO-Bericht zeigt, 2017 sind fast 300.000 Frauen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt gestorben.

Durch eine fachgerechte Betreuung hätte deren Tod verhindert werden können. Die Zahl der jährlichen Totgeburten lag bei 2,6 Mio.

Zwei-Drittel aller Todesfälle kann verhindert werden

In ihrem Bericht beschreibt die WHO: Wenn alle Frauen weltweit eine gute Betreuung während ihrer Schwangerschaft und der Geburt erfahren würden, könne die Zahl dieser Todesfälle bis 2030 um zwei Drittel gesenkt werden.

Der Bericht besagt auch, dass über 60 Prozent der Neugeborenen-Tode und Totgeburten durch eine bessere Versorgung verhindert werden könnten.

Insgesamt könnten so 4,3 Millionen Leben jedes Jahr gerettet werden.

Wie ist die Lage in Deutschland?

Die Mütter- und Säuglingssterblichkeit liegt in Deutschland noch immer auf einem sehr niedrigen Niveau. Bei oder nach der Geburt sterben weniger als 4 Mütter pro 100.000 lebendgeborener Babys. Die Säuglingssterblichkeit liegt bei 3 verstorbenen pro 1.000 Lebendgeborene.

Dennoch ist der Hebammenmangel auch bei uns deutlich zu spüren. Für viele werdende Mütter ist es schwer, eine Hebamme zu finden. Und die „Arbeitsbelastung von Hebammen in vielen Kliniken ist seit Jahren kaum noch zu bewältigen“, erklärt der deutsche Hebammenverband in einer Pressemitteilung.

Es zeichnet sich aber zumindest eine leichte Besserung in der Hebammenversorgung ab. Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl an Hebammen-Schülerinnen und Schülern in Deutschland im vergangenen Jahr um 14 Prozent gestiegen.

Der deutsche Hebammenverband fordert: “Damit die Betreuung der Frauen und Familien flächendeckend auf höchstem Niveau stattfinden kann, müssen Hebammen ihren Beruf unter guten und für alle fairen Bedingungen ausüben können. Investitionen in angemessene Löhne, einen höheren Stellenschlüssel in Kliniken und eine zukunftsorientierte akademische Ausbildung sind unumgänglich.”

Quellen