Keine Betreuung zu haben ist für Alleinerziehende ein Notfall
Systemrelevante Arbeitnehmer, die in Berufsgruppen wie Polizei, Pflege oder Medizin arbeiten, können auf Notfallgruppen in Schulen, Kindergärten und Kitas zurückgreifen. Aber für andere Berufsgruppen gibt es keine Notbetreuung. „Keine Kinderbetreuung zu haben ist für Alleinerziehende ein Notfall“, sagt die Bundesvorsitzende des Verbands für alleinerziehende Mütter und Väter Daniela Jaspers.
Die Großeltern sollen Kinder während der Pandemie nicht besuchen. Somit fehlt Alleinerziehenden hier noch eine weitere Möglichkeit ihre Kinder betreuen zu lassen.
Jaspers erklärt weiterhin: “Niemand weiß, wie lange diese Ausnahmesituation anhält – Urlaub zu nehmen ist deshalb keine Lösung. Dieser ist sowieso schon kürzer als die regulären Ferien der Kinder. So manche Alleinerziehende treibt nicht nur die Sorge um die Gesundheit um, sondern auch Existenzängste. Denn für unbezahlte Freistellungen fehlt vielen der Sparstrumpf.“
Aus diesem Grund rief der Verband der alleinerziehenden Mütter und Väter mit Beginn der Schul-, Kindergarten- und Kitaschließungen eine Petition ins Leben, welche fordert Notfallbetreuung unabhängig vom Beruf und bezahlte Freistellung für Alleinerziehende zu ermöglichen. Innerhalb von zwei Wochen konnten bereits über 38.000 Stimmen gesammelt werden. Hier kannst du die Petition unterschreiben.
Alleinerziehende leiden finanziell
In der Not wenden sich viele Alleinerziehende an die Kirche. Der Kölner Pfarrer Hans Mörtter sagt im Gespräch mit dem evangelischen Magazin “Chrismom: “…bei mir standen […] junge Mütter in der Kirche, die nicht wissen, wie sie jetzt das Essen für ihre Kinder bezahlen sollen….”. Gerade bei mehreren Kindern wird die Lage schnell schwierig. “Das sind alleinerziehende Mütter mit zwei, drei Kleinkindern, die Kita hat zu. Bei einer Mutter war das Jugendamt da und sagte, auf keinen Fall raus auf den Spielplatz.“ Weiterhin bemerkte er, dass es an Essen und Spielzeug, insbesondere Mal-Utensilien mangelt. Er unterstützt so gut er kann. Mörtter finanziert die Hilfe ausschließlich über Spenden.
Jede Kirchengemeinde verfährt unterschiedlich mit der Ausnahmesituation. Du kannst dich bei deiner Einrichtung informieren, ob und wie unterstützt werden kann.
Finanzielle Hilfe für Alleinerziehende
Notfall-Kinderzuschlag
Seit dem 01.04.2020 gibt es den „Notfall-Kinderzuschlag“, Eltern mit niedrigem Einkommen können, schneller als gewohnt und unter Berücksichtigung des Einkommens im letzten Monat den Zuschlag in Höhe von maximal 185 Euro beantragen.
Ob ein Anspruch besteht kann einfach online auf der Seite der Agentur für Arbeit mit dem KiZ-lotsen herausgefunden werden. Wenn alles gut aussieht, kann dort auch online der Antrag auf Kinderzuschlag gestellt werden, so spart man sich den Gang zur Familienkasse.
Alle Infos zum Notfall-Kinderzuschlag findest du hier.
Lohnfortzahlung für berufstätige Eltern
Am 30.03.2020 trat eine neue Regelung zur Lohnfortzahlung währen Kita- und Schulschließungen in Kraft, welche eine Entschädigung für berufstätige Eltern, die aufgrund der Schließungen nicht ihrer Arbeit nachgehen können ermöglicht. Das jüngste Kind der betroffenen Familien muss jünger als 12 Jahre alt sein oder durch eine Behinderung so eingeschränkt sein, dass es auf Hilfe angewiesen ist.
Die Entschädigungszahlungen betragen in der Regel 67 Prozent des Verdienstes aber höchstens 2.016 Euro im Monat und werden für maximal sechs Wochen gezahlt. Für Alleinerziehende sei dies, laut Daniela Jaspers, nicht genug. „Die geplante Entschädigung für Verdienstausfälle hilft berufstätigen Alleinerziehenden angesichts geschlossener Kitas und Schulen etwas über die kommenden sechs Wochen.“. Bei vielen Alleinerziehenden klaffe trotz dieser Leistung von 67 Prozent des Nettolohns, eine Lücke ins Budget, sagt Jasper des Weiteren. Alleinerziehende und ihre Kinder lebten allgemein schon von tendenziell kleineren Einkommen, da würde jeder Cent gebraucht werden. Der Verband der alleinerziehenden Mütter und Väter fordert daher eine höhere Entschädigungsrate für Familien mit kleinem Einkommen.
Soforthilfe für Selbstständige
Besonders hart getroffen hat es Alleinerziehende die selbstständig sind. Die Bundesregierung veranlasste für Solo-Selbstständige, kleine Unternehmen und Freiberufler ein großes Hilfspaket. Es können bis zum 31.05 Anträge auf Soforthilfe gestellt werden, die über die Länder schnell und unbürokratisch abgewickelt werden. Wichtig ist das die Tätigkeit innerhalb Deutschlands ausgeführt wird und bei dem deutschen Finanzamt gemeldet ist. Selbstständige können mit der Soforthilfe einen Zuschuss von bis zu 9.000 Euro für drei Monate beantragen.
Besuchsrecht in Zeiten von Corona
Wer in nächster Zeit sein Kind besuchen oder zu sich holen möchte, sieht sich mit einem Haufen neuer Beschlüsse und Regelungen konfrontiert. Die einzelnen Bundesländer haben dazu unterschiedliche Regelungen. In Berlin ist die „SARS-COV-2-Eindämmungsverordnung“ in Kraft getreten. Hier wird das Verlassen der Wohnung aufgrund der Wahrnehmung des Umgangs- und Sorgerechts ausdrücklich erlaubt. In Bayern hingegen darf die Wohnung nur zur Wahrnehmung des Sorgerechts verlassen werden. Auf den Webseiten der jeweiligen Landesministerien für Familie, gibt es detaillierte Informationen.
Ein Problem stellt auch die Reise zu dem jeweilig anderen Elternteil dar. Wenn größere Distanzen überwunden werden müssen, können Kinder aktuell nicht auf Hilfsangebote, wie die der Deutschen Bahn zurückgreifen. Normalerweise stellt das Unternehmen einen Service für alleinreisende Kinder „Kids on Tour“ zur Verfügung. Aber aufgrund der aktuellen Situation findet dieser erstmal nicht statt.
Besuche dürfen Gesundheit von Kindern und Eltern nicht gefährden
Ein Besuch bei dem getrenntlebenden Elternteil klingt nach einer willkommenen Abwechslung im tristen Isolationsalltag. Jedoch ist es wichtig sicherzustellen das die Gesundheit der Familie nicht gefährdet wird. Sollte dies der Fall sein, sollte ein Umgang vorerst nicht stattfinden. Zum Beispiel wenn ein Elternteil zur Risikogruppe gehört oder Kontakt zu Infizierten hatte. Falls ein solcher Fall vorliegt ist der andere Elternteil davon in Kenntnis zu setzen. Die Sorge das sich das Kind auf dem Weg zum anderen Elternteil infizieren könnte, ist laut VAMV, hingegen kein Grund das Umgangsrecht einzuschränken.
Wichtig ist es, dass die getrennt lebende Eltern eine akzeptable Lösung für alle findent, wenn die Umgangsregelungen nicht eingehalten werden können. Zum Beispiel könnten Treffen dann nach der Krise nachgeholt werden oder durch regelmäßige Videochats wenigstens ein bisschen ausgeglichen werden.
Krisen-Hotlines für Alleinerziehende
Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter NRW hat eine Krisen-Hotline für Alleinerziehende eingerichtet. Diese wird vom Familienministerium Nordrhein-Westfalen gefördert. Du kannst täglich zwischen 8.30 Uhr und 16.30 Uhr unter 0201/82774-799 anrufen. Alleinerziehende erhalten telefonisch eine psycho-soziale Beratung.
Auch der Nummer gegen Kummer e.V. bietet Eltern anonyme und kostenfreie Hilfe unter 0800/1110550. Montags bis freitags von 9 – 11 Uhr, dienstags und donnerstags von 17 – 19 Uhr.
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