Indianer-Kostüm: Darf mein Kind das noch tragen?

Kind trägt Indianer Kostüm mit Federschmuck
Verkleidet als Indianer: Ist das Diskriminierung?
© Bigstock / LightField Studios

Die Debatte um rassistische Kostüme wird zu Fasching jedes Jahr wieder befeuert. Was ist erlaubt und was verboten? Unsere Gedanken zu kultureller Aneignung.

Auf Scheich- oder Indianerkostüme bitte verzichten

Der Elternbrief einer Hamburger Kita hat im Netz für viel Aufsehen gesorgt. In dem Schreiben hat die Kita-Leitung betont, dass auf Kinderkostüme wie Indianer oder Scheich bei der Faschingsfeier bitte verzichtet werden soll. Sie würden eine kultursensible, diskriminierungsfreie und vorurteilsbewusste Erziehung verfolgen und das gelte eben auch an Karneval.

In Erfurt geht ein Kindergarten noch einen Schritt weiter und lässt die Faschingsfeier mit Verkleidung ganz ausfallen. Sie wollen die Kinder „sensibilisieren für Stereotype, die für die Betroffenen schmerzhaft, zum Teil sogar entwürdigend sein können“, heißt es in einer Mitteilung an die Eltern.

Nur eine harmlose Verkleidung?

Die Empfehlung der Hamburger Kita wurde von vielen Seiten als Teil einer Verbotskultur aufgefasst. Dass Entscheidungen wie diese zu hitzigen Debatten und Schlagzeilen führen, zeigt, wie gespalten die Meinungen zu dem Thema sein können. Dabei geht es nicht darum, den Kindern etwas zu verbieten. Es ist vielmehr eine Chance, mit den verstaubten Denkmustern zu brechen.

Im Kern geht es dabei um die Frage: Wo fängt Diskriminierung an?

Wenn Kinder sich zum Beispiel als Indianer verkleiden möchten, dann haben sie dabei sicher keine rassistische Motivation. Vielleicht möchten sie für einen Tag so mutig sein wie „Yakari“ aus ihrer Lieblings-Serie. Doch selbst wenn diese Verkleidung aus einer Bewunderung heraus entsteht, bleibt es generell problematisch, eine ethnische Gruppe zu einem Stereotyp in Fransenkleidern und Federschmuck zu reduzieren. Dabei handelt es sich um kulturelle Aneignung.

Was ist kulturelle Aneignung?

Von kultureller Aneignung sprechen wir, wenn ein Bestandteil einer Kultur, wie eine traditionelle Kleidung, oder Körperbemalung, dem rituellen Kontext entrissen wird und von Menschen einer anderen Kultur zur eigenen Unterhaltung oder zum Vergnügen übernommen wird.

Das Problem dabei ist, dass dunkle Kapitel aus der Geschichte schlicht verharmlost oder gänzlich ignoriert werden. Das ist für die Betroffenen doppelt schmerzhaft.

Das Beispiel „Indianer-Kostüm“:

Unsere Vorstellung von der indigenen Bevölkerung Amerikas beruht zu einem großen Teil auf Darstellungen aus Filmen und Büchern, etwa von Karl-May. Ein verklärtes Bild von heldenhaften Kriegern, das mit der Realität nichts gemeinsam hat.

Der Autor Red Haircrow hat Native-Amerikanische Wurzeln und kritisiert in einem Interview mit 3Sat, wie Europäer über diese Welt fantasieren. Native Americans zu Fantasiefiguren zu machen „das löscht buchstäblich aus, was den Natives geschehen ist.“ Er meint damit die Zeit der Kolonialisierung Amerikas. Eine Epoche, in der die indigene Bevölkerung vertrieben, verfolgt und getötet wurde.

Keine Verbotskultur, sondern eine Chance

Diskriminierung passiert nicht immer bewusst; oft aus Unwissenheit. Das macht sie aber nicht weniger real. „Bereits mit drei Jahren nehmen Kinder wahr, dass Menschen unterschiedlich sind und auch unterschiedlich behandelt werden“, sagt die Pädagogin Stefani Boldaz-Hahn im Interview mit dem Bundesministerium für Familie.

Das zu thematisieren, sensibilisiert Kinder für Ungerechtigkeiten. Sie lernen zu erkennen, wann Verhalten herabwürdigend ist und was sie dagegen tun können, nicht nur an Karneval, sondern an jedem Tag im Jahr.

: Was können Eltern tun?

Boldaz-Hahn gibt Tipps, wie Eltern und Erzieher mit Kindern über Verkleidungen wie die als Indianer sprechen können:

“Sie können […] erklären, dass die Ureinwohner Amerikas den Namen „Indianer“ gar nicht selbst gewählt haben. Sondern dass das andere gemacht haben, die nicht gut mit ihnen umgegangen sind. Kindgerecht eben. Wichtig ist, Fehlinformationen durch richtige Informationen zu ersetzen. Die Kinder können sich etwa mit der Vielfalt der indigenen Völker Amerikas beschäftigen.”

Dazu gehört dann zum Beispiel auch, den traditionellen Federschmuck als das anzuerkennen, was er im kulturellen Kontext ist: Eine Auszeichnung für besondere Leistungen, die nicht jedem zuteilwird.

Auf ein verletzendes Kostüm zu verzichten, sollte nicht als Einschränkung empfunden werden. Es ist eher eine tolle Chance, dir mit deinen Kindern ein kreatives Kostüm auszudenken. Es gibt so eine riesige Vielfalt an Verkleidungen, die niemanden diskriminieren. Fasching macht schließlich noch mehr Spaß, wenn sich alle Kinder und Familien wohlfühlen.

: nicht gesetzlich verboten

Im Gegensatz zu diskriminierenden Kostümen mit Hakenkreuzen und anderen verbotenen Symbolen gibt es gesetzlich kein „Indianer-Kostüm-Verbot“. Das macht es für Betroffene aber nicht weniger schmerzlich.

Quellen