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Schadstoffdiskussion – ist doch eh alles verseucht!

Frauch kocht etwas in einem Topf
Bio ist gut, aber nicht immer möglich
© Pexels/ Joe

Schon in der Schwangerschaft fing es an. Plötzlich war da ein kleines Wesen in mir, zerbrechlich und empfänglich für schädliche Einflüsse. Ich wusste: Ich muss mein Baby vor all dem Negativen in der Welt schützen.

Also ernährte ich mich gesund, verzichtete auf Sonnencreme und starke Sonneneinstrahlung (im Jahrhundertsommer 2018) und hielt mich von Abgasen fern. Als der kleine Mann dann das Licht der Welt erblickte, kleideten wir ihn in Bio-Kleidung, verwendeten Bio-Reinigungsmittel und gaben ihm schadstoffgeprüfte Spielzeuge. Die Welt war schön, mein Sohn war sicher… und dann kam die Beikost.

Dann kam die Beikost und mit ihr begann das Drama

  • Fleisch ist voller Antibiotika.
  • Eier voller Dioxin.
  • Fisch ist mit Schwermetallen vergiftet.
  • Tja und Gemüse – das beinhaltet Pestizide.

Als Erstlingsmama war ich mehr als verunsichert. Also bot ich meinem Sohn hier und da Stückchen gedünstetes Bio-Gemüse an.

Bio ist gut, aber nicht immer möglich

Ich achte schon darauf, was ich unserem Sohn zum Essen anbiete. Ich kaufe Bio-Gemüse und Vollkornprodukte, biete ihm wenig, aber hochwertiges Fleisch an. Aber irgendwann kam ich an einem Punkt, wo mir klar wurde, alle Schadstoffe werde ich nicht vermeiden können. Egal wie viel Mühe ich mir gebe.

Dieser Punkt kam mit dem Reis. Wir essen gerne Reis. Mein Magen verträgt Reis deutlich besser als Brot, Nudeln und Kartoffeln. Aber Moment Mal: Reis ist mit Arsen verpestet?!?

Als ich das las, warf ich meine Hände in die Höhe und sagte mir innerlich: Jetzt reicht es! Wie überleben 50 Prozent der Weltbevölkerung in Asien noch, wenn Reis nun auch noch giftig ist? Darunter auch die Japaner, die zu den gesündesten Menschen der Welt gehören.

Irgendwie ist doch eh alles verseucht. Irgendwas müssen wir nun mal essen.

Oder anfassen. Oder atmen.

Denn es ist ja nicht nur unser Essen, das mit Schadstoffen belastet ist. Wer in einer Großstadt lebt, ist täglich Feinstaub und Abgasen ausgesetzt. Aber auch in Großstädten muss man eben atmen.

 

Und selbst hochwertige Spielzeuge für Kinder sind nicht immer das Wahre. Immer wieder wird aufgedeckt, dass angeblich unbedenkliche Kinderspielzeuge voller Schadstoffe stecken. Wie die beliebte Giraffe Sophie, die mal aufgrund von Schadstoffen, mal, weil das Innere der Giraffe voller Schimmel war, in Verruf geriet.

Vielleicht wird dann morgen aufgedeckt, dass das augenscheinlich sichere Spielzeug meines Sohnes doch mit Schadstoffen verseucht ist. Super.

Eine Ernährungsberatung brachte Entspannung

Als mein Sohn acht Monate alt war, machten wir eine Ernährungsberatung. Die Ernährungsberaterin öffnete mir die Augen: „Na klar, darf er auch mal im Restaurant was mitessen, auch wenn Sie nicht alle Zutaten kennen“. Salz? Gewürze? Und möglicherweise böse Geschmacksverstärker? Kein Problem.

Ihr Rat war: Alles ist erlaubt, aber in Maßen.

Isst er sechs Mal die Woche aus unserer heimischen Küche Bio-Produkte, wird er von dem Gürkchen aus unbekanntem Anbau oder der Kartoffel mit Salz im Restaurant kaum einen Schaden tragen. Diese Erkenntnis brachte unendliche Entspannung für mich.

Denn Bio war eben nicht immer möglich und unser organisches Bodenputzmittel längst aufgebraucht. Auch spielte unser Sohn längst nicht mehr mit seinen schadstoffgeprüften Spielsachen. Stattdessen nahm er Plastikflaschen in den Mund, leckte das Tischbein ab und kaute auf der Fernbedienung. Schadstoffgeprüft? Ich glaube nicht.

Natürlich werde ich meinen Sohn auch in Zukunft nicht in einem Parkhaus spielen lassen und den Reis spülen wir vor dem Kochen mit Wasser ab. Aber ich verwende weiterhin Sonnencreme, wohne weiterhin in einer Großstadt und auch am Kauen auf der Fernbedienung kann und möchte ich meinen Sohn nicht immer hindern. Solange er das nicht stundenlang macht, kann ich damit leben.

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