„Ich will als Mutter auch mal zuerst kommen!“

Mutter und Tochter tanzen auf einem Festival
Die Kids immer über die eigenen Interessen stellen? Manchmal tut es auch gut, an sich selbst zu denken.
© Unspash / Annie Spratt

Die lieben Kleinen kommen immer an erster Stelle und dürfen alles fordern, was sie wollen – das hat unsere Autorin Jenn Knott satt! Hier schreibt sie einen Apell an alle müden Mütter:

Wenn ich eine Partei gründen würde, wäre es die Mutterpartei. Wir würden nichts beim Staat fordern, sondern von unseren eigenen Kindern. Oh ja: die Kinder-Lobby ist einfach viel zu stark geworden. Ich bin zwar die offizielle Vorsitzende der ganzen Familie, aber kämpfe mit gnadenlosen, kleinen Sonderinteressenten. Für die tue ich alles: einkaufen, kochen, waschen, putzen, spielen, vorlesen, ins Bett bringen, trösten – egal wie unmöglich sie sich benehmen. Aufhören darf ich nicht – die beeinflussen schließlich 50% meiner Wählerschaft.

Wo ist die Gerechtigkeit?

Jetzt aber im Ernst: Im Bereich Kindererziehung wird viel zu viel über das Wohl des Kindes geredet und nicht ausreichend über das der Mütter. Wir sind doch der Klebstoff der Familie: Wenn es uns nicht gut geht, bricht alles zusammen. Es geht ja nicht nur um die Kinder – manchmal darf es ruhig um mich gehen.

Deshalb habe ich keinerlei schlechtes Gewissen gehabt, als ich mein erstes Kind seit es zwei ist jeden Vormittag der Kinderbetreuung übergeben habe, obwohl ich zu Hause war. Ich hätte es sogar früher gemacht, wenn ich einen Platz gefunden hätte. Zeit ohne Kinder, zu denken, zu lesen, um Sport zu treiben, um nichts zu machen ist so unglaublich wichtig – und zugeben sollten wir das auch lauter und öfter.

Kinder profitieren nicht von einer erschöpften Mama

Unsere Kinder – vor allem in Westeuropa – wachsen insgesamt unfassbar privilegiert auf, da sollte ich mir sicher nicht auch noch Vorwürfe machen, ob ich doch noch ein Buch mehr hätte vorlesen können. Meine Aufmerksamkeit ist kostbar und gehört nicht nur meinen Kids: Wenn ich wirklich alles für sie tue und die bekannte 100% gebe – was bleibt für mich übrig? Kinder profitieren auch nicht davon, wenn sie sich nicht allein beschäftigen können und dazu noch eine erschöpfte Mami haben.

Wir müssen uns auch um uns selbst kümmern!

Wir müssen als Eltern eine Balance finden, ein gesundes Mittelmaß zwischen „Rabenmutter,“ „aufmerksame Pflege der Kids,“ und „Ich reiße mich die Haare aus, zünde sie an, und lasse das Haus niederbrennen!“ finden. Das ist nicht so einfach, wie es scheinen mag.

Um zurück zu meiner politischen Fantasie zu greifen: Vielleicht brauchen wir eher eine Mütter-Lobby als eine eigene Partei. Ich übernehme gern die Spitzenposition und verspreche euch: Ich werde immer eure Freizeit, eure nicht-mütterlichen Interessen, und euer Recht Nein zu sagen, schützen. Lang lebe die Mütter!