Wie viel Uhr ist es? Das Chaos vom Kochen ist Gott sei Dank vorbei und das Meiste vom köstlichen aber auch gesunden Abendessen befindet sich in den Speiseröhren der Kinder und nicht auf dem Boden. Sieg! Das heißt aber leider auch, dass es bald Bettgehzeit ist: mein Everest nach einem Tag von kleinen bis großen Unannehmlichkeiten oder vielleicht sogar wiederholendem Horror. Auf jeden Fall habe ich es geschafft, einen Haushalt zu versorgen und eine Familie am Leben zu halten. Doppel-Sieg. Doch das Schwerste steht mir noch bevor…
Wenn das Bett „droht“, verwandeln sich die Süßen in einen irren Zoo
In meinen Träumen gehen die Kinder leise ins Bad, machen sich fertig und verschwinden dankbar in der Dunkelheit, damit ich mich endlich entspannen kann. In der Realität fangen sie an, einen den ganzen Tag ignorierten Luftballon wie Affen auf Drogen durch die Wohnung zu jagen. Die Kleine kreischt wie ein Schimpanse, die Große gackert wie ein Pavian und beide hüpfen wild rum, als ob ich ihnen gerade reinen Espresso gespritzt hätte.
Ein Knäul aus Armen, Beinen, Kleidung und Zahnbürsten rollt durch die Wohnung
Mein Vorrat sanfter Überzeugungsmaßnahmen ist schon längst aufgebraucht. Strenge Drohungen oder leichte Gewalt treiben die Zootiere endlich ins Bad. Ausgezogen wird schnell und ruppig inklusive Gummibänder-Beinen, Kopf im Kragen feststecken und unvermeidbaren Tränen.
Auf dem Klo wird gesessen, auch wenn man nur pupsen muss. Nackte Ausreißer werden gefangen und tretend in Schlafanzüge gesteckt. Zahnbürste in jedes Mündlein gezwängt – und fast sind wir fertig. Und weil ich Mutter des Jahres bin, kriegen sie noch ein Buch vorgelesen, höchstens zwei. Küsschen für Papa, den Meister Abwascher, dann (endlich) ab ins Bett.
Ich muss nur noch drei Lieder vorsingen und die Beine von der Großen massieren, bevor ich endlich frei bin. Manchmal aber verlangen sie mehr: noch ein Liedchen, auch den Bauch massieren! „Wieso nicht?! Du bist eine blöde Mama!“
Der Tag ist am Ende – und meine Kraft auch
Endlich ist die Geduld aus. „GUTE NACHT!“ Ich knalle die Tür zu, werfe mich aufs Sofa hin und schimpfe über das gedämpfte Kinderweinen. „Denken die etwa, dass ich ihre Sklavin bin?!“ Am Ende doch ein Misserfolg. Wieso lasse ich mich auch in ein wütendes Kind verwandeln?!
Morgen kriege ich aber noch eine Chance. Denn nach circa zwei Stunden herrlichen Friedens darf ich mich dem Bett hingeben und sieben bis acht Stunden die Ohnmacht genießen. Und dann das Ganze von vorne.