Aufklärungsunterricht – Ein heikles Thema für alle

Marienkäfer in der Wiese
Zwischen Peinlichkeit und Notwendigkeit...
© Pexels / Jürgen

Nachdem mich bereits die Vorpubertät kalt erwischt hat, ist jetzt noch der Aufklärungsunterricht mit seinen Konsequenzen aufgetaucht. Die erste Runde bei Sohn 1 in der Grundschule wirkte noch recht harmlos, aber langsam verändern sich die Fragen und die Themen und manchmal stehe ich davor und muss ernsthaft abwägen, was und wie viel ich erkläre.

Keine Enkelkinder zu erwarten

Der erste Aufklärungsunterricht fand mit einem Buch aus den 90iger Jahren statt. Sohn 1 kam nach Hause und positionierte sich eindeutig: „Dass du es nur weißt: Sowas mache ich nie. Du brauchst von mir keine Enkelkinder zu erwarten.“ Gut zu wissen. Und wäre schön, wenn er sich daranhält, solange wir zusammenleben. Bisher ist zwar das Interesse leicht gestiegen, aber die Abwehrhaltung eigenen Kindern gegenüber bleibt.

Jetzt kommen manchmal Fragen zum Küssen und was daran schön ist. Rausgerutscht ist mir eine eher unpädagogische, aber ehrliche Antwort: „Mit manchen Partnern nichts.“ Dann habe ich versucht zu erklären, dass Küssen eine Form der Kommunikation ist und das wie beim Reden nicht mit jedem gleich gut funktioniert. Ausgelassen habe ich, dass bedauerlicherweise die Qualität des Küssens auch keine Rückschlüsse auf die restlichen Kommunikationstalente gibt. Meine Jungs waren dann aber sowieso schon bei den Zungen und wie ekelig das nun wieder war. Da bin ich ausgestiegen.

Es gibt Dinge, die sollen sie selbst herausfinden und wie Zungenküsse funktionieren und wie nicht, möchte ich ihnen nicht erklären.

Andererseits wäre ein wenig Aufklärungsarbeit bei einigen meiner Kusspartner hilfreich gewesen, denn nein, man schiebt bitte nicht einfach die Zunge in den Mund und lässt sie dort liegen. Aber das erklärt ihnen dann vielleicht lieber eine andere und direkter betroffene Person.)

Verhaltensanalyse mit Slapstick

Aktuell wird das Verhalten der Mädchen und Jungen in der 6. Klasse vom ältesten Sohn genauestens analysiert. Hierbei ist er selbst noch eher weniger an den Mädchen interessiert und ärgert sich eher, dass seine Freunde sich teilweise so „dämlich“ vor denen benehmen. „Das nervt voll“, sagt er dann mit einem Augenrollen und führt die Begegnungen eindrücklich vor. Insbesondere das nachgemachte Kichern der Mädchen und das Stolzieren der Kumpel in seiner Version wecken Jugenderinnerungen von mir. Und ja, ich fand das auch lange eher peinlich und Bücher und Filme deutlich spannender als die Jungen in meinem Umfeld.

: "Mama, so gehen Sexgeräusche!"

Auch die körperlichen Veränderungen der Mädchen verwundern Sohn 1. „Ich glaube nicht, dass das bei allen alles echt ist.“ (Seine Skepsis könnte daher rühren, dass seine Schwestern irgendwann meine Unterwäsche entdeckt, BHs angezogen und ausgestopft hatten.) Zudem gingen viele von den Mädchen mit einem Mal so komisch und das ganze Herumgeschwenke sähe wirklich ausgesprochen unbequem aus. Auch hier schweige ich eher.

Kein Sex für Mami

Dann unterhielten sich Sohn 1 und Sohn 2 plötzlich über mich und Sex. „Mami ist eindeutig zu alt für Sex.“, war das klare Urteil des frisch aufgeklärten Sohn 2. Ich hatte keine Widerworte – auch hier erinnerte ich mich zu sehr an meine eigenen Empfindungen bei der Vorstellung eines Sexuallebens meiner Eltern. Meine Mutter hatte leider gekichert und durchblicken lassen, dass das nun ganz anders sei. Keine Information, die ich haben wollte. Von daher: Für meine Kinder habe ich eben keinen Sex und diese Grenze dürfen sie so setzen.

Wie sie einem neuen Partner für Mama gegenüberstehen, erklären Saskias Kinder hier.

Zudem geht es mir ähnlich mit meinen Kindern: Für mich werden sie eben immer zu jung für Sex sein und Details würde ich bitte gerne nicht wissen. Nur in schwierigen Situationen wie beispielsweise, wenn das Gegenüber zu Schritten drängt, zu denen man noch nicht bereit ist, oder Probleme mit dem eigenen Spätzündertum auftauchen, Verhütung oder auch ungewollten Ergebnissen wäre ich gerne für sie da. Bei allen anderen Dingen möchte ich eher weniger involviert sein.

Wie spricht man über Pornografie?

Um mich ein bisschen vorzubereiten, habe ich Studien über Jugendliche gelesen, denn heute ist Sexualität ganz anders präsent als bei mir in dem Alter in den 90iger Jahren. Dabei hat mich schockiert, dass in England im Durchschnitt bei Jungen der erste Kontakt zu pornografischem Material mit 11 Jahren ist. Und dass für Jugendliche und junge Männer der Druck durch diesen frühen Konsum enorm steigt, was die eigene Leistungsfähigkeit im Bett angeht und die Größe des Penis. Tatsächlich seien in den letzten Jahren die operativen Penisvergrößerungen enorm angestiegen – etwas, von dem ich vorher gar keine Ahnung hatte, dass es das gibt.

Jetzt kam auch bei Sohn 1 das Thema auf, weil sie in der Schule über das Internet gesprochen haben und die Bilder und Filme dort. Und ich habe vorsichtig angefangen hier zu erklären, was ich daran schwierig finde. Dass es eben unrealistisch ist – sowohl von Seiten der Frau als auch von Seiten des Mannes. Deswegen fände ich es schwierig, wenn das die ersten Berührungspunkte mit Sex wären, weil es Erwartungen weckt, die mit der Realität nichts oder doch nur wenig zu tun haben.

Dass es beim Sex viel um die Chemie zwischen zwei Menschen geht und sich das nicht in diesen Bildern zeigt. Und Gefühle, Vertrauen und Humor eine wichtige Rolle spielen und auch Kommunikation.

Und puh, habe ich dabei innerlich geschwitzt. Sohn 1 nickte dann nur und sagte: „Klingt auch irgendwie albern, was andere da erzählen. Anderen beim Grunzen und Stöhnen zuzugucken …“ Mir ist klar, dass sich das mit größter Wahrscheinlichkeit noch ändern wird, aber wenn es noch ein paar Jahre dauert, schadet es ihm und seiner Entwicklung sicher nicht.