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Der Anfang des Kindergartens, das Ende unserer gemeinsamen Zeit?

Kinder stehen am Fenster und schauen raus
Wann geht's endlich los? Nicht nur viele Eltern können den Kindergartenstart kaum erwarten.
© Unsplash / Andrew Seaman

Auf den kommenden September wartet unsere Autorin Jenn Knott schon seit den ersten Lebensmonaten ihrer zweiten Tochter: Ihr anspruchsvolles Kind kommt in den Kindergarten. Doch jetzt, da der ersehnte Tag kurz bevorsteht, hat sie gemischte Gefühle…

Mit meinem ersten Kind war alles viel lockerer und entspannter: Es war schön, ein Baby zu Hause zu haben, besonders weil ich kein Büro hatte, das auf mich wartete. Ein Jahr waren wir immer zusammen. Das hat unsere Bindung gestärkt und es war wunderschön für mich, ihre unglaubliche Baby-Entwicklung mitzuerleben.

Als ich sie in den Kindergarten gegeben habe war sie genau zwei Jahre alt. Als sie anfing, jeden Vormittag bei fremden Frauen zu verbringen, musste ich vor Trauer eine Runde weinen.

Irgendwie hatten wir kein Glück mit Kindergärten

Baby Nummer zwei war aber ein anderes Tierchen. Der Stress, den sie als Zweitgeborenes und auch als natürlich abfordernde Persönlichkeit mit sich brachte, war kaum zu ertragen. Das erste Jahr war ein purer Kampf, und als es mir endlich klar wurde, dass ich mir ruhig Hilfe holen durfte und nicht alleine mit dem Kind im eigenen Sumpf ertrinken musste, war die Anmeldezeit aller nahliegenden Kindertageseinrichtungen vorbei.

Eine Zeit lang habe ich mit ihr dann ehrenamtlich in einer Krippe gearbeitet, ein Waldkindergarten hat kurzfristig und nach langer Eingewöhnungszeit geklappt, bevor meine Tochter dort doch nicht mehr bleiben wollte. Ein netter Versuch.

Ich habe dann an zwei Tage die Woche eine Tagesmutter engagiert, damit ich endlich wieder wenigstens ein bisschen Zeit für meine eigene kreative Arbeit hatte. Es war kein einfacher Weg, bis wir endlich den gewünschten Kindergarten Platz bekommen haben. Nun, mit drei Jahren, wird der kleine Kobold mit der großen Schwester vereinigt. Und die Mutter ist komischerweise nicht nur glücklich darüber.

Ich werde freier sein – aber meine Kinder auch viel weniger sehen

Obwohl ich die Reduzierung meiner Kinderbetreuungszeiten so sehr brauche und auch wirklich verdient habe, ist es mir nicht entgangen, dass der Kindergarten-Anfang des letzten Kindes das Ende einer bestimmten Zeit ankündigt. Ab September werde ich endlich frei sein – aber nie mehr meine eigenen Kinder so viel oder intensiv sehen.

Hätte ich sie länger bei mir zu Hause lassen sollen? Die jungen Jahre sind so wichtig und flüchtig – wäre eine Mutter nicht dumm, wenn sie nicht jeden Moment als wahren Schatz, als Geschenk betrachtet und leidenschaftlich genießt?

Ich will auch mal Zeit für mich haben!

Nicht ganz. Schön wär‘s, wenn wir immer nur Freude an der Zeit mit unseren Kindern hätten. Aber jedes Elternteil weiß wie herausfordernd Kinder sein können. Es gibt so viele schöne Momente, aber auch die Momente voller Frustration, Irrationalität, Widerwilligkeit. Ich finde es vollkommen in Ordnung und sogar richtig, wenn die Haupterziehungsperson, die nicht unbedingt arbeiten muss, die noch kleinen Kinder in eine Tageseinrichtung gibt, wenn sie sonst überfordert, übermüdet und insgesamt überlastet ist.

Auch wenn ich keinen Druck habe, Geld zu verdienen, möchte ich ab und zu eine Tätigkeit ausüben, die etwas mit erwachsenen Themen zu tun hat, mich nicht mit fremder Körperflüssigkeit konfrontiert und eventuell sogar noch meine Bemühungen mit einem Einkommen anerkennt. So lohnend, wie sie sein kann, stimmt das alles nicht für die Mutterschaft. Das heißt nicht, dass ich nicht auch mit einem weinenden Auge dem Tag entgegen sehe…

Ein neuer Lebensabschnitt beginnt…

Aber das heißt natürlich nicht, dass man nichts verliert, wenn die Kinder nicht mehr Vollzeit zu Hause sind. Der Verlust unserer gemeinsamen Zeit ist traurig, auch wenn ich viele Ruhe, Entspannung und Kreativität für mich gewinnen werde. Mein Gehirn darf seine Beine ausstrecken, mein Herz aber wird die kleinen, süßen Widerborsten vermissen.

Die kleinere Widerborste kann den September auch kaum erwarten. Die ganze Familie freut sich auf den Kindergartenstart, weil er uns endlich wieder ins Gleichgewicht bringen wird. Für uns ist der Lebensabschnitt mit Babys vorbei, die Reise geht weiter.

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