Warum reden Eltern immer in der dritten Person von sich?

Symbolbild: Mama zeigt auf etwas
Hab ich das etwa selbst gemacht?
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Kommen dir Sätze wie „Die Mama ist gleich weg“ oder „Gibst du dem Papa noch einen Kuss?“ auch so bekannt vor? Mama Nadja kann dieses Gerede in der dritten Person nicht mehr hören und fragt sich: Warum machen wir das überhaupt?

„Der Papa geht jetzt“

Gestern auf dem Spielplatz höre ich eine Mutter rufen „Lukas, komm mal zur Mama!“ Der genervte Papa am Tor sagt „Der Papa geht jetzt!“ Das sprechen in der dritten Person liegt offenbar voll im Trend. Zumindest im Umgang mit Kleinkindern. Doch warum ist das so?

Klar, ich rede auch ab und zu mal mit mir selbst und denke mir, warum sage ich zu mir selbst „Du Depp“ oder ähnliches. Auch bei kleinen Kindern habe ich die Sprache in der dritten Person beobachtet: Das Kind sitzt da und kommentiert sein eigenes Tun: „Die Mia will jetzt ein Eis!“ usw. Für dieses Reden von sich selbst in der dritten Person gibt es sogar einen Fachausdruck: Illeismus.

Eine Sache der Intuition

Doch ist das normal und warum ist das so? Wenn das Kind über sich selbst mit seinem Namen spricht, dann nehmen Eltern das intuitiv an, damit das Kind sie besser versteht. Mit der Zeit hat sich das für Eltern so manifestiert, dass sie gar nicht mehr anders können, wenn sie mit ihren Kindern kommunizieren.

Wer ist dieser „Ich“?

Kinder unter zwei Jahren können sich selbst noch nicht als eigenständige Person wahrnehmen. Deshalb reden Eltern oft in der dritten Person von sich. „Gibst du der Mama mal einen Kuss?“ anstelle von „Bekomme ich einen Kuss?“. „Komm doch mal zum Papa“ anstelle von „Komm mal zu mir“ usw. Auch die Kleinkinder selbst nutzen das Wort „ich“ in ihrem Sprachgebrauch eigentlich nicht.

Welche 25 Worte Zweijährige können sollten, erfährst du hier.

Alles aus Eitelkeit?

Um noch einmal auf den Illeismus zurückzukommen: Wer von sich selbst genau wie von jemand anderen spricht, der meint das vielleicht literarisch oder rhetorisch. So haben das meine Internet-Recherchen ergeben. Auch Politiker nutzen den Illeismus wohl häufiger (muss ich mal drauf achten!). Wer also die dritte Person verwendet, nutzt es als Stilmittel. Oder ist sehr eitel und eingebildet.

Doch warum sollten Eltern ihren Kindern gegenüber eitel sein? Oder rhetorisch? Ergibt auch wenig Sinn wie ich finde. Meine weiteren Beobachtungen auf dem Spielplatz haben ergeben, dass Eltern von Kleinkindern nicht nur in der dritten Person von sich reden, sie sprechen damit auch extra langsam und in einer höheren Tonlage – genau wie das Kind. Offenbar passen sich die Eltern auch hier dem Nachwuchs voll und ganz an. Habe ich das auch gemacht, als meine Tochter noch so klein war? Bestimmt, auch wenn ich mich nicht mehr aktiv daran erinnern kann.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Reden in der dritten Person dann wohl normal ist. Auch wenn man es sich bei älteren Kindern dann wieder abgewöhnen sollte. Sobald das Kind von sich selbst in der „Ich-Form“ spricht, ist es auch für die Eltern an der Zeit die dritte Person an den Nagel zu hängen – oder Politiker:in zu werden 😀