Experiment Gartenarbeit – Eine Schaufel kommt selten allein

Kind sitzt vor Blumen
© Pexels/ Tetyana Kovyrina

Gemeinsame Projekte sind ja viel wert und füllen lange Tage. Unser Garten ist ein lohnendes Projekt. Er ist klein, eine regelgerechte Katastrophe und deswegen genau das Richtige für jetzt. In meinem Kopf war Gartenarbeit bis hierhin eine schöne und friedliche Tätigkeit. Meine Kinder erweitern meinen Horizont auch in dieser Hinsicht.

Ich bin ein waschechtes Stadtkind. Waren wir im Sommer bei meiner Oma auf dem Land, schlug sie immer die Hände über dem Kopf zusammen, wenn wir ihr im Garten geholfen haben. Wir haben die Schaufeln falsch gehalten, falsch gegossen, konnten die Schubkarre nicht richtig schieben und trampelten alles platt. Aber das war nicht unsere Schuld, denn wir hatten uns die Stadt als Wohnort nicht ausgesucht. Naja, und lieb hatte sie uns trotzdem. Aber ihren Garten sollten wir bitte in Ruhe lassen. Das Urteil stand früh fest: Garten und ich, das ist nichts. Das Bild von meinem schwarzen Daumen wurde tatkräftig unterstützt von all den Pflanzen mit suizidalen Tendenzen, die ich um mich sammle. Sobald eine Pflanze in mein Leben tritt, beginnt sie einzugehen. Als Ausgleich habe ich einen Mann an meiner Seite, der jedes Pflänzchen hegt und pflegt.

Jedes Kraut ein Unkraut

Wir wohnen als Familie in der Stadt in einem Reihenendhaus mit einem kleinen Garten. Aktuell ist er Gold wert, denn wir sind viel draußen. Meine erste Idee für ein gemeinsames Projekt mit den Kindern war das Unkraut zupfen. Voller Elan sind wir alle rausgegangen, damit am Ende mein Mann und – ein bisschen – ich das Unkraut zupfen. Da ich hier die Pflanzen kenne – ich habe sie schließlich ausgesucht – bin ich mir sehr sicher, was ein Unkraut ist und was nicht. Die Kamille könnte ich allerdings auch rauszupfen, denn die wuchert bei uns wie Unkraut. Aber dafür war der Mann nicht zu gewinnen, weil er eben selbst mit der Kamille Mitgefühl hat. Die Kinder sind währenddessen mit dem Bobby Car, dem Laufrad und den Fahrrädern über den Bürgersteig gedüst.

Paradies oder Grab?

Meine nächste Idee war das gemeinsame Buddeln hinter dem Haus, damit wir dort irgendwann einen Garten haben. Bislang ist lediglich der Seitenstreifen unseres Gartens schön. Der Rest ist niedergetrampelter Rasen mit Waschbeton – eine gewinnende Kombination. Nachdem Sohn 1 und Sohn 2 sich bald mit Blasen von den Schaufeln verabschiedete, schaufelte Tochter 2 den Sand-Schuttmisch mit Vorliebe aus den Eimern zurück in die Löcher. Regenwürmer wurden von Sohn 2 und Tochter 1 umgesiedelt (und mir dabei gerne genau vors Gesicht gehalten, weil sie „soooo niedlich“ sind). Tochter 1 ist über den eigenen Willen der „niedlichen“ Regenwürmer immer wieder erbost. Die blieben nämlich keineswegs im „Regenwürmerparadies“, sondern buddelten sich ein. Dabei hatten Sohn 2 und Tochter 1 extra kleine Stöcke als Hindernisse, Rasenpolster und gemütliche Steingräben gebaut. Nachdem die Regenwürmer so störrisch waren, kamen die Marienkäfer an die Reihe. Sie wurden vom Bürgersteig gerettet und kamen ins Marienkäferparadies. Da die motorischen Fähigkeiten von Tochter 1 für Marienkäfer noch nicht ganz ideal sind, starben beim Transport einige Käfer. Aber immerhin flogen die dann nicht mehr aus dem Paradies.

Ameisenfluss

Als Nächstes entdeckten meine Kinder die Ameisen. Während wir Steine aus der Erde sortierten und eine alte Zimmertür aus unserem Garten bargen, machte sich das Kinderrudel mit kleinen Gießkannen auf den Weg.  Erst als unsere Kinder riefen und klatschen: „Oh, sie sind im Fluss.“ und „Ameisen können ja wirklich schwimmen.“ verstanden wir, was sie taten. Tochter 1 stand mit geröteten Wangen und strahlenden Augen vor uns: „Mama, wir machen einen Ameisenfluss und das ist so lustig.“ Vermutlich sahen das die Ameisen etwas anders. Aber Empathie für Insekten scheint nicht so verbreitet zu sein bei kleinen Kindern.

Schau mal, was ich kann

Als wir im Garten weitere Blumen gepflanzt haben, waren unsere Töchter engagiert dabei. Loch buddeln, Pflanze rein und ein bisschen Wasser. Als alle Blumen an ihrem neuen Platz waren, holte ich Getränke von drinnen. Als ich zurückkam, waren einige Blumen umgezogen. Meine Töchter standen stolz daneben, kleine Schaufeln in der Hand und Matsch überall. Es war einfach eine zu große Freude, ein neues Loch zu buddeln. Sie waren so stolz, dass sie so schöne Plätze für die Blumen gefunden haben, dass ich nichts sagen konnte. Ein paar der Blumen haben das erneute Umpflanzen nur ramponiert überstanden. Ich setze an dieser Stelle auf den Mann mit dem grünen Daumen an meiner Seite. Denn mit mir und den Blumen wird das nichts mehr. Tochter 1 und Tochter 2 hatten im Anschluss die schöne Idee, mir eine Freude zu machen. Dafür pflückten und rissen sie viele Blumen in unserem kleinen Garten ab. Die einzige Rettung war der weitverbreitete Löwenzahn hinterm Haus – denn das sind laut Tochter 1 „strahlende Sonnenblumen“. Und wenn sie die pflücken, stört es mich gar nicht.

Projekt Hochbeet

Bereits im letzten Jahr haben wir ein Hochbeet mit drei Etagen blau gestrichen. In diesem Jahr haben die Kinder mit viel Freude ihre Handabdrücke mit Fingerfarbe darauf verteilt. Immerhin diesen Teil dieses Projekts fanden alle Kinder toll. Mit einem Fixierspray festgemacht, gefiel es mir leer schon recht gut. Das Einpflanzen von Tomaten, Gurken, Kräutern, Erdbeeren und Blumen hatte ich mir als gemeinsame Aktivität vorgestellt. Sohn 1 und Sohn 2 kamen gar nicht erst raus. Tochter 1 und Tochter 2 waren einen Moment voller Elan dabei. Bis ein Schmetterling vorbeiflog. Also haben wir unser Kinderbeet bepflanzt. Das bunte Windrad hat jedoch unsere Tochter hineingesteckt. Auch wenn der Enthusiasmus am Anfang fehlte, wird das Beet mittlerweile von den Kindern gehegt und gepflegt. Sie sitzen daneben und reden mit der kleinen Tomate. Ich gehe davon aus, dass diese Tomaten ganz besonders lecker werden.