Wien, irgendwann im Juli, morgens
Arglos bringe ich Töchterchen in den Kindergarten. Ein paar Wochen bleiben ihr noch, bevor der Ernst des Lebens losgeht. Noch ist also Lotterleben angesagt! Nachdem der Bruder Ferien hat und meine Termine selten vor zehn Uhr starten, verlegen wir die Ankunftszeit gemütlich nach hinten. In diesen letzten Kindergartentagen ist Töchterchen selten vor 9:30 Uhr vor Ort. So auch an diesem Tag! Kinder und Pädagogen sind im großen Garten zu finden. Alles ist wie immer! Oder?
Erst im Nachhinein fällt mir auf: Es sind verdammt wenige Vorschulkinder zu sehen. Streng genommen eigentlich nur meines! Bestimmt bloß ein Zufall…
Wien, irgendwann im Juli, nachmittags
Mein Handy klingelt. Mein Mann ist dran, aber ich kann ihn kaum verstehen, denn im Hintergrund weint ein Kind gar herzzerreißend. Es ist unseres! Gott, was ist passiert? Die gute Nachricht: Niemand ist verletzt! Die schlechte Nachricht: Ich habe Töchterchens Kindergarten-Ausflug einfach VERGESSEN! Demnach ist doch etwas verletzt: ihr kleines Herz! Gebrochen! Das habe ich lautstark durchs Telefon gehört!
Wien, irgendwann im Juli, vormittags
Eine Kindergartengruppe, lauter Vorschulkinder, macht sich frohgemut auf in ein Labor. Dort werden sie mit Wissenschaftlern spannende Experimente zum Thema Wetter durchführen. Zum Schluss erhält jedes Kind ein supercooles Armband mit Zauberperlen, die sich verfärben, wenn es Zeit ist, zur Sonnencreme zu greifen. Ein Kind fehlt leider: meines! Wer ist schuld daran? Eine gestresste Mama, die den Ausflug irgendwo im Hinterkopf abgespeichert und dort leider vergessen hat…
Wien, irgendwann im Juli, abends
Töchterchen ist untröstlich! Alle, wirklich ALLE Vorschulkinder hatten Spaß! Alle, bis auf sie. Weil sie eben wegen ihrer schusseligen Mama zu spät dran war. Alle, wirklich ALLE Vorschulkinder haben supercoole Armbänder! Alle, bis auf sie. Weil sie eben … Ja, genau! Egal, was ich an diesem Abend sage oder tue, ich mache es nicht besser. Eher das Gegenteil ist der Fall. Ich bin eben Persona non grata!
Schlussendlich ist es der Papa, der den Seelen- und damit den Familienfrieden wiederherstellt. Dem fällt nämlich ein, dass er zufällig jemanden kennt, der in exakt jenem Labor arbeitet. Flugs wird diejenige Person kontaktiert und was soll ich sagen? Wenige Tage später konnte Töchterchen gleich zwei supercoole Armbänder ihr Eigen nennen. Außerdem durfte sie – gemeinsam mit ihrem Bruder – vorbeikommen, um spannende Experimente durchzuführen! Also bleibt zu sagen: Ende gut, alles gut! Zumindest bis auf weiteres, denn die nächste „Mama Fehlleistung“ kommt bestimmt…