Der Start in die Ferien: Warum ich die Kinder nicht früher aus der Schule hole

Symbolbild: Mama mit ihrem Kind am Strand
Für Saskia zählen klare Werte.
© Unsplash / Xavier Mouton Photographie

Mama Saskia hat eine klare Meinung, wenn es um den Start in die Ferien und damit auch um den Start in den Urlaub geht. Warum es ihr so wichtig ist, die Kinder nicht schon in der letzten Schulwoche „krank“ zu melden, erklärt sie hier.

In der letzten Schulwoche „zufällig alle krank“

Bei jeden Ferien ist es bei uns Thema. „Lasse/Ole/Tilda/ Marie ist schon im Urlaub.“ Eine Woche vor dem eigentlichen Ferienstart lichten sich die Klassenreihen und die Kinder sind im Urlaub mit den Eltern. „Wenn wir früher fahren, ist es noch ein bisschen günstiger.“ „So entgehen wir dem Stau.“ – Das sind die Gründe der Eltern, wenn denn darüber gesprochen wird. Gewöhnlich werden die Kinder stillschweigend krankgemeldet. Jeder weiß, dass sie nicht krank sind – vor allem wenn noch Geschwisterkinder zufällig krank sind. Bei den Sommerferien ist immerhin die Gefahr nicht so groß, dass die Kinder sich im Anschluss an die Ferien verplappern.

Mir ist es ziemlich egal, wer wie in den Urlaub fährt. Da ich aus einer Lehrerfamilie komme, weiß ich aus erster Hand, dass die Lehrer das in der Regel nicht so schön finden. Auch das für dumm verkauft werden durch die so leicht durchschaubare Lüge – was ich gut verstehen kann. Ich verstehe sehr, sehr gut, dass die Bindung an die Ferienzeiten sehr nerven kann. Das geht mir ähnlich. Stau, überfüllte Züge und die höheren Preise sind gute Argumente für individuelle Entscheidungen. Was ich tatsächlich aber als Mutter daran schwierig finde, ist, was den Kindern vermittelt wird.

Was vermitteln wir den Kids damit?

Dann geht es als Eltern aber unseren Kindern gegenüber auch um praktische Wertevermittlung. Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit sind Werte, die ich gesellschaftlich relevant finde. Das klingt ein bisschen nach Tante Trude – das ist mir sehr klar. Aber so kreativ, verspielt und offen ich auch vieles halte – die Grundwerte müssen stimmen. So viel ich da auch reden kann, meine Kinder schauen sich vor allem mein Verhalten an. Das beginnt bei den Kleinigkeiten.

Wenn ich nicht jeden freundlich grüße, kann ich es von meinen Kindern nicht erwarten. Denn Kinder registrieren sehr genau die Ambivalenzen zwischen unserem Sagen und Handeln. Und sie orientieren sich deutlich mehr am Handeln ihrer Eltern. Umso älter sie werden, desto mehr schauen sie, was wir wie machen. Und die Diskussionen werden ausdauernder, wenn sie dort Spielräume durch Unstimmigkeiten entdecken.

Wie flexibel wollen wir Pflichten leben?

Eine Gesellschaft funktioniert nur, wenn wir unsere Pflichten übernehmen, uns alle umeinander bemühen und verbindlich verhalten. Wenn wir unseren Kindern aktiv mit ihnen zusammen vorleben, dass wir lästige Pflichten gut sein lassen können, dürfen wir uns nicht beschweren, wenn sie das für sich auch so handhaben. Und dann eventuell in Bereichen, in denen uns eine lockere Auslegung schon ein wenig mehr nervt. Da enden dann Humor und Verständnis der meisten Eltern, wenn die Kinder zwei Stunden später nach Hause kommen, weil die Verabredung in dem Moment mehr „Fun“ versprochen hat als die Zeit zu Hause mit den Eltern und das Abendbrot. Oder die teure Klavierstunde nicht wahrgenommen werden will, weil draußen so schön die Sonne scheint. Aus der Kindersicht ist das alles sehr verständlich.

Wenn darüber dann gesprochen wird, ist es aber wichtig, dass ich meinen Kindern glaubhaft versichern kann, dass ich ihren Impuls zwar gut verstehen kann, aber dass eine Absprache oder eine Verabredung trotzdem gültig bleiben. Egal wie schön der Moment gerade ist. Dabei wirke ich nur wenig glaubwürdig, wenn ich das für mich auch anders handhabe. Irgendwann durchschauen Kinder das und meine verbale Botschaft verliert an Schlagkraft.

Bitte mit Leichtigkeit

Jetzt erziehe ich meine Kinder nicht zu kleinen Soldaten, die lediglich auf ihr Pflichtgefühl hören und Emotionen zur Seite schieben. Ich finde es wichtig, dass meine Kinder auch ihre seelische Gesundheit ernst nehmen und hier auf sich achten. Und ja, Spaß haben und sich Freude gönnen und seelische Gesundheit gehören zusammen. Sich im Urlaub entspannen und die Seele baumeln lassen, ist wichtig für die Gesundheit – Das Gefühl in einer funktionierenden Gemeinschaft zu existieren aber auch. Und die funktioniert nur mit einem Rahmen und innerhalb dieses Rahmens ist all der Spaß und die Freude auch sehr gut möglich.

: Wie viel Pflicht muss sein?

All das verschwindet ja nicht, nur weil man sich an den Rahmen hält. Der Rahmen und die Pflichten müssen niemandem die eigene Leichtigkeit im Leben nehmen. Das möchte ich meinen Kindern in jedem Fall vermitteln: Dass sie für die Leichtigkeit in ihrem Leben verantwortlich sind. Sie können einen gesetzten Rahmen als schwer und dumm anschauen und sich sehr über ihn ärgern. Schule als Institution funktioniert aber nur mit Verbindlichkeit und Regeln. Anders geht sie nicht.

Ich bin sofort dabei, wenn es darum geht, das System Schule zu überdenken und zu einem menschlicheren System für Kinder und Lehrer*innen zu machen. Ähnlich wie rote Ampeln empfinde ich jedoch feste Zeiträume nicht als so einschränkend, dass es mich oder meine Kinder beschneiden würde.

Übrigens: Auch immer mehr Schulleiter:innen in Deutschland fordern einen neuen, reformierten Lehrplan.

Wenn wir Eltern mit unserem Verhalten die Tür zu einem flexiblen Umgang mit Regeln und Pflichten öffnen, verlieren wir Glaubhaftigkeit, wenn wir in anderen Situationen die Verbindlichkeit und das Pflichtgefühl unserer Kinder einfordern. Und entscheiden muss das jede Familie für sich, womit sie am Ende glücklich ist. Werte generell klingen immer ein bisschen nach einem erhobenen Zeigefinger.

Daher einmal: Was wer seinen Kindern vermittelt, muss jeder für sich entscheiden. Die Prioritäten dürfen da in den Familien unterschiedlich sein.

Mein Standpunkt ist eben nur ein Standpunkt. Und schöne und entspannte Ferien wünsche ich sowieso jedem.